Neubeginn in Virgin River
lange Zeit geschafft, jegliche Bindung zu vermeiden. Und so wie es im Moment aussah, hatte er die besten Chancen, sich in einem See der Einsamkeit zu verlieren. Denn Mel hatte irgendwelche Probleme. Er hatte zwar keine Ahnung, was es war, aber das Traurige in ihren Augen hatte mit ihrer Vergangenheit zu tun, und es war etwas, das sie zu überwinden suchte.
Aber er wollte sie. Er wollte alles von ihr. Und er wollte alles mit ihr.
„Das ist genau der Punkt“, sagte er. „Ich habe Bedürfnisse. Und im Moment glaube ich, dass das, was ich brauche, etwas völlig anderes ist als das, was ich in der Vergangenheit gebraucht habe. Charmaine, ich könnte leicht weiterhin hierherkommen. Es würde mir mit Sicherheit nicht schwerfallen, denn du warst immer absolut gut zu mir. Aber als ich in den letzten beiden Jahren hier war, war ich immer voll und ganz hier. Und so sollte es auch sein.“
„Beim letzten Mal war es anders“, stellte sie fest. „Ich wusste, dass irgendetwas nicht stimmte.“
„Ja, und es tut mir leid. Aber es war wirklich das erste Mal, dass mein Kopf nicht mit meinem Körper verbunden war. Du hast etwas Besseres verdient.“
Sie reckte das Kinn und warf das Haar zurück. „Und was ist, wenn ich jetzt sage, dass es mir nichts ausmacht?“
Oh Gott, er fühlte sich so schlecht, ihr dies antun zu müssen. „Mir macht es etwas aus“, war alles, was er herausbrachte.
Tränen stiegen ihr in die Augen. „Also gut, dann“, sagte sie tapfer. „In Ordnung.“
Als er sie verließ, wusste er, dass er eine Weile brauchen würde, bis er nach dem, was er gerade getan hatte, mit sich selbst ins Reine kommen konnte. Diese Geschichte, dass er es immer schnell und locker anging, ohne je eine Bindung oder Verpflichtung einzugehen, stimmte doch nicht wirklich. Alles, was dieser ganze Unsinn von Bindungsangst bedeutete, war, dass man nicht darüber redete und es nie auf die nächste Stufe brachte. Mit Charmaine hatte er so etwas wie einen Vertrag geschlossen, auch wenn es kein juristischer Vertrag war und mehr auf einem lockeren Geben und Nehmen beruhte. Sie hatte sich an den Vertrag gehalten. Und er hatte ihn gerade gebrochen und sie im Stich gelassen.
5. KAPITEL
F rühmorgens, nachdem sie dem Baby sein allererstes Fläschchen gegeben und es wieder hingelegt hatte, nahm Mel gerne ihren Kaffee mit hinaus auf Does Veranda und setzte sich dort auf die Stufen. Es gefiel ihr, zuzusehen, wie das kleine Dorf erwachte. Als Erstes bildete die Sonne eine Art goldenen Pfad durch die hohen Nadelbäume, der auf die Straße fiel und sie langsam erhellte. Dann konnte sie hören, wie Türen aufgingen und wieder geschlossen wurden. Ein Ford-Transporter fuhr gemächlich von Ost nach West die Straße entlang und verteilte die Humboldt News. Sie mochte es, die Zeitung früh zu erhalten, obwohl sie kaum mit der L. A. Times zu vergleichen war.
Dann tauchten auch schon bald die Kinder auf. Der Bus holte sie am westlichen Ende der Hauptstraße ab, und wer im Dorf wohnte, lief oder fuhr mit dem Fahrrad die Straße herunter und kettete sein Rad an einen Baum in irgendeinem Vorgarten. Das wäre in der Stadt völlig unmöglich – dass jemand seinen Vorgarten als Abstellplatz für die Fahrräder zur Verfügung stellt, solange die Kinder in der Schule sind. Sie beobachtete, wie Liz aus Connies Haus trat, das sich gleich neben dem Geschäft befand. Die Schultasche übergehängt, stolzierte Liz über die Straße, wobei sie aufreizend mit dem Hintern wackelte. Meine Güte, dachte Mel, das Mädel sendet ja wie verrückt Signale aus.
In Personenwagen und Trucks wurden nun nach und nach die Kinder gebracht, die weiter außerhalb wohnten. Es war noch nicht einmal sieben Uhr, und für diese Landkinder würde es ein langer Tag werden. Erst der Weg zur Bushaltestelle, dann saßen sie wer weiß wie lange im Bus, weil es in Virgin River keine Schule gab, schließlich ging es wieder zurück ins Dorf und danach weiter zu ihrer Farm oder Ranch. Die vielleicht dreißig Kinder, die sich dort versammelten, waren zwischen fünf und siebzehn Jahre alt, und die Mütter der Kleineren standen herum und unterhielten sich, während sie auf den Bus warteten. Ein paar von ihnen hielten eine Tasse Kaffee in der Hand und lachten miteinander wie richtig gute alte Freundinnen.
Dann traf er ein, der Bus, der von einer dicken, fröhlichen Frau gefahren wurde, die ausstieg, die Eltern begrüßte und dann alle Kinder beim Einsteigen sorgfältig durchzählte.
Mit einer
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