Neubeginn in Virgin River
Jahre umfasste. Für Chloe stand schon eine Korbwiege bereit. Lilly bereitete Tee, dann setzten sie sich an den Küchentisch und redeten, während Jack mit Buck zum Gehege ging, wo die erwachsenen Söhne mit der Frühjahrsschur begonnen hatten.
„Ich will ehrlich mit Ihnen sein, Lilly. Ich habe mich ganz schön in sie verliebt.“
Lilly ergriff über den Tisch hinweg ihre Hand. „Das ist doch völlig verständlich. Sie sollten oft hier herauskommen, sie ein wenig in den Armen halten und schaukeln. Bleiben Sie einfach in ihrer Nähe.“
„Hoffentlich passiert Ihnen nicht dasselbe, wenn schließlich irgendwer kommt und sie holt.“
Wie Mel traten nun auch Lilly Tränen in die Augen. „Sie müssen ja sehr zart besaitet sein“, mutmaßte sie. „Aber machen Sie sich keine Sorgen, Mel. Da ich jetzt Großmutter bin, laufen bei uns viele kleine Kerlchen durchs Haus, ohne dass sie bleiben. Solange die Kleine aber hier ist, versprechen Sie mir bitte, dass Sie sich nicht rarmachen werden.“
„Danke, Lilly, für Ihr Verständnis. Meine Frauen und ihre Babys, das ist das, wofür ich lebe.“
„Das merkt man. Für uns ist es ein großes Glück, Sie bei uns zu haben.“
„Aber ich werde nicht bleiben, wissen Sie …“
„Denken Sie doch noch einmal darüber nach. Es ist kein schlechter Ort hier.“
„Jedenfalls werde ich so lange bleiben, bis ich weiß, dass für Chloe alles geregelt ist. Und ich will auch versuchen, ein paarmal herzukommen, um sie zu knuddeln, bevor ich gehe.“
„Wenn Sie wollen, können Sie jeden Tag kommen, von mir aus auch zweimal am Tag.“
Wenig später stand Mel neben Jack am Zaun und sah zu, wie die Schafe geschoren wurden. „In ein paar Wochen müssen Sie wiederkommen. Dann werden die Lämmer geboren“, sagte Buck. „Wir scheren sie vor der Entbindung. Das ist leichter für die Schafe.“
Auf dem Rückweg fuhr Jack eine Runde durch die Anhöhen, die Virgin River umgaben. Er sagte nichts, ließ Mel nur die Schönheit der grünen Felder sehen, die hohen Berge, das Vieh auf den Weiden. Dann fuhr er mit ihr eine kurze Strecke den Highway 299 entlang, wo sie auch einen Redwood-Wald passierten. Und trotz ihrer verdrießlichen Stimmung verschlug es ihr vor Ehrfurcht den Atem. Der Himmel war wolkenlos blau, und es wehte eine leichte kühle Brise. Unter den höchsten Bäumen jedoch war es dunkel, bis auf ein gelegentliches Aufblitzen, wenn die strahlende Sonne blendend durch die Wipfel brach. Er konnte sehen, dass es ihr allmählich wieder besser ging, auch wenn sie kein Wort darüber verlor.
Fast schien es, als wäre das Gebiet hier in zwei Welten geteilt: die feuchte, dunkle Welt des dichten Waldes, wo das Leben öde und arm und die Menschen niedergeschlagen waren, und dann die Welt der Nationalparks, mit Redwoods, den besten Lagerplätzen, Tälern und Hügeln mit fruchtbaren, ertragreichen Feldern, wo Gesundheit und Zufriedenheit vorherrschten.
Unter einer von Bäumen überschatteten Straße fuhr Jack dorthin, wo der Virgin River die stärkste Biegung machte. Er fuhr mit dem Truck bis ans Ufer und hielt dort an. Im Fluss standen zwei Männer in Anglerstiefeln. Sie trugen braune Anglerwesten mit vielen Taschen, und neben ihnen im Wasser trieben Weidenkörbe, die an langen Trägern an ihren Schultern hingen. Die Bögen, die ihre Angelschnüre beim Auswerfen beschrieben, waren so anmutig und rhythmisch wie der Tanz einer Ballerina.
„Was tun wir hier?“, fragte Mel.
„Ich wollte nur, dass du noch etwas siehst, bevor du dich davonmachst. An diesem Platz angeln die meisten Dorfbewohner und Besucher. Auch ich komme meistens hierher. Während der Regenperiode im Winter kann man von hier beobachten, wie die Lachse über die natürlichen Wasserfälle springen, um zum Laichen in ihre Heimatbäche zurückzukehren. Das muss man wirklich einmal gesehen haben! Da das Baby ja nun bei den Andersons ist, kann ich mal mit dir an die Küste fahren, wenn du magst. Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden die Wale in die kühleren Gewässer im Norden wandern, um dort den Sommer zu verbringen. Sie ziehen mit ihren Kälbern dann ganz nahe an der Küste entlang, es ist einfach umwerfend.“
Eine Weile sah sie den Anglern zu, wie sie ihre Leinen auswarfen und wieder einholten. Und dann hatte einer der Männer etwas gefangen. Eine ziemlich große Forelle.
„Bei einer guten Saison ist Fisch im Speiseplan der Bar das Hauptnahrungsmittel“, erzählte er.
„Und du fängst ihn dann auch meistens
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