Neubeginn in Virgin River
an.
Alles, was Mel dann noch denken konnte, war, dass sich ihr Körper endlich einmal nicht mehr so hohl und leer anfühlte, dass es beinahe wehtat. Sie genoss das Gefühl, mit etwas verbunden zu sein. Mit jemandem verbunden zu sein. Verankert. Es war so wunderbar, diesen menschlichen Kontakt wieder einmal zu spüren. In ihrer Seele hatte sie vergessen, wie es war, aber ihr Körper erinnerte sich. „Du bist ein guter Mensch, Jack“, flüsterte sie unter seinen Küssen. „Ich will dich nicht verletzen. Aber ich kann niemanden lieben.“
„Ich kann selbst auf mich aufpassen“, meinte er nur.
Sie küsste ihn noch einmal, intensiv und leidenschaftlich. Aus einer langen Minute wurden schließlich zwei, in denen sie sich feurig unter seinem Mund bewegte.
Und dann meldete sich das Baby.
Sie zog sich von Jack zurück. „Oh mein Gott, wieso habe ich das jetzt getan?“, stöhnte sie. „Es war ein Fehler.“
Er zuckte die Schultern. „Ein Fehler? Nein. Wir sind Freunde. Wir stehen uns nahe. Du brauchtest Trost, und ich bin hier.“
„Es kann einfach nichts daraus werden“, entgegnete sie und klang dabei leicht verzweifelt.
Als nun auch in ihm ein Gefühl von Verzweiflung aufkam, nahm er die Sache in die Hand. „Mel, hör auf damit. Du hast geweint. Das ist alles.“
„Wir haben uns geküsst“, hielt sie ihm vor.
Er lächelte sie an. „Du bist manchmal so hart mit dir selbst. Es ist völlig in Ordnung, hin und wieder etwas zu fühlen, das nicht schmerzt.“
„Versprich mir, dass es nicht wieder vorkommt!“
„Es wird nicht wieder vorkommen, wenn du es nicht willst. Aber lass mich dir noch etwas sagen: Solltest du es wollen, dann werde ich es zulassen. Und weißt du, warum? Weil ich gerne küsse und mich deswegen nicht fertigmache.“
„Das tue ich auch nicht“, behauptete sie. „Ich will nur nicht dumm sein.“
„Du bestrafst dich doch nur selbst. Ich kann mir nicht vorstellen, warum. Aber …“, und dabei hob er sie von seinem Schoß herunter und stellte sie auf die Beine, „du bestimmst, wo es langgeht. Ich persönlich denke ja, dass du mich insgeheim magst. Dass du mir vertraust. Und eben habe ich auch einen Moment lang geglaubt, dass du mich sogar gerne küsst.“ Er grinste sie an. „Das konnte ich sehen. Da habe ich ein echt gutes Auge.“
„Du hast dich doch nur nach ein wenig weiblicher Gesellschaft gesehnt“, behauptete sie.
„Oh, es gibt genug Frauen hier. Das hat nichts damit zu tun.
„Trotzdem – du musst es mir versprechen.“
„Sicher doch“, sagte er. „Wenn es das ist, was du willst.“
„Es ist das, was ich brauche.“
Er stand auf und blickte auf sie hinab. Genau das war es, was er befürchtet hatte, und dummerweise hatte er seine eigene Vorsicht in den Wind geschlagen. Er musste ihr Vertrauen zurückgewinnen. Und zwar schnell. Mit einem Finger hob er ihr Kinn an und sah in ihre schönen traurigen Augen. „Möchtest du, dass ich dich und Chloe zur Ranch der Andersons fahre? Wenn ich verspreche, dich nicht mehr zu küssen?“
„Würdest du das tun?“, fragte sie. „Ich möchte sie gerne selbst dorthin bringen und sehen, wo sie leben wird. Und ich glaube nicht, dass ich dabei gerne allein bin.“
Jack wusste, es war unbedingt nötig, dass Mel wieder Kontrolle über sich selbst gewann. Er ging zurück zur Bar, steckte dort aber nur kurz den Kopf herein. „Doc, ich werde Mel und das Baby zu den Andersons fahren. Bist du damit einverstanden?“
„Natürlich“, sagte der alte Junge, ohne auch nur von seinem Spiel aufzublicken.
Nachdem Mel die wenigen Babysachen zusammengepackt hatte, lud er alles in seinen Truck. Und da er keinen Kindersitz hatte, nahm Mel das Baby auf den Arm – und wurde wieder etwas weinerlich. Nachdem sie aber den langen Anstieg in die Berge hinter sich gebracht hatten und durch die eingezäunten Weiden fuhren, auf denen Schafe grasten, konnte er sehen, dass sie sich zusammenriss.
Lilly Anderson führte sie in ihr Heim. Es war ein schlichtes Haus, das aber vom Überfluss des Lebens zeugte. Die Böden und Fenster glänzten und ließen erkennen, welche Aufmerksamkeit die Hausfrau ihnen zuteilwerden ließ. Auf den Armlehnen der Sofas oder über Sessel drapiert lagen gefaltete Strickdecken, und an den Wänden hingen Gobelin-Stickereien. Der Duft von frisch gebackenem Brot hing in der Luft, und auf dem Küchentresen kühlte ein Kuchen aus. Dutzendweise Fotos gab es – von den Kindern und der Familie. Es war eine Sammlung, die viele
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