Neue Schuhe zum Dessert
anderen Schnitt probieren?«
Jojo schüttelte den Kopf. »Ich mache das immer so. Ich werde dafür ausgelacht, aber bei meiner Figur bin ich heilfroh, wenn ich was finde, was passt. Einmal habe ich fünf gleiche Büstenhalter gekauft. Unterschiedliche Farben zwar, aber meine Freundin Shayna sagte, es ist trotzdem der gleiche Büstenhalter.«
Jojo folgte Wendy zur Kasse und sprach weiter.
»Meine Kusine Becky macht das auch so, vielleicht liegt es in der Familie. Nur manchmal ist es Becky so peinlich, dass sie so tut, als wären die anderen Sachen für ihre Schwestern. Dabei hat sie gar keine Schwestern.«
Wendy guckte auf dem Computer nach, ob sie noch eine Hose vorrätig hatten.
»Aber vielleicht ist es mir auch peinlich«, gab Jojo zu bedenken. »Warum erzähle ich Ihnen das sonst?«
Wendy ging die Liste durch und schwieg. Sie war Verkäuferin, keine Psychoanalytikerin. Dazu wurde sie nicht gut genug bezahlt.
Samstagabend, 20.15 Uhr
Als Jojo ankam, war Shayna in einem weißen Outfit, das zehn Zentimeter mahagonibraunen Bauch freißließ, damit beschäftigt, ihren Gästen einen Rum-Cocktail zu servieren. »Meine eigene Kreation. Ich habe ihn ›Lebensretter‹ getauft.«
Die Gäste setzten sich aus eingebildeten Besserwissern aus Brandons Kollegenkreis und aufstrebenden Ehrgeizlingen von Shaynas Arbeit und ein paar unbescholtenen Nachbarn zusammen. Dazu kamen ein paar alte Freunde wie Becky und Andy.
Jojo nahm sich einen Drink, begrüßte die anderen und merkte – zu ihrem eigenen Entsetzen –, dass sie es schon jetzt ein klein bisschen langweilig fand.
Dicke Kerzen, die flackernde Schatten an die Wände warfen, erhellten das Esszimmer. Auf den polierten Möbeln standen modische Arrangements aus Zweigen und dergleichen. Nicht etwa öde Blumen mit Stielen und Blüten.
»Wenn ich groß bin, will ich wie Shayna sein«, sagte Becky.
»Mmm«, sagte Jojo und dachte: Vielleicht nicht langweilig, aber ich wäre lieber mit Mark zusammen.
Ihre Welt war geschrumpft. Mit wem sie auch zusammen war, immer wäre sie lieber mit Mark zusammen. Das kommt davon, wenn man sich verliebt. Dann will man immer mit dem einen zusammen sein.
Und sie hatte keine fünf Sekunden gebraucht, um festzustellen, dass alle anderen Paare waren: Shayna mit dem folgsamen Brandon, Becky mit Andy – wie auf der Arche Noah. Aber weil Mark verheiratet war, gehörte sie zu einem Zwischenbereich, weder war sie allein, noch war sie Teil eines Paars.
Mist. So was sollte man besser nicht denken.
Plötzlich stellte Becky sich direkt vor Jojo, beugte sich zu ihr rüber und hauchte sie an. »Hah! Ist mein Atem okay?«
Der Zahnarzt hatte ihr gesagt, dass sie leichte Paradontose hatte und dass eine elektrische Zahnbürste das Problem in Schach halten würde, aber Becky, die ohnehin um den Zustand ihrer Zähne besorgt war, hatte nun Angst, dass sie eine Zahnfleischentzündung hatte, die sich nicht eindämmen ließ.
»Riecht passabel. Was meint Andy denn?«
»Er ist so an mich gewöhnt, dass es ihm nicht auffallen würde, wenn ich ein Stinktier verschluckt hätte.«
Es war wie ein Schlag. Würden sie und Mark sich je so aneinander gewöhnt haben, dass er nicht bemerken würde, wenn sie ein Stinktier verschluckt hätte?
Dann fiel ihr Blick auf den langen Esstisch aus dunklem Holz und die Gedecke: zwölf viktorianische Teller mit einem Weeping-Willow-Muster, zwölf silberne Bestecke, zwölf Murano-Weingläser – und ein Müslischälchen mit bunten Figuren, ein Plastikbecher und ein Kinderbesteck. Jojos Gedeck. Shayna wollte ihr damit etwas sagen.
Als sie sich zum Essen setzten, nahm Shayna, nachdem die Botschaft angekommen war, das Müslischälchen für sich und gab Jojo einen Porzellanteller mit Hausmannskost: mariniertes Hühnchen, Reis mit Erbsen, Maisplätzchen. Jojo atmete tief durch und legte los.
»Lieber Gott«, sagte der Mann neben ihr, dessen Name Ambrose war – ein Kollege von Brandon. »Sie spachteln ja ganz schön was weg.«
»Dazu ist es doch da«, sagte Jojo. »Was soll ich sonst damit machen? Körbe flechten?«
Der Mann beobachtete sie, als sie sich wieder eine Gabel in den Mund schob und murmelte, aber so, dass jeder es hören konnte: »Meine Fresse.«
Jojo beugte sich über ihren Teller. Was für ein Kotzbrocken. Manche Männer mochten sie einfach nicht – lag es an ihrem guten Appetit? An ihrer Größe? Was auch immer. Doch obwohl sie wusste, dass diese Männer Kotzbrocken waren, hieß das nicht, dass sie davon
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