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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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    Als eher Linksliberale las ich den Observer , und es war besonders schmerzlich, von einer Zeitung angegriffen zu werden, die ich achtete. Wäre es der Torygraph gewesen, hätte ich gelacht und gesagt: Na, was soll man schon anderes erwarten. Vielleicht hätte ich auch nicht gelacht, denn vor der ganzen Welt fertig gemacht zu werden, ist nie lustig. Aber ich hätte sie als Faschisten beschimpfen und sie so disqualifizieren können.
    Ich hatte schon häufig schlechte Besprechungen von Büchern und Filmen und Theaterstücken gelesen, und ich hatte immer angenommen, dass sie berechtigt waren. Ich hatte diese Behandlung nicht verdient, und Alison Janssen hatte mich einfach missverstanden.
    Jojo rief an, um mich wieder aufzubauen. »Das ist der Preis des Erfolgs. Sie ist bloß neidisch. Ich wette, sie hat einen miesen Roman in der Schublade, den niemand will, und deswegen ist sie sauer auf Sie, weil Ihr Buch veröffentlicht worden ist.«
    »Läuft das wirklich so?« Ich hatte Rezensenten immer für ehrwürdige, objektive Wesen gehalten, die über den menschlichen Schwächen standen.
    »Klar. Andauernd.«
    Dann rief Otalie, die PR-Frau, mich an. »Morgen ist das Makulatur«, tröstete sie mich.
    »Danke.« Ich legte auf und fing heftig an zu zittern. Ich kriegte eine Grippe. Aber das war Unsinn. Es waren psychosomatische Anwandlungen, und ich fühlte mich nur so, als bekäme ich eine Grippe.
    Dann rief Dad an, er hatte die Kritik gelesen. Weiß der Himmel, wieso. Er liest den Daily Express und hat keine Zeit für den Observer , diesen »linken Mist«, wie er es nennt.
    Er tobte geradezu. »Zimtzicke. Die darf so was nicht über mein Prachtmädel sagen. Dir steht nur das Beste zu, mein Schatz. Ich werde mal mit Thomas Myles sprechen.«
    Irgendwann in grauer Vorzeit war Thomas Myles mal Herausgeber von irgendeiner Zeitung gewesen, doch sogar ich wusste, dass es niemals der Observer war. Aber so war Dad.
     
    Ich hatte das Gefühl, dass die ganze Welt mich auslachte, und ich wagte mich nicht auf die Straße, weil es sich anfühlte, als wäre ich nackt.
    Ich verbrachte unanständig viel Zeit damit, zu überlegen, wer diese Alison Janssen war und was ich getan hatte, dass sie so gemein zu mir war. Ich erwog sogar, ob ich vor dem Gebäude des Observer warten und sie abfangen sollte, um sie zur Rede zu stellen. Dann überlegte ich, dass ich an den Observer schreiben und meine Version der Geschichte schildern könnte.
    Anton sagte, er kenne ein paar Typen aus Derry, die sie gern mal verprügeln würden, und ich war ganz schockiert, als ich merkte, dass ich es selbst machen und nicht den Typen aus Derry überlassen wollte. Und dann, in einem Anfall von Selbsthass, kam ich zu dem Schluss, dass Alison Janssen Recht hatte und ich eine unbegabte Versagerin war. Ich würde nie wieder ein Wort schreiben.
    Am folgenden Sonntag stand im Independent eine Besprechung, sie war ebenso niederträchtig wie die im Observer . Wieder rief Otalie an und versuchte mich zu trösten: »Morgen kommt das als Unterlage in den Hundekorb.«
    Doch das half mir nur wenig. Dann wüssten sogar die Hunde, wie mies mein Buch war.
    Es folgte ein Interview im Daily Leader , das ganz positiv war, nur dass sie schrieben, Anton sei Koch und ich hätte keine Kekse angeboten. Das mit den Keksen beschämte mich zutiefst, aber Dad, der sich gern seiner Großzügigkeit rühmte, war noch mehr beschämt als ich.
    Das Ende vom Lied war, dass ich Angst hatte, eine Zeitung aufzuschlagen.
    Als wir erfuhren, dass Book News ein Interview mit mir machen wollte, wurde Anton zu Sainsbury geschickt, wo er die besten Kekse kaufen sollte, die für Geld zu haben waren. Aber weder aß die Journalistin davon, noch erwähnte sie sie in dem Interview. Anton wurde »Tom« genannt, und unter einem Foto von mir und Anton, auf dem wir die Köpfe zusammenstecken, stand: »Lily und ihr Bruder Tom.«
    Dann erfuhren wir, dass Martha Hope Jones ein »Zu Hause bei …«-Interview mit mir machen wollte. Das war ein enormer Erfolg, und Otalie war außer sich vor Freude. »Jetzt bist du bekannt, Lily!«
    »Könnte ich mich mit ihr in einem Café treffen?«
    Es war unmöglich, unsere kleine, schäbige Wohnung aufzumöbeln, außerdem war es sehr nervenaufreibend, die Besucher an Mad Paddy vorbeischmuggeln zu müssen.
    »Lily, es heißt ›Zu Hause bei …‹!«
    Wieder wurde Anton losgeschickt, um die besten Kekse im ganzen Land zu kaufen. Das Interview war noch nicht erschienen, und wir waren

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