Neubeginn in Virgin River
großer, dicker Vorleger. Im Bad gab es neue Handtücher und weiteres neues Zubehör. Die Duschkabine war komplett ausgetauscht worden, und die Kacheln so sehr auf Hochglanz geschrubbt, dass sogar die Fugenfüllung makellos sauber war. Ein Hauch von Bleiche lag in der Luft, nirgends war das geringste Fleckchen zu entdecken. Handtücher, Vorleger, Abfalleimer, Zahnputzglas und Papierspender waren farblich perfekt aufeinander abgestimmt – alles war in Rot und Weiß gehalten.
Unten gab es zwei Schlafzimmer und oben unter dem Dach noch ein kleines offenes Giebelzimmer, in dem gerade Platz genug für ein Bett und vielleicht noch eine kleine Kommode war. Der Raum war geputzt, aber es standen keine Möbel darin. Als sie ins Wohnzimmer ging, sah sie, dass im Kamin bereits Scheite aufgeschichtet waren, neben dem Kamin lag ordentlich gestapelt ein Vorrat an Brennholz. Die Bücher in den Regalen waren jetzt staubfrei, und die alte Truhe, die als Couchtisch diente, war mit Zitronenöl behandelt worden. Ebenso die Schränke. Als sie einen öffnete, stellte sie fest, dass neues Keramikgeschirr das schäbige Sammelsurium aus den fünfziger Jahren ersetzt hatte und anstatt der grauen Plastikbecher nun Gläser dort standen.
Dann ging sie wieder in die Küche und sah sich genauer um. Im blitzblanken Kühlschrank befanden sich eine Flasche Weißwein, ein Sechserpack Bier, Milch, Orangensaft, Butter, Brot, Kopfsalat, Schinken, Eier, Pastete, Käse, Mayonnaise und Senf. Auf dem Küchentisch, auf dem nun ein hübsches neues Tischtuch lag, stand eine bunte Keramikschüssel mit frischen Früchten, und auf dem Tresen lag neben dem Weinständer, der mit vier Flaschen gefüllt war, eine Packung mit vier dicken weißen Kerzen. Sie neigte den Kopf und roch daran. Vanille.
Sie verließ das Haus, zog die Tür hinter sich zu und ging zurück zum Truck. Was Jack alles getan hatte, stimmte sie melancholisch. Damit hatte sie niemals gerechnet. Sie hatte sich mittlerweile damit abgefunden, einen Fehler begangen zu haben, und nachdem sie das einmal akzeptiert hatte, war sie bereit zu gehen. Sobald man sie entbehren konnte.
„Warum hast du das getan?“, fragte sie ihn.
„Es war dir zugesagt worden“, antwortete er. „Doch es bedeutet keinerlei Verpflichtung für dich.“
„Aber was hast du dir davon erhofft?“, hakte sie nach.
„Das Dorf braucht dich. Doc braucht einfach Hilfe, das wirst du ja wohl bemerkt haben. Ich hatte gehofft, du würdest allen eine Chance geben. Vielleicht nur für ein paar Wochen. Einfach um zu sehen, ob es nicht doch das Richtige für dich ist. Und ich finde, dass dir die Leute in Virgin River schon gezeigt haben, dass es für sie das Richtige ist.“
„Hast du das alles etwa in der Hoffnung getan, mich somit zwingen zu können, den Jahresvertrag mit Hope einzuhalten?“, bohrte sie nach. „Denn vor der Renovierung konnte Hope mich nicht an den Vertrag binden, da sie die Bedingungen nicht erfüllt hatte.“
„Sie wird nicht darauf bestehen, dass du den Vertrag einhältst“, sagte er nur.
„Natürlich wird sie das.“
„Nein. Sie wird nicht auf dem Vertrag bestehen. Das garantiere ich dir. Dafür werde ich sorgen. Das hier habe ich nur für dich getan und nicht, um Hope ein Druckmittel an die Hand zu geben.“
Traurig schüttelte sie den Kopf. „Du kannst doch sehen, dass ich nicht hierher gehöre“, sagte sie leise.
„Ah, das weiß ich nicht, Mel. Die Menschen gehören dahin, wo sie sich wohlfühlen. Das kann an vielen verschiedenen Orten sein und aus vielen verschiedenen Gründen.“
„Nein, Jack, sieh doch. Sieh mich doch an. Ich bin keine Camperin. Ich gehe gerne shoppen. Ich bin nun einmal keine von diesen schlichten Landhebammen. Ich bin so verstädtert, dass es mir schon Angst macht. Hier fühle ich mich völlig fehl am Platz. Es ist, als wäre ich anders als die anderen. Nicht dass sie es mich fühlen ließen, aber ich komme nicht dagegen an. In einem Luxuskaufhaus wäre ich jetzt besser aufgehoben.“
„Ach komm!“ Er lachte.
Sie legte ihr Gesicht in die Hände und massierte sich die Augen. „Du verstehst einfach nicht. Es ist kompliziert, Jack. Es hängt viel mehr damit zusammen, als du ahnst.“
„Sag es mir. Du kannst mir vertrauen.“
„Aber das ist es ja gerade. Das ist einer der Gründe, weshalb ich mich darauf eingelassen habe, hierherzukommen. Damit ich nicht mehr darüber reden muss. Sagen wir einfach, dass ich eine verrückte Entscheidung getroffen habe. Eine
Weitere Kostenlose Bücher