Neue Schuhe zum Dessert

Österreich nicht jede Menge Käse?«
    »Das ist die Schweiz. Ihr Amerikaner habt einfach keine Ahnung von Europa.«
    »Da irrst du dich aber gewaltig.« Spielerisch bohrte sie ihre Stiefelspitze in seinen Schritt. »Ich kenne dänisches Smörrebröd. Ich kenne schwedische Massage. Ich kenne spanische Wände. Und ich weiß alles«, sagte sie provozierend, »über französische Leidenschaft.«
    »Ach ja?«
    »Ja, alles .«
    Schweigend beobachteten sie beide, wie ihre Stiefelspitze von etwas, was sich darunter aufrichtete, in die Höhe gehoben wurde. »Zeig’s mir«, sagte er.
    »Nein. Erst musst du dich entschuldigen.«
    Er entschuldigte sich.
    Seit dem Abend mit den Italienern, als Mark versehentlich die ganze Nacht bei ihr verbracht hatte, blieb er fast jede Woche einmal über Nacht bei Jojo. Cassie beklagte sich nicht, wenn er nicht nach Hause kam, und Jojo war erstaunt angesichts dieser Duldsamkeit. »Was erzählst du ihr bloß?«
    »Dass ich mit der Westküste telefonieren oder dass ich mit Verlegern ausgehen muss und sie nicht stören will, wenn ich nachts um drei nach Hause komme und sie am nächsten Morgen arbeiten muss.«
    »Das nimmt sie dir ab?«
    »Sieht so aus. Sie bittet mich nur, dass ich ihr bis Mitternacht Bescheid sage, damit sie die Tür verriegeln kann.«
    »Wo, glaubt sie denn, schläfst du?«
    »In einem Hotel.«
    »Ich würde das niemals akzeptieren. Niemals. Wenn mein Mann plötzlich ganze Nächte wegbliebe, ohne dass er eine andere Arbeit hat, würde ich ihn so lange mit einem Wagenheber malträtieren, bis ich wüsste, was los ist.«
    »Nicht alle sind so wie du, Jojo.«
    »Ich weiß.« Und sie verstand, dass es manchmal zu schmerzlich war, das wahrzunehmen, was direkt vor einem war. Das tat weh. Sie wollte niemandem, auch Cassie nicht, Schmerz zufügen.
    Aber was konnte sie tun? Sich nicht mehr mit Mark treffen? Ausgeschlossen.
     
    AN:  Mark.avery@LIPMAN_HAIGH.co
VON:  Jojo.harvey@LIPMAN_HAIGH.co
THEMA:  Gutes Wochenende?
     
    Montagabend geht in Ordnung. Obwohl es noch lange hin ist. Aber – gutes Wochenende? Was soll das? Wie kann ich ein gutes Wochenende haben? Nie werde ich dir verzeihen, wie du mich an meinem Geburtstag behandelt hast.
    JJ xx
     
    PS Eoovilyu too
     
    Es war drei Wochen her, am zwölften Mai, dass Jojo dreiunddreißig geworden war. Kurz zuvor hatte Mark zu ihr gesagt: »Wir fahren übers Wochenende weg.«
    »Oh«, sagte sie ganz aufgeregt, »wohin?«
    Nach einer kleinen Pause sagte er: »Nach London.«
    »Nach London? Wir sind in London.«
    Bevor sie ihm erklären konnte, verarschen könne sie sich selbst, gab er ihr ein Blatt. »Hier ist der Ablauf.«
     
     
    Jojos Geburtstagswochenende
     
    Freitag, 15.30 Uhr: Früher Abgang aus dem Büro. Getrennter Anmarsch zur Brook Street, Einchecken im Claridges Hotel.
     
    »Claridges! Ich wollte immer schon eine Nacht im Claridges verbringen!« Das Hotel spielte eine wichtige Rolle in ihrem Agatha-Christie-Fantasie-England, wo es Fünf-Uhr-Tee und hochnäsige Butler gab und Frauen vom Lande mit praktischen flachen Schuhen, die mit ihren exzentrischen Tanten Tee tranken, Tanten, die ihrerseits bei der Gartenarbeit den Familienschmuck trugen.
    »Ich weiß«, sagte er.
    Sie war so gerührt, dass sie einen Moment überlegte, ob sie weinen sollte, aber irgendwie mochte sie nicht.
     
    Freitag, 16 Uhr: Probeaufenthalt in der Suite
     
    »Eine Suite! Ich liebe dich.«
    unter besonderer Berücksichtigung des Betts, dann Bummel auf der Bond Street und Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für Jojo.
    Sie sah ihn wieder an: »Bond Street ist enorm teuer.«
    »Ich weiß.«
    Sie sah ihn mit Bewunderung an. »Du bist klasse.«
     
    Freitag, 19 Uhr: Drinks, dann Essen in einem Restaurant, wo ich dem Chefkoch einen Buchvertrag versprechen musste, um eine Reservierung vor Weihnachten zu bekommen.
     
    Samstagmorgen: Frühstück in der Suite, anschließend Schwimmen im hoteleigenen Pool, dann weiterer Bummel auf der Bond Street, Fortsetzung der Suche nach dem Geburtstagsgeschenk für Jojo.
    Nachmittag: Zur freien Verfügung. Eventuell Test der Matratzenfederung.
     
    Samstag, 19 Uhr: Cocktails, anschließend Abendessen in einem anderen Restaurant, wo eine Reservierung genauso schwierig war.
     
    Sonntagmorgen : Frühstück in der Suite, Schwimmen im Pool, letzter Test der Sprungfedern.
    Mittags: Auschecken und Rückkehr nach Hause.
     
    Es war das perfekte Wochenende gewesen. Bei ihrer Ankunft warteten Blumen und Champagner in ihrem