Neue Schuhe zum Dessert
gestorben, und es tat ihr Leid, dass sie es ihm so schwer machte. Er konnte über die anderen Partner nicht verfügen, sie trafen ihre eigenen Entscheidungen. Aber sie musste es genau wissen.
»Erzähl mir alles.«
»Es tut mir so Leid für dich.« In seinen Augen glänzten die Tränen. »Du hättest es verdient, und es bedeutet dir so viel. Aber sie sehen es so, dass Richie, wenn er das Firmen-Sponsoring durchkriegt, dir weit voraus ist.«
»Aber er hat Schwachsinn geredet. Es ist alles heiße Luft, und sie haben es gekauft. Es ist eine haarsträubende, ungute Idee, und ich wette, da macht keiner mit. Die Autoren haben doch Achtung vor sich selbst.«
Mark zuckte die Schultern, und sie standen schweigend da, unglücklich und unerreichbar füreinander.
Dann verstand Jojo, und voller Überraschung platzte sie heraus: »Weil ich eine Frau bin!« Sie wusste, dass es das gab, hatte aber nie geglaubt, dass ihr das widerfahren könnte. »Das ist die gläserne Decke!«
Bis zu dem Moment war sie nicht davon überzeugt gewesen, dass es eine gläserne Decke gab. Wenn sie überhaupt darüber nachdachte, dann argwöhnte sie, dass dies etwas war, was erfolglose weibliche Angestellte erfunden hatten, um ihren Stolz zu retten, wenn männliche Kollegen, die es eher verdient hatten, vor ihnen befördert wurden. Sie hatte sich nie mit solchen Frauen solidarisch gefühlt: Jede Frau musste für sich selbst kämpfen. Sie hatte immer gedacht, dass sie so gut wie ein Mann war und dass sie nach ihren Verdiensten behandelt würde. Und jetzt? Sie hatte sich geirrt.
»Es hat nichts damit zu tun, dass du eine Frau bist.«
»Unter dem Strich ist es so«, sagte Jojo langsam. »Sie haben ihn zum Partner gemacht, weil er mit seinen Golfpartnern einen Deal aushecken will.«
»Nein, sie haben ihn zum Partner gemacht, weil sie glauben, dass er langfristig gesehen mehr Geld einbringt.«
»Und wie will er das schaffen? Indem er mit anderen Golf spielt. Hör auf, mir etwas vorzumachen. Es ist die gläserne Decke, klarer Fall.«
»Nein.«
»Doch.«
»Wirklich nicht.«
»Ist auch egal.«
»Es ist nicht so, wie du denkst.«
»Ich verstehe. Wir sprechen später drüber, ja?« Sie wollte ihn aus dem Büro haben. Sie musste nachdenken.
»Was machst du jetzt?«
»Was glaubst du? Dass ich Gant eins überbrate?« Sie zeigte auf ihren Schreibtisch. »Ich habe zu arbeiten.«
Er wirkte erleichtert. »Wir sehen uns später.« Er wollte sie umarmen, aber sie entzog sich.
»Jojo, bestrafe mich nicht.«
»Das tue ich auch nicht.« Aber sie wollte keine Berührung. Sie wollte nichts. Sie würde gar nichts tun, bis sie den nächsten Schritt klarer sah.
Zehn Minuten später
Richie Gant stand in ihrer Tür, wartete, bis sie aufsah, und lachte hämisch.
»Du bist übergeil, überbezahlt und jetzt auch noch überholt.«
Er verschwand, Jojo saß schäumend vor Wut an ihrem Schreibtisch.
Manoj kam herein. »Was ist los?«
»Richie Gant ist der neue Partner, nicht ich.«
»Aber …«
»Richtig.«
»Das ist nicht fair! Du bist viel besser als er.«
»Richtig. Aber es ist immerhin keiner gestorben, stimmt’s?«
»Jojo.« Er klang überrascht, dann fast enttäuscht. »Wirst du das einfach mit dir geschehen lassen?«
»Manoj, ich erzähle dir jetzt etwas, was ich nur wenigen anderen Menschen erzählt habe.«
»Weil du mich gern magst?«
»Weil du der einzige Mensch in meinem Büro bist. Der Grund, warum ich bei der Polizei aufgehört habe und nach London gekommen bin, okay?«
Manoj nickte ermutigend.
»Mein Bruder hat einen Menschen umgebracht. Er war bei der Polizei – ist es immer noch. Er brauchte mehr Überstunden, also ist er losgefahren, durch die Straßen, auf der Suche nach jemandem, den er verhaften konnte. Das kommt oft vor im Oktober, wenn die Leute vor Weihnachten ordentlich Überstunden anhäufen wollen. Jedenfalls, er trifft auf einen Dealer, und als mein Bruder ihn verhaften will, zieht der andere die Knarre. Mein Bruder verliert die Nerven. Er zieht seine Pistole und tötet den anderen. Ja, vielleicht ging es nicht anders. Vielleicht musste er schneller sein, um nicht selbst erschossen zu werden, wie es immer heißt, aber weißt du was? Ich wollte nicht in einer Situation arbeiten, wo ich einen Menschen umbringen könnte. Am nächsten Tag habe ich gekündigt, drei Wochen später bin ich nach England gekommen. Hier habe ich in einer Bar gearbeitet, dann als Manuskriptgutachterin, und als ich zur Agentin aufgestiegen bin, war
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