das Gefühl, dass ich schon sehr viel für sie aufgegeben hatte, und in mir hörte ich eine Stimme fragen: Was ist mit mir?
Und Mam, der es eigentlich schon besser gegangen war, fiel wieder in ein heftiges Misstrauen zurück und versuchte, alle meine Bewegungen zu überwachen. Irgendwas musste passieren, und das tat es auch.
Es war ein normaler Arbeitstag, ich rannte rum wie von einer Hummel gestochen und zog mich um, als sie mich festnagelte. »Wann bist du heute Abend zu Hause?«
»Spät. Gegen elf. Ich gehe in das neue Hotel an den Quays. Da, wo ich die Konferenz unterbringen will.«
»Warum?«
»Wei-iil«, sagte ich und zog mir die Strumpfhose hoch, »ich das Essen in dem Hotel ausprobieren muss, damit ich weiß, ob es geeignet ist für die Konferenz. Du kannst mitkommen, wenn du mir nicht glaubst.«
»Ich sage ja nicht, dass ich dir nicht glaube, ich will nur nicht, dass du gehst.«
»Das ist Pech, denn ich habe keine Wahl. Es gehört zu meiner Arbeit.«
»Warum?«
»Ich muss meine Wohnung abzahlen.«
»Warum verkaufst du sie nicht und ziehst wieder hier ein?«
NEIIIIIIIIIIIIIIIIIN!! Meine allerschlimmste Befürchtung. Da hielt ich es nicht mehr aus.
»Ich will dir sagen, warum nicht«, antwortete ich mit erhobener Stimme. »Was ist, wenn Dad Colette heiratet und wir hier raus müssen? Dann werden wir froh sein, wenn wir meine Wohnung haben.«
Ich bedauerte es sofort. Sie wurde blass, sogar ihre Lippen verloren alle Farbe, und ich dachte schon, sie würde wieder eine ihrer falschen Herzattacken haben. Sie rang nach Luft, und zwischen den keuchenden Atemzügen presste sie heraus: »Das kann nicht passieren.«
Ich schwieg, und Mam keuchte und japste noch ein bisschen, dann sagte sie zu meiner großen Überraschung: »Es könnte tatsächlich passieren. Es sind sechs Monate vergangen, und er hat nicht ein einziges Mal zum Telefon gegriffen. Er ist an mir nicht interessiert.«
Und verrückt, aber wahr: Am nächsten Tag, wie abgesprochen, kam ein Brief von Dads Anwalt, der ein Treffen anberaumen wollte, um eine endgültige finanzielle Vereinbarung aufzusetzen.
Ich las den Brief und gab ihn dann Mam, die ihn lange anstarrte, bevor sie etwas sagte.
»Heißt das, er verkauft das Haus mir nichts, dir nichts?«
»Ich weiß es nicht.« Ich war sehr beunruhigt, aber ich wollte nicht lügen. »Vielleicht. Vielleicht überlässt er es auch dir, wenn du andere Forderungen an ihn abtrittst.«
»Was für Forderungen?«
»Sein Einkommen, seine Rente.«
»Und wovon soll ich leben? Von der frischen Luft?«
»Ich kümmere mich um dich.«
»Das solltest du nicht tun müssen.« Sie guckte aus dem Fenster und sah gar nicht so verwirrt und geschlagen aus, wie ich gedacht hatte. »Ich habe seinen Haushalt geführt«, sagte sie. »Ich war Köchin, Putzfrau, Konkubine, die Mutter seines Kindes. Habe ich gar keine Rechte?«
»Ich weiß es nicht. Wir müssen uns einen Anwalt nehmen.« Das hätten wir vor langer Zeit tun sollen, aber ich hatte gehofft, dass es nicht so so weit kommen würde.
Wieder Schweigen. »Das Buch, das du schreiben wolltest – in welchem Licht zeigt das deinen Vater?«
»In einem schlechten.« Richtige Antwort.
»Jetzt tut es mir Leid, dass ich es zerrissen habe.«
»Wie Leid tut es dir?« Lieber vorsichtig vortasten.
»Könntest du es noch einmal schreiben?«
AN:
[email protected]VON:
[email protected]THEMA: Sie hat ja gesagt!
Sie sagt, sie möchte, dass Dad genannt wird und die Schuld bekommt, alle wüssten ja, was passiert sei, und sie würde auch in Trisha auftreten und Dad dort beim Namen nennen und beschuldigen. Und weißt du was? Ich habe das Buch fertig! Ich dachte, ich hätte noch einiges vor mir, aber plötzlich kam alles ziemlich schnell zu einer Lösung. Es stimmt zwar, dass es ein bisschen wie im Märchen endet, und wenn es in einem anderen Buch so vorkäme, würde ich vielleicht lachen, aber wie mit allem anderen im Leben auch ist es was anderes, wenn es dein eigenes ist.
Alles Liebe
Gemma
Ich rief Dad an, um herauszufinden, worum es in der endgültigen finanziellen Vereinbarung gehen würde. Es war, wie ich befürchtet hatte: Er wollte das Haus verkaufen, damit er ein anderes kaufen könnte, für Colette und die Blagen. Mam und ich beauftragten Breda Sweeney, Anwältin für Familienrecht, und gingen zu einer Besprechung mit ihr.
»Mein Vater will das Haus verkaufen. Kann er das?«
»Nicht ohne Ihre Zustimmung.«
»Die kriegt er