Neue Schuhe zum Dessert
lassen«, sagte Shayna, die sich von niemandem wie Dreck behandeln ließ.
»Habe ich mich beschwert?«
Shayna schnalzte mit der Zunge. »Pah! Jedenfalls sind heute Abend die Kinder nicht da, du darfst also mit am großen Tisch sitzen.«
»Schön.«
Shayna war Beckys langjährige Freundin, und als Jojo nach England übersiedelte, freundete sie sich auch mit ihr an. Shayna war über die Maßen schön. Sie schaffte es als erste Schwarze – und als erste Frau –, in der Unternehmensberatungsfirma, in der sie arbeitete, zum Partner gemacht zu werden, und verdiente mehr als ihr Mann Brandon, der Anwalt war und alles tat, was sie ihm sagte. Obwohl sie zwei Kinder hatte, war ihr Bauch flach und hart, und ihr Po machte keine Anstalten auszuleiern. Sie wohnte mit ihrer Familie in einem dreistöckigen Haus in Stoke Newington, das sie für sieben Pfund fünfzig oder so gekauft hatten. Sie hatten den Schimmel, den Schwamm und den Holzwurm ausgerottet und die alten Rohrleitungen ausgewechselt und das verkommene Haus aufs Feinste restauriert, und kurz danach fingen die Häuserpreise in der Gegend an, in die Höhe zu klettern.
Und Shayna veranstaltete elegante Abendessen. Wenigstens fingen sie elegant an, aber Shayna schenkte so freizügig nach, dass die Gäste am Ende immer ziemlich mitgenommen am Tisch saßen.
Samstag, 14.10 Uhr, Kensington High Street
Jojo ging gern allein einkaufen – so konnte sie sich von einer Minute zur nächsten umentscheiden, ohne dass jemand die Geduld mit ihr verlor. Jetzt hatte sie sich für den Nachmittag vorgenommen, ein paar Dinge für die Wohnung zu besorgen, zum Beispiel schöne Bettwäsche und exotische Badeöle. Vor gut anderthalb Jahren, als sie ihre Wohnung gekauft hatte, war sie dauernd mit der Einrichtung beschäftigt gewesen – sie hatte viel Mühe und Geld dafür aufgewendet, sie hatte normale Zeitschriften zugunsten von Wohnzeitschriften aufgegeben, sie interessierte sich plötzlich mehr für Wandfarben als für Nagellack und gab mehr Geld für Bilderrahmen als für Schuhe aus, sie kaufte ein großes Sofa, auf dem man sich lümmeln konnte, und Möbel im Kolonialstil und erwog, eine Laz-E-Boy-Liege mit eingebautem Aschenbecher und Bierkühler zu kaufen, bis Becky ihr davon abriet. Kurzum, es war eine richtige Phase der Einrichtungsmanie gewesen.
Nach einer Weile kam sie auf den Teppich und kaufte wieder Harpers & Queen – bis die Sache mit Mark anfing. Da sie so gut wie nie ausgingen, wurde ihre Wohnung zu einer Art Liebesnest, und wenn sie Dinge wie Duftkerzen und Bettwäsche aus ägyptischer Baumwolle kaufte, hatte sie das Gefühl, die Situation zu gestalten und einen Beitrag zu leisten.
Doch an diesem Samstagnachmittag sah sie plötzlich keinen Sinn darin, noch mehr Bettwäsche aus ägyptischer Baumwolle zu kaufen – seine Frau und seine Familie würden ja nicht plötzlich verschwinden –, und sie hatte eine solche Menge von Unterwäsche, die sexy und unbequem war, dass sie ihr eigenes Geschäft damit aufmachen könnte, also übte sie das Vorrecht der einsamen Shopperin aus und änderte ihr Vorhaben. Bettwäsche war langweilig, Kleidung war aufregend. Nach zehn Minuten bei Barkers hatte sie eine Hose gefunden, die so teuer war, dass sie beim Anblick des Preisschilds laut aufjaulte.
»Fehlt Ihnen etwas, Madam?« Eine Verkäuferin erschien aus dem Nirgendwo.
Jojo lachte verlegen. »Kein Wunder, dass man sagt, Amerikaner sind laut. Das hier ist der Preis, oder? Nicht die Fabrikationsnummer oder so?«
»Angezogen sieht sie sehr schick aus. Warum probieren Sie sie nicht?«
Jojo las das Namensschild der Verkäuferin und sagte: »Tja, Wendy, genau dazu ist die Hose ja da.«
Sie hätte schnell weglaufen sollen, die Rolltreppe runter und zur Tür hinaus, um sich in Sicherheit zu bringen. Stattdessen folgte sie Wendy in die Umkleidekabine, und kaum hatte sie den Reißverschluss an der Hose hochgezogen, da war sie größer, langbeiniger, mit einem flachen Bauch und geschwungenen Hüften.
»Sie sitzt perfekt«, bemerkte Wendy.
Jojo seufzte, rief sich ihren Kontostand ins Gedächtnis, wusste, dass sie es lassen sollte, und sagte: »Warum eigentlich nicht? Man muss Gelegenheiten beim Schopf packen.«
Sie zog wieder ihre eigenen Sachen an und gab Wendy die Hose. »Gibt es die noch in einer anderen Farbe? Nein? Gut, und jetzt erschrecken Sie nicht: Ich würde gern wissen, ob Sie diese noch einmal haben.«
»Vielleicht, aber würden Sie nicht lieber eine mit einem
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