Neubeginn in Virgin River
Nährendes, Sicherheit Spendendes an sich hatte. Sofort hatte Mel sie gemocht und ihr vertraut.
„Ist das Baby noch bei Ihnen?“, fragte Lilly.
„Ja“, bekräftigte Mel.
„Es wundert mich, dass niemand gekommen ist, der es in Pflege nehmen oder adoptieren will.“
„Das wundert mich auch irgendwie“, pflichtete Mel ihr bei.
„Ein total gesundes kleines Baby“, fuhr Lilly fort. „Was ist denn mit all diesen Leuten, die einen gesunden Säugling adoptieren wollen? Wo sind sie?“
Mel zuckte die Achseln. „Vielleicht liegt es einfach daran, dass das Sozialamt die Angelegenheit nicht auf die Reihe kriegt. Wie ich höre, sind sie sehr beschäftigt und stellen so kleine Orte wie diesen hier hinten an.“
„Sie ist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen, und ich denke – nun, vielleicht kann ich ja einspringen“, schlug Lilly vor.
„Das ist sehr nett von Ihnen“, sagte Mel. „Wohnen Sie in der Nähe? Denn manchmal hätten Doc und ich schon gerne einmal eine Pause. Vor allem, wenn Patienten kommen.“
„Wir sind Rancher. Ich wohne auf der anderen Seite des Flusses, aber es ist nicht so weit. Ich habe ja schon sechs Kinder großgezogen. Mein erstes kam, als ich neunzehn war, und jetzt ist meine Jüngste auch schon achtzehn und verheiratet. Aber ich habe Platz im Haus, wo sie doch jetzt alle weg sind und ihre eigenen Wege gehen. Ich könnte das Baby nehmen, bis eine langfristige Lösung für es gefunden ist. In der Scheune habe ich sogar noch all diese alten Babysachen aufbewahrt. Vielleicht kann ich ja so eine Art Pflegemutter sein. Mein Mann, Buck, wäre auch damit einverstanden.“
„Das ist sehr großzügig, Lilly, aber ich fürchte, wir könnten Ihnen nichts dafür zahlen.“
„Dafür brauche ich keine Bezahlung“, erklärte Lilly. „Das ist so etwas wie Nachbarschaftshilfe. Wir helfen, wenn wir es können. Und ich liebe Babys.“
„Ich würde gerne mal wissen – haben Sie eine Ahnung, von wem dieses Baby sein könnte?“
Lilly schüttelte den Kopf und wirkte schrecklich gequält. „Sie fragen sich bestimmt, welche Frau ihr Baby aufgeben könnte. Vielleicht ein junges Mädchen, das in Schwierigkeiten steckt und dem niemand hilft? Ich habe drei Töchter großgezogen, und Gott sei Dank hat keine so etwas durchmachen müssen. Sieben Enkel habe ich nun schon.“
„Das ist das Schöne daran, wenn man früh anfängt“, sagte Mel. „Dann kommen die Enkel, wenn man als Großeltern noch jung genug ist, sich an ihnen zu freuen.“
„Ja, das ist ein Segen für mich“, bestätigte Lilly. „Das ist mir auch klar. Ich stelle mir vor, dass jemand, der sein Kind aussetzt, verzweifelt sein muss.“ Mel meinte, einen Moment lang sogar Tränen in Lillys Augen gesehen zu haben.
„Also gut, ich werde Doc Ihren Vorschlag unterbreiten und sehen, was er dazu sagt. Sind Sie sich auch wirklich sicher? Denn ich kann Ihnen nur etwas Trockenmilch und ein paar Windeln mitgeben. Mehr ist nicht drin.“
„Ich bin mir sicher. Und sagen Sie Doc bitte, dass ich mehr als glücklich wäre, das zu tun.“
Als Doc eine Stunde später zurückkehrte, erzählte Mel ihm die Geschichte. Überrascht schössen seine Augenbrauen in die Höhe, und er rieb sich mit einer Hand über den Kopf. „Lilly Anderson?“, fragte er nach. Er schien den Vorschlag mit einer gewissen Bestürzung in Erwägung zu ziehen.
„Gibt es dabei etwas, das Ihnen Sorgen bereitet? Denn wir könnten es hier auch noch ein Weilchen so weiterführen …
„Mir Sorgen bereitet? Nein.“ Er riss sich zusammen. „Es überrascht mich nur, das ist alles.“ Und damit verzog er sich in sein Büro.
Sie folgte ihm. „Also? Sie haben noch nicht geantwortet.“
Er drehte sich wieder zu ihr um. „Ich kann mir keinen besseren Platz für dieses Kind vorstellen als bei Lilly“, sagte er. „Lilly und Buck sind gute Menschen. Und sie wissen, wie man mit einem Baby umgeht. Das steht fest.“
„Sie wollen nicht noch einmal darüber nachdenken?“
„Nein“, entgegnete er. „Ich hatte gehofft, dass sich eine Familie finden würde.“ Dann sah er sie über den Rand seiner Brille hinweg an. „Mir scheint, Sie brauchen vielleicht noch etwas Zeit, um darüber nachzudenken.“
„Nein“, sagte sie mit einem leichten Beben in der Stimme. „Wenn es für Sie in Ordnung ist, dann ist es das für mich auch.“
„Denken Sie trotzdem noch einmal darüber nach. Ich werde mal rübergehen und sehen, ob jemand mit mir Kribb-age spielen will. Und wenn Sie dann so
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