Neue Schuhe zum Dessert
jedenfalls so.
Seit langem hatte sie niemanden so gern gemocht wie Mark. Ihr letzter Liebhaber (»Der arme Craig«) hatte sich zu sehr an sie geklammert, und als sie mit ihm Schluss machte, hatte er ihr eine Weile nachgestellt. Die Beziehung davor hatte sich gut angelassen, bis der Typ (»Richard der Arsch«) entdeckte, dass Jojo mehr verdiente als er, und danach ließ er kein gutes Haar an ihr: Sie ging zu schnell, sie trug zu hohe Schuhe, obwohl sie schon ein Meter fünfundsiebzig groß war, sie hatte nie Röcke an.
»Was hast du diese Woche noch vor?«, fragte Becky.
»Morgen Abend haben wir die Buchpräsentation von Miranda Englands viertem Roman.«
»Oh, kannst du mir ein Exemplar besorgen? Ich lese sie so gern. Und Mittwoch?«
»Uhh.« Jojo schlug die Hände vors Gesicht. »Ein Essen. Eine Churchill-Biografie wird vorgestellt. Lauter alte Knacker, die über den Zweiten Weltkrieg reden, und ich liege mit dem Gesicht in der Suppe, weil ich vor Langeweile ohnmächtig geworden bin.«
»Warum gehst du hin? Das ist doch keins von deinen Büchern, oder?«
»Dan Swann hat mich gebeten.«
»Aber der ist nicht dein Chef. Sag ihm, er kann dich mal.«
Jojo lachte bei dem Gedanken, dem intellektuellen Dan zu sagen, er könne sie mal. »Er ist ein Seniorpartner, und außerdem hat er mir viel geholfen. Es ist eine Ehre, von ihm eingeladen zu werden. Am Donnerstag ist Yoga.« Nach einer kleinen Pause fuhr sie fort: »Vielleicht, mal sehen. Freitag gehe ich zur Hypnose, und Samstag bin ich mit Mark verabredet.«
»Warum kommst du Sonntag nicht zu uns? Andy sagt, er hat dich ewig nicht gesehen.«
»Höchstens zwei Wochen. He, Becky, hocke ich euch auch nicht zu oft auf der Pelle, dir und Andy? Weil wir eine Familie sind und du von Mark weißt, kann ich dir alles erzählen, und du sagst nie, ich soll die Klappe halten. Oder nur manchmal.«
»Nein, wirklich, wir freuen uns. Komm zu uns, und wir lesen die Zeitungen und essen Eis und jammern.«
»Worüber?«
»Kannst du dir aussuchen«, sagte sie großherzig. »Das Wetter. Die Arbeit. Dass die Schokoladeneier immer kleiner werden. Du bestimmst.«
Ungefähr eine Stunde später küssten sie sich zum Abschied, und Becky fragte: »Sind meine Zähne schwarz?«
»Nein. Meine?«
»Nein.«
»Offenbar haben wir nicht genug getrunken. Pech. Bis Sonntag also.«
16
Dienstagnachmittag
AN: Jojo.harvey@LIPMAN_HAIGH.co
VON: Mark.avery@LIPMAN_HAIGH.co
THEMA: Vermissen
Sich nach jdm. sehnen, sich in jds. Arme wünschen, jdn. ausziehen wollen, mit jdm. schlafen wollen.
M xx
AN: Mark.avery@LIPMAN_HAIGH.co
VON: Jojo.harvey@LIPMAN_HAIGH.co
THEMA: Schuld haben
Schweres, bedrückendes, unangenehmes, zermürbendes Gefühl, das ertragen werden muss infolge der großen begangenen Dummheit, nämlich für eine ganze Woche allein zur Buchmesse gefahren zu sein.
JJ xx
Mittwochnachmittag
AN: Mark.avery@LIPMAN_HAIGH.co
VON: Jojo.harvey@LIPMAN_HAIGH.co
THEMA: Kreuzworträtsel
Ich komme nicht weiter: »Attraktiver Typ, englisch: ja, um die zehn zurück«? Vier Buchstaben.
JJ xx
AN: Jojo.harvey@LIPMAN_HAIGH.co
VON: Mark.avery@LIPMAN_HAIGH.co
THEMA: Sexy!
(Zehn = x, römische Ziffer, englisch: ja = yes, rückwärts sey, attraktiver Typ = sexy)
Bitte baldmöglichst bestätigen: Wann werden wir zwei uns wiedersehn? Ach, das wäre doch so schön.
M xx
AN: Mark.avery@LIPMAN_HAIGH.co
VON: Jojo.harvey@LIPMAN_HAIGH.co
THEMA: Wann werden wir zwei uns wiedersehn?
Am Sa-am-stag. Am Samstag werden wir zwei uns wiedersehn, das wäre doch so schön, am Sa-am-stag.
JJ xx
AN: Jojo.harvey@LIPMAN_HAIGH.co
VON: Mark.avery@LIPMAN_HAIGH.co
THEMA: Samstag
Gut. Ohne dich ist das Bett sowieso zu groß.
M xx
17
Freitagmorgen, 8.57 Uhr
Sie hörte sie, bevor sie sie sah – die Assistenten und die Gutachter, die sich um die neueste Ausgabe der Book News versammelten und wie eine Schar Spatzen zwitscherten.
Pam erblickte sie als Erste.
»Dein Fragenbogen ist drin.«
»Du siehst toll aus!«
Ein Exemplar tauchte in ihrem Blickfeld auf, und Jojo machte einen Satz. Das Foto! Sie sah aus wie ein zweitklassiger Filmstar der Fünfzigerjahre – das wellige, kastanienbraune Haar über ein Auge gebürstet, der dunkelrote Schmollmund – und sie zwinkerte auf dem Bild. Keith hatte das Foto genommen, auf dem sie zwinkerte! Er hatte es zur Auflockerung geschossen und versprochen, es nicht zu benutzen.
»Deine
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