Neubeginn in Virgin River
für das Baby ein Heim gefunden. Jemand kam hierher und hat sich angeboten, und Doc befürwortet es.“
„Wer ist es?“, wollte er wissen.
„Lilly Anderson“, antwortete sie und vergoss dabei dicke Tränen. „Oh Jack, ich habe es zugelassen. Ich hänge so sehr an der Kleinen.“ Und dann lehnte sie sich an seine Schulter und weinte.
Jack vergaß alles. „Komm mal her“, sagte er und zog sie vom Stuhl hoch, ohne zu merken, dass er sie duzte. Dann tauschte er den Platz mit ihr und zog sie auf den Schoß. Sie legte ihm die Arme um den Hals und barg ihr Gesicht an seiner Schulter. Und während sie weinte, streichelte er sanft ihren Rücken. Seine Lippen berührten ihr weiches Haar. „Das ist in Ordnung. Es ist okay“, flüsterte er.
„Ich habe es zugelassen“, sagte sie an seinem Hemd. „Wie kann man nur so dumm sein. Ich habe es doch gewusst. Und dann habe ich ihr sogar noch einen Namen gegeben. Was habe ich mir nur dabei gedacht?“
„Du hast ihr Liebe gegeben“, beruhigte er sie. „Du warst so gut zu ihr. Es tut mir leid, dass es dich so schmerzt.“ Aber es tat ihm nicht wirklich leid, denn so konnte er sie in seinen Armen halten, und ihr kleiner Körper fühlte sich genauso an, wie er es sich vorgestellt hatte, fest und warm an seinen geschmiegt. Leicht wie eine Feder saß sie auf seinem Schoß, und ihre Arme lagen wie Bänder um seinen Hals. Der süße, betörende Duft ihres Haares stieg ihm zu Kopf und verwirrte seine Gedanken.
Sie hob den Kopf und sah ihn an. „Ich habe sogar schon daran gedacht, sie einfach zu nehmen und mit ihr wegzulaufen. So verrückt bin ich schon. Jack, du solltest wissen – ich bin völlig durchgedreht.“
Er wischte ihr die Tränen von den Wangen. „Wenn du sie willst, Mel, dann kannst du doch versuchen, sie zu adoptieren.
„Die Andersons“, seufzte sie. „Doc sagt, es sind gute Leute. Eine gute Familie.“
„Das sind sie. Salz der Erde, sozusagen.“
„Und das wäre einfach besser für die Kleine als eine alleinstehende Mutter, die den ganzen Tag arbeitet. Sie braucht ein richtiges Bett, nicht diesen Inkubator. Eine richtige Familie, keine Hebamme und einen alten Arzt.“
„Es gibt viele verschiedene Arten von Familie.“
„Oh, ich weiß genau, was das Beste ist.“ Und wieder flössen die Tränen. „Es ist nur so hart.“ Sie legte den Kopf an seine Schulter zurück. Er schloss sie fester in die Arme, und ihre Arme schlangen sich enger um seinen Hals. Mit geschlossenen Augen schmiegte er die Wange an ihr Haar.
Als Mel fühlte, wie diese starken Arme sie umschlossen, ließ sie sich einfach fallen und weinte aus vollem Herzen. Sie war sich seiner Gegenwart völlig bewusst, aber im Augenblick kam es darauf an, dass sie zum ersten Mal seit fast einem Jahr der Trauer nicht allein war, wenn sie weinte. Es war jemand da, der sie hielt, und sie fühlte sich beschützt. Seine Kraft und Wärme spendeten ihr Trost, und sie nahm es gerne an. Das Chambray-Hemd an ihrer Wange fühlte sich weich an, und die Schenkel, auf denen sie saß, waren hart. Er duftete wunderbar nach einer Mischung aus Cologne und freier Natur, und sie fühlte sich sicher bei ihm. Seine Hand streichelte ihren Rücken, und sie merkte, wie er zärtlich ihr Haar küsste.
Sanft wiegte er sie in seinen Armen, während sie damit fortfuhr, sein Hemd einzuweichen. Die Minuten vergingen, und endlich versiegten die Tränen. Ein Weilchen ließ sie noch ein Schniefen und Gemurmel hören, dann hob sie den Kopf und sah ihn schweigend an. Er hatte nur noch einen Gedanken. Ganz langsam, sanft und vorsichtig berührte er mit seinen Lippen ihren Mund. Sie schloss die Augen und ließ es geschehen. Er zog sie noch enger an sich und verstärkte den Druck seiner Lippen. Sie öffnete den Mund, und er hielt die Luft an, als er auch seinen öffnete und spürte, wie ihre kleine Zunge hineinglitt. Seine Welt geriet ins Schwanken, und er verlor sich in einem Kuss, der immer inniger wurde, ihn zutiefst bewegte und erschütterte.
„Jack“, flüsterte sie an seinem Mund. „Du solltest dich nicht mit mir einlassen.“
Er küsste sie noch einmal und hielt sie dabei so fest, als wollte er sie nie wieder loslassen. „Mach dir keine Sorgen um mich“, sagte er, wobei sein Mund weiter an ihren Lippen hing.
„Du verstehst nicht. Ich kann dir nichts geben. Gar nichts.“
„Ich habe dich um nichts gebeten“, beruhigte er sie, aber bei sich dachte er: Du irrst. Du gibst und nimmst. Und es fühlt sich verdammt gut
Weitere Kostenlose Bücher