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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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steht mit ihrem »Roman« Mimis Medizin ganz oben in den Bestsellerlisten. Doch denken Sie bloß nicht, die Autorin hätte Sorgfalt und Mühe walten lassen, als sie das Buch schrieb. »Dazu habe ich nur acht Wochen gebraucht«, prahlte Lily. »Für die meisten Bücher braucht man fünf Jahre, und dann werden sie nicht mal veröffentlicht.«
    Es war, als hätte mir jemand eiskaltes Wasser ins Gesicht geschüttet.
    »Ich habe nicht geprahlt«, flüsterte ich. »Und warum schreibt sie ›Roman‹. Es ist ein Roman, kein ›Roman‹.«
    Lilys Buch ist als süßlich beschrieben worden, das trifft jedoch nicht auf die Autorin zu. Mit abfälliger Arroganz gegenüber den Meinungen anderer sagte Lily: »Mir ist es egal, was die Kritiker sagen.«
    Mein Blick wanderte wieder zu meinem Foto. Jetzt sah ich nicht mehr intelligent aus, sondern berechnend.
    Dann zitierte sie meine Begrüßung: »Willkommen in meiner bescheidenen Hütte.«
     
    Einer von uns musste das ja sagen.
     
    Sie erwähnte die Wäsche in der Küche …
    Für Wright ist im eigenen Zuhause weder Hygiene noch Ästhetik von Bedeutung.
    … den Legostein …
    Wenn man aufgefordert wird, sich zu setzen, ist es dann töricht anzunehmen, dass die Gastgeberin scharfe Gegenstände von der Sitzgelegenheit entfernt hat?
    … meinen Familienstand …
    Obwohl Wright eine kleine Tochter hat, will sie ihren Status nicht legalisieren. Und was ist das für eine Mutter, die ihr Kind bei Temperaturen unter Null auf den Spielplatz schickt?
    Es war SCHRECKLICH.
    »Es klingt, als wäre ich Courtney Love«, sagte ich entgeistert.
    Sie zitierte die schlimmsten Stellen aus den Kritiken im Observer und im Independent , falls ein paar Leser sie noch nicht kannten. Dann erzählte sie die Geschichte von dem Überfall und hob besonders hervor, dass ich danach nicht arbeiten und mich nicht waschen konnte. Im letzten Absatz hieß es:
    Das von dem Überfall ausgelöste Trauma dauert noch an. Obwohl Wright sich über ihr pralles Bankkonto freuen kann, bleibt sie in einer schmuddeligen Einzimmerwohnung, die kaum mehr als ein Loch ist. Glaubt sie, sie hat es nicht besser verdient? Und wenn, vielleicht hat sie sogar Recht …
    »Über welches pralle Bankkonto freue ich mich?«, fragte ich. »Außer dem Vorschuss habe ich bisher keinen Penny bekommen. Und was bin ich denn? Arrogant? Oder von Selbstzweifeln geplagt? Außerdem ist es keine Einzimmerwohnung. Es ist eine Wohnung mit einem Schlaf zimmer!«
    Auch Anton gelang es nicht, etwas Positives darin zu entdecken. Man konnte einfach nichts Gutes dazu sagen. Überhaupt nichts.
    »Sollten wir gerichtlich gegen sie vorgehen?«
    »Ich weiß nicht«, sagte er nachdenklich. »Es steht dein Wort gegen ihres, denn das meiste ist einfach ihre Meinung, und dagegen kann man nicht klagen. Am besten, wir sprechen mit Jojo.«
    »Gut.« Wieder war es wie eine Eisklaue, die nach mir griff. Das war tausendmal schlimmer als das Interview im Observer , denn da war nur mein Buch zerfetzt worden, aber jetzt wurde auf mich persönlich eingeprügelt.
    »Nur unglückliche Menschen sind so grausam«, versuchte ich mich zu überzeugen. »Wahrscheinlich ist sie sehr unglücklich.«
    »Das wärst du auch, wenn du so aussähst wie sie. Was soll das denn mit den Kleiderbürsten auf den Schultern? Musst du dich übergeben?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Mein Gott, dann muss es dir richtig schlecht gehen.«
    Beim zweiten Lesen entdeckten wir massenhaft Fehler, die wir beim ersten entsetzten Überfliegen übersehen hatten.
    »Offenbar bist du Maurer.«
    »Maurer? Woher haben sie das nur? Und die Schnepfe hat kein Wort über die Kekse verloren, obwohl sie allererste Güte waren.«
    »Ich rufe Jojo an.« Aber es war nur der Anrufbeantworter dran.
    Anton und ich sahen uns stumm an – wir waren überhaupt nicht darauf vorbereitet, mit so etwas umzugehen. Selbst Ema war erstaunlich still.
    Wir schwiegen, bis Anton sagte: »Ich habe eine Idee.«
    Er breitete die Doppelseite auf dem Fußboden aus und hielt mir seine Hand hin. »Aufgestanden.«
    »Was?«
    Er suchte in seinen CDs. »Mal gucken. Sex Pistols? Ah nein, hier, ich hab’s.«
    Er legte Flamenco auf.
    Konsterniert sah ich ihm zu, wie er anfing, mit den Füßen zu stampfen und über die Zeitung zu stolzieren; er reckte die Arme über den Kopf und drehte seine Absätze in den Artikel hinein. Er war richtig gut, fast so gut wie Joachim Cortes. Ema war erleichtert, dass die angespannte Atmosphäre sich gelöst hatte, und

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