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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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kreischte und hüpfte um ihn herum. Die Musik wurde schneller, Anton auch, er stampfte und klatschte energisch, bis das Stück zu Ende war und er den Kopf zurückwarf und »Olé!« rief.
    »Lee!«, kreischte auch Ema und warf den Kopf zurück, wobei sie fast umgefallen wäre.
    Das nächste Stück begann. »Komm«, sagte Anton.
    Ich trat zu – nicht schlecht – und trat wieder zu und fand Gefallen daran. Ich konzentrierte mich auf Marthas Gesicht, bis Anton mich beseite schob und sagte: »Jetzt bin ich mal dran. Hier, Ema, mach du mal.«
    Ema hüpfte auf Marthas Gesicht herum. »Du machst das gut«, lobte Anton sie. »Tritt ordentlich zu.«
    Dann ging Anton ein paar Schritte zurück und sprang mit seinen Füßen Schuhgröße elf auf Marthas Gesicht.
    Zu dritt trampelten wir auf dem Artikel herum, bis die Wörter und das hässliche Bild von Martha mit Druckerschwärze verschmiert waren. Das große Finale kam, als Anton mir das Zeitungsblatt entgegenhielt und ich es mit dem Fuß durchstieß.
    »Geht’s dir besser?«
    »Ein bisschen.«
    Nicht viel besser, aber es hatte sich gelohnt.
    Wenige Sekunden später kam Mad Paddy die Treppe raufgestürmt und beschwerte sich: »Was soll das ganze Getrampel und Gepolter? Mir ist ein Klumpen Putz von der Decke in den Tee gefallen!«
    »Tee!«, höhnte Anton und schlug die Tür zu. »Eistee aus der Flasche vielleicht.«
    »Na und?« Mad Paddy war auf der anderen Seite der Tür gedämpft, aber dennoch empört zu vernehmen.
    »Wahrscheinlich hat er Schuld an allem«, sagte Anton. »Wenn er nicht ›Santa Claus is Coming to Town‹ gesungen hätte, wäre sie vielleicht nicht so gemein gewesen.«
    »Ich weiß nicht …«
    »Wir sollten umziehen. … Ich meine das ernst«, fuhr er fort, als ich nichts erwiderte. »Wir sollten uns überlegen, ob wir ein Haus kaufen.«
    »Wovon? Perlen und Glitzerkram? Wir können uns gerade mal ernähren und die Wohnung heizen.«
    »So, wie deine Karriere sich entwickelt, werden wir nicht auf ewig pleite sein.«
    »So, wie meine Karriere sich entwickelt, werden sie mich auf der Straße steinigen.« Ich griff nach dem Telefon. »Ich sage unser Mittagessen im Persil-Palast ab.«
    »Warum?«
    »Ich schäme mich so, ich traue mich nicht raus.«
    »Mach dir nichts aus den Leuten. Du hast nichts Schlimmes getan. Warum solltest du dich schämen?«
    »Ich dachte, du wärst heilfroh, wenn du nicht zu Debs müsstest.«
    »Das wäre ich. Aber es ist jetzt viel wichtiger, dass du den Kopf hoch trägst. Wenn du dich geschlagen gibst, dann ist Martha Hope Jones die Siegerin.«
    »Meinetwegen«, sagte ich matt, »auf nach King’s Cross.«
     
    Die sonntäglichen Zugverbindungen im Norden Londons sind schon immer dürftig gewesen – auch mit den Zügen um 11.48 Uhr und 12.07 Uhr.
    Anton, Ema und ich saßen in dem zugigen Bahnhof und warteten auf den nächsten Zug, von dem wir hofften, dass er nicht ausfallen würde, und überlegten, was besser wäre als Debs zu besuchen.
    »Sich Nadeln ins Auge zu stechen.«
    »In ein Musical von Andrew Lloyd Webber zu gehen.«
    »Margaret Thatcher die Schuhe zu küssen.«
    »Debs ist kein schlechter Mensch«, warf ich ein.
    »Das stimmt«, pflichtete Anton mir bei. »Sie ist nämlich überhaupt kein Mensch. Beobachte sie heute ganz genau, dann wirst du sehen, dass sie nie zwinkert. Sie ist ein Alien, ich sage es dir. Guck jetzt nicht!« Er hielt mir die Hände vor die Augen, damit ich die Frau, die auf der nächsten Bank durch das Sunday Echo blätterte, nicht sehen würde. Mein Magen krampfte sich zusammen. Hatte sie das Interview mit mir gesehen? Wie viele Menschen in England lasen dieses Gift?
     
    Mit einer Verspätung von fünfundvierzig Minuten trafen wir im Persil-Palast ein. Debs öffnete die Tür und sah uns mit ihren runden, blauen Augen an, und wie auf Kommando fing Ema an zu jammern.
    »Wir hatten euch zum Mittagessen eingeladen«, schimpfte sie »wohlmeinend«. »Nicht zum Abendessen.«
    Wie immer war sie perfekt angezogen in leuchtenden Pastellfarben wie Babykleidung, und ihre kleinen Ballerinaschühchen waren so weiß, dass meine Augen schmerzten. Wollte man sie direkt ansehen, müsste man das durch ein winziges Loch in einer Pappe tun, so wie man sich eine Sonnenfinsternis ansah.
    »Entschuldigung, dass wir zu spät kommen.« Ich versuchte, den Buggy zusammenzufalten, während Anton Ema tröstete. »Ein Zug ist ausgefallen.«
    »Ihr und eure Züge«, sagte Debs nachsichtig. Sie behandelt Anton und mich, als

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