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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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hier in Seattle bin, hast du mir doch dauernd E-Mails geschickt.«
    »Ja.«
    »Und dann hat dein Dad deine Mam verlassen, und du hast kleine Geschichten über sie erfunden?«
    »Ja?«
    »Na ja, ich fand die sehr witzig, und ich habe immer gedacht, dass du so gut schreiben kannst, und ich weiß, dass du selbst nie etwas in dieser Richtung unternehmen würdest, und ich habe nicht geglaubt, dass dabei etwas rauskommt, aber«, sprudelte es aus ihr heraus, bis sie sich unterbrach. Und dann sagte sie klar und deutlich: »Ich weiß, dass du nie etwas unternommen hättest.«
    »Was hätte ich nie unternommen?« Aber ich wusste, wovon sie sprach. »Du hast dieser Agentenfrau meine Geschichten geschickt?«
    Das war doch was Gutes, oder? Warum klang sie so gehetzt? Dann sagte sie: »Nicht nur die Geschichten.«
    »Was noch?«
    »Deine E-Mails.«
    In Gedanken ließ ich alles, was ich Susan geschickt hatte – über Dad, der Mam verlassen hatte, über Lilys Buch, über meine Begegnung mit Owen – an mir vorüberziehen, und mir stockte der Atem. »Nicht … alle E-Mails?«
    »Nein, nein, nicht alle«, sagte sie hastig. »Ein paar habe ich weggelassen.«
    »Ein paar?« Ein paar war längst nicht genug.
    »Die, wo du richtig loslegst. Wie sehr du Lily hasst, und …«
    »Und …?« Ich saß wie auf Kohlen.
    »Und wie sehr du Lilys Buch hasst.«
    »Und …?«
    »Was du über Lily denkst.«
    »Das hast du schon gesagt. Alles andere hast du geschickt?«
    »Ja.« Sie sagte das so leise, dass es auch ein statisches Knistern sein konnte.
    »O Mann, Susan.«
    »Es tut mir Leid, Gemma, ehrlich, ich dachte, ich hätte das Richtige gemacht …«
    Ich fing an zu weinen. Ich hätte wütend sein sollen, aber dazu hatte ich nicht die Kraft.
     
    Ich fuhr wieder zu Mam. »Komm schnell«, sagte sie und gab mir ein Glas Baileys. »Wir verpassen Midsomer Murders .«
    »Nein, ich kann jetzt nicht.«
    Ich schloss meinen Kommunikationsbackstein an, um die E-Mails, die ich Susan geschickt hatte und die in diesem Moment auf dem Schreibtisch einer fremden Frau in London lagen, zu lesen.
    Ich überflog die versandten Mails. O mein Gott, es war schlimmer, als ich gedacht hatte. All die persönlichen Sachen über Mam und Dad. Aber noch schlimmer waren die Gemeinheiten, die Freundinnen zwar hören durften, doch bei dem Gedanken, dass jemand anders das gelesen hatte, wurde mir heiß vor Scham.
    5
    Am Samstagabend und den ganzen Sonntag klingelte unentwegt das Telefon und Susan wollte sich entschuldigen. Aber ich nahm nicht ab, ich musste mich erst mal erholen.
    »Ich wollte dir helfen«, sagte sie immer wieder. »Du kannst so toll schreiben, aber ich wusste, dass du nie etwas daraus machen würdest.«
    Das ist das Problem mit Susan: Bloß weil sie nach Seattle gegangen ist und sich ihren Traum verwirklicht hat, will sie, dass alle anderen das auch tun. In der guten alten Zeit (letztes Jahr) stöhnte sie immer: »Wir kommen nicht voran, Gemma«, und ich sagte darauf immer: »Ich weiß. Ist doch gut, oder?« Es war schon ein enormer Schock, als sie ihrem eigenen Leben einen Schubs gab, aber dass sie meins in die Gänge bringen wollte, war nicht in Ordnung.
    Als ich am Montagmorgen zur Arbeit ging, hatte ich das Gefühl, ich müsste mich übergeben. Immer wenn ich daran dachte, dass die Agentenfrau über meine erste Nacht mit Owen oder über Mams vorgetäuschte Herzattacke las, wurde mir ganz heiß.
    Und dann mir wurde bewusst, dass ich am Wochenende hätte arbeiten sollen, statt mir einen Kater zu gönnen, denn ich hatte verschiedene Nachrichten auf meiner Voicemail, darunter auch eine von Lesley Lattimore, in der sie sagte:
     
    1. Die Modedesigner, die ich ihr vorgeschlagen hatte, entsprachen nicht ihren Vorstellungen.
    2. Von welchen Kosmetikfirmen hatte ich bisher Zusagen für Gratisproben bekommen?
    3. Wo war ihre turmbewehrte Burg?
     
    Natürlich hatte ich keine Zusagen für Kosmetika – es war nicht leicht, eine Firma zu überreden, Proben auszuhändigen für eine Party, die keine weiten Kreise ziehen würde. Und ich hatte noch keine Burg gefunden, die sich für das Fest eignete.
    Außerdem hatte ich Nachrichten von den drei Modedesignern. Einer nannte Lesley eine »grauenvolle Person«, der zweite beklagte sich, dass Lesley das Kleid umsonst gemacht haben wollte, im Gegenzug für die Publicity, der dritte nannte Lesley ein »ordinäres Geschöpf«. Mein Gott .
    Ich machte mich voller Panik ans Werk und telefonierte mit allen – Designern,

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