Neubeginn in Virgin River
Teppich für das Wohnzimmer, Tüten von Target voller Bettwäsche und Handtücher. Alles neu, und nicht grau und abgenutzt wie die alten, die aus Hopes Wäscheschrank stammten. Töpfe mit Geranien für die Veranda, Bauholz für die Hintertreppe, Farbe und eine Kiste voller neuer Küchengeräte. „Das ist viel mehr als bloß Reparaturzeug“, bemerkte sie und befestigte eine Haarsträhne, die sich aus der Spange am Ohr gelöst hatte. Als sein Blick sie streifte, fielen ihm die traurigen Augen auf, die ihn sehnsüchtig ansahen. Schnell sah er wieder weg.
„Warum soll ich es nur halb machen?“, meinte er. „Es soll einfach schön werden. Wenn sie weg ist, kann Hope die Hütte ja an Sommergäste vermieten.“
„Ja“, sagte sie nur.
Während Jack die Sachen weiter ablud, stand Cheryl nur herum. Er versuchte, sie zu ignorieren, und vermied es sogar, mit ihr über irgendetwas Belangloses zu plaudern.
Cheryl war eine große, gut gewachsene Frau von gerade mal dreißig Jahren. Allerdings sah sie nicht gut aus, denn sie trank bereits seit ihrer Teenagerzeit. Sie hatte ein rotes Gesicht, dünnes, schlaffes Haar, rot geränderte Augen, die von schweren Lidern halb verdeckt wurden. Um die Taille herum hatte sie durch den vielen Alkohol Gewicht angesetzt. Hin und wieder blieb sie mal ein paar Wochen oder auch Monate nüchtern, aber immer wieder fiel sie sozusagen wieder zurück in die Flasche. Sie lebte noch bei ihren Eltern, die wegen ihrer Trinkerei mit ihrem Latein am Ende waren. Was aber konnten sie tun? Sie würde immer wieder zum Alkohol greifen. Jack gab ihr nie etwas, aber wann immer er sie gelegentlich einmal traf, so wie jetzt, konnte er diesen verräterischen Geruch wahrnehmen und ihre Augen standen auf Halbmast. Heute hielt sie sich ganz gut. Sie konnte nicht viel intus haben.
Vor ein paar Jahren hatte es einen unangenehmen Vorfall gegeben, den Cheryl und Jack noch nicht vergessen hatten. Eines Nachts hatte sie ein wenig zu viel getrunken und war zu seiner Wohnung hinter der Bar gekommen, wo sie dann mitten in der Nacht an seine Tür pochte. Als er aufmachte, warf sie sich ihm an den Hals, betatschte ihn und erklärte, dass sie unsterblich in ihn verliebt sei. Besonders traurig für sie war dann, dass sie sich hinterher auch noch an alles erinnern konnte. Ein paar Tage später hatte er sie zufällig einmal nüchtern angetroffen und ihr erklärt: „Niemals. Es wird nie geschehen. Vergiss es und tu so etwas nie wieder.“ Und das hatte sie zum Weinen gebracht.
Er hatte versucht, die Sache so gut es ging zu vergessen, und war froh, dass sie zum Trinken nicht in seine Bar kam, sondern zu Hause blieb. Sie bevorzugte Wodka, den sie pur vermutlich direkt aus der Flasche trank, oder, wenn sie es in die Hände bekam, auch „Everclear“, dieses wirklich gemeine, extrem starke Zeug, das in den meisten Staaten verboten war. In Läden, in denen Alkohol verkauft wurde, hatten die Besitzer in der Regel jedoch immer ein wenig davon unter der Ladentheke.
„Ich wünschte, ich wäre eine Krankenschwester“, sagte Cheryl.
„Hast du jemals daran gedacht, es noch einmal mit einer Ausbildung zu versuchen?“, fragte er, während er weiter arbeitete. Ihm lag daran, nicht den Eindruck zu erwecken, es würde ihn sonderlich interessieren. Er stemmte den Teppich von der Ladefläche, legte ihn über die Schulter und trug ihn zum Haus.
Hinter seinem Rücken antwortete sie: „Das könnte ich mir nicht leisten.“
„Du könntest es, wenn du einen Job hättest. Du müsstest es in einem größeren Ort versuchen. Wirf dein Netz ein bisschen weiter aus und hör auf, dich mit Gelegenheitsjobs zufriedenzugeben.“
„Ja, ich weiß“, sagte sie und folgte ihm. „Aber mir gefällt es hier.“
„Wirklich? Du machst auf mich keinen besonders glücklichen Eindruck.“
„Oh, manchmal bin ich aber glücklich.“
„Dann ist es ja gut“, sagte er und warf die Teppichrolle auf den Boden im Wohnzimmer. Er würde ihn später auslegen. „Wenn du Zeit hast, könntest du dann noch die neue Bettwäsche, die ich gekauft habe, waschen und einsortieren? Und auch das Bett machen, sobald ich die neue Matratze reingelegt habe?“
„Sicher. Komm, ich helfe dir bei der Matratze.“
„Danke“, sagte er, und gemeinsam schleppten sie sie ins Haus. Er lehnte sie an die Wand und hob die alte aus dem Bett. „Wenn ich nach Hause fahre, werde ich sie unterwegs zum Müllplatz bringen.“
„Ich habe gehört, dass in Does Haus ein Baby ist. Ein
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