mir. Verlegen und stumm strahlten wir Hitze aus, und in meinen Achselhöhlen juckte es.
»Himmel«, sagte ich und versuchte, die Situation mit meinem raffinierten Witz zu retten, »wir könnten Marshmallows auf uns toasten.«
Er lachte, immer noch stand ihm die Röte im Gesicht. »Eigentlich sind wir beide zu alt, um so rot zu werden.«
14
Nachdem Lesley Lattimores Energie zehrendes Fest vorbei war, konnte ich mich wieder auf mein Buch konzentrieren, das gute Fortschritte machte; meiner Einschätzung nach hatte ich ungefähr drei Viertel fertig. Ich hatte andere Aufträge, jedoch nichts, was solche Anforderungen stellte wie Lesleys Party, und die einzige Fliege in der Suppe, eine ziemlich dicke dazu, war meine Mutter.
Ich argwöhnte, dass sie die Veröffentlichung des Buches niemals zulassen würde, obwohl es, wie ich mir immer wieder einredete, die älteste Geschichte seit Menschengedenken war. Außerdem hatten die Charaktere inzwischen jede Ähnlichkeit mit uns verloren. Ich dachte mir lauter verrückte Sachen aus, zum Beispiel, dass ich unter einem Pseudonym veröffentlichen müsste und eine Schauspielerin dafür bezahlen würde, so zu tun, als wäre sie ich. Aber dann würde ich nicht vor Lily prahlen können, und Anton würde nicht erfahren, wie toll ich war. Die Ehre und der Ruhm sollten mir gelten. Ich wollte, dass Yeah! mich in meinem prächtigen Zuhause fotografierte. Die Leute sollten sagen: »Sind Sie die Gemma Hogan?«
Ich fragte Susan um Rat. »Schenk ihr reinen Wein ein«, sagte sie. »Fragen schadet nie.«
Da irrte sie sich aber gewaltig.
Ich schnitt das Thema in einer Werbepause an. »Mam?«
»Hmmm?«
»Ich überlege, ob ich ein Buch schreiben soll.«
»Was für ein Buch?«
»Einen Roman.«
»Worüber? Über Cromwell?«
»Nein …«
»Über ein jüdisches Mädchen 1938 in Deutschland?«
»Also … ehm. Schalte doch mal den Fernseher aus, dann erzähle ich es dir.«
AN:
[email protected]VON:
[email protected]THEMA: Ich habe es ihr gesagt
Liebe Susan,
auf deinen Rat hin habe ich es ihr gesagt. Sie hat mich eine Zicke genannt. Ich traute meinen Ohren nicht, und sie auch nicht. Die schlimmsten Ausdrücke, die sie je für mich verwendet hatte, waren »mein Fräulein« oder »verwöhntes Gör«. Sogar Colette war von ihr noch nie als Zicke betitelt worden.
Und als ich ihr die Handlung erzählte, riss sie den Mund immer weiter auf, und die Augen traten ihr immer mehr aus dem Kopf. Ihr Gesicht sah aus wie bei jemandem, der alles Mögliche sagen möchte, aber von einem entsetzlichen Schock ganz sprachlos ist, bis schließlich ihre Worte aus einer abgetrennten Gegend der Seele herauskamen.
»Du … gemeine …« – große dramatische Pause, während das Wort auf langen, engen Gängen immer weitergetrieben wurde, höher und höher, zum Licht – »Zicke!«
Es war, als hätte sie mich ins Gesicht geschlagen – und dann wurde mir bewusst, dass sie es tatsächlich getan hatte. Mit der flachen Hand auf die Wange. Sie streifte mein Ohr mit ihrem Verlobungsring, und das tat richtig weh.
»Du willst, dass die ganze Welt erfährt, wie sehr ich gedemütigt worden bin.«
Ich versuchte ihr zu erklären, dass es nicht um sie und Dad ging, jedenfalls jetzt nicht mehr, und dass es die älteste Geschichte seit Menschengedenken war. Aber sie packte den Stapel Papier, den ich für sie ausgedruckt hatte und zischte: »Ist es das?« (Ja, sie zischte, meine Mam.) Sie versuchte die Papiere in der Mitte durchzureißen, aber der Stapel war zu dick, also nahm sie ihn auseinander und fiel richtig darüber her. Sie zerfledderte das Manuskript. Sie knurrte dabei, ich schwöre es dir, und ich befürchtete schon, sie würde zubeißen. Das Papier verschlingen.
»So!«, erklärte sie, als jede Seite in Fetzen war und das Wohnzimmer mit weißen Schnipseln, wie nach einem Schneesturm, bedeckt war. »Das ist das Ende vom Buch!«
Ich brachte es nicht über mich, zu erklären, dass ich alles auf dem Computer hatte. Mein Ohr tut richtig doll weh. Jetzt bin ich wirklich eine zerquälte Künstlerin.
Alles Liebe
Gemma
Danach war die Beziehung zwischen Mam und mir sehr getrübt. Ich war beschämt und voller Schuldgefühle – aber ich war auch sehr verärgert. Was meine Scham noch vergrößerte. Und ich hörte trotzdem nicht auf zu schreiben. Wenn ich sie wirklich liebte, würde ich es nicht einfach aufgeben? Aber – und man kann das meinetwegen egoistisch nennen – ich hatte