Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
jetzt habe ich mich da extra für Sie eingesetzt.«
»Tut mir leid«, sagte Frank, »aber das konnte ich ja nicht wissen.«
»Sind Sie etwa auch so einer?« fragte der Spieß mißtrauisch.
»Was für einer?«
Der Spieß machte eine Bewegung mit dem Kopf. »Na, so einer von den Typen, die was dagegen haben, daß das im Weserstadion ist?«
»Das auch«, sagte Frank. »Da stehe ich auch nicht drauf. Aber sowieso, ich meine, Sie haben doch meine Akte angeguckt, da müssen Sie doch wissen, daß ich versucht habe zu verweigern.«
»Ach das …« Der Hauptfeld zuckte mit den Schultern, »das wäre doch kein Grund, jetzt auch noch das Gelöbnis sausen zu lassen, wo Sie doch schon mal hier sind … Da können Sie dann auch nicht mehr Gefreiter werden, Lehmann, das wissen Sie ja wohl.«
»Ja.«
»Da bleiben Sie immer Schütze.«
»Ja«, sagte Frank, der daran bloß bedauerte, daß er kein Pionier mehr war. Edelpionier zu sein, wie der Pionier Müller damals im Mannschaftsheim in Dörverden, das war immerhin etwas mit einem schönen Namen, aber Edelschütze, das klang nicht gut, und das sagte auch niemand, Frank hatte hier noch nie jemanden von Edelschützen reden hören. Vielleicht aber auch nur, weil es keine gibt, dachte er jetzt, das wäre dann immerhin mal eine Aufgabe, dachte er, der erste Edelschütze in der Kaserne Vahr zu sein.
Der Spieß zuckte mit den Schultern. »Mir egal. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich, Lehmann. Aber schriftlich will ich das haben. Und jetzt hauen Sie ab zu Ihrer Gruppe.«
»Alles klar«, sagte Frank.
»Und sagen Sie nicht alles klar«, sagte der Spieß schlecht gelaunt. »Alles klar gibt’s bei uns nicht. Wir sind hier nicht bei den Wasserwerken.«
»In Ordnung, Hauptfeld«, sagte Frank.
»Das ist auch nicht viel besser«, sagte der Spieß, »Sie deprimieren mich, Lehmann.« Damit ließ er Frank stehen und betrat das Mannschaftsheim, um nachzusehen, wer von seinen Leuten da schon wieder rumgammelte.
Die Betriebsstoffgruppe der Nachschubkompanie 210 bestand aus Frank, den Gefreiten Groß und Meyer sowie Stuffz Aster. Ihre Aufgabe bestand darin, in der hintersten Ecke der Kaserne, an der Seite zum großen Fernheizungsturm der Neuen Vahr hin, eine kleine Tankstelle für die Fahrzeuge des Standorts zu betreiben. »Wir sind der Nachschub vom Nachschub«, hatte der Obergefreite Koch gesagt, als er Frank damals alles erklärt hatte. Der Obergefreite Koch hatte Frank als seinen Nachfolger eingearbeitet und sich dann mit einer geschickten Kombination aus Rüstzeit, Krankschreibung und Urlaub vorzeitig aus dem Staub gemacht. Seitdem war Frank mit Groß und Meyer alleine an der Tankstelle, und das war hart, aber auch darauf hatte der Obergefreite Koch ihn damals vorbereitet. »Was auch immer passiert«, hatte er oft zu Frank gesagt, »was auch immer passiert: Du darfst nie vergessen, daß du mit Groß und Meyer alleine bist, und wenn ich sage alleine, dann meine ich auch alleine!«
Als Frank jetzt an die Tankstelle kam, hatten sie allerdings gerade Besuch, Baumann und Sowenski, zwei Spaßvögel von der EVG/NVG, waren da und hatten die neuen Kopfbedeckungen mitgebracht.
»Sprechen Sie in dieses Mikrofon, solange diese rote Lampe leuchtet«, sagte Baumann und hielt Frank eine Faust mit durch die Finger gestecktem Daumen unter die Nase. Dazu hielt er die andere Hand flach in die Höhe.
»Onko«, sagte Frank, denn er wußte, daß es das war, was Baumann hören wollte. Und Baumann freute sich.
»Guter Schnüffel«, sagte er. »Dafür gibt’s ‘ne schöne Mütze.«
Er gab Frank ein Barett, nahm ihm das Schiffchen ab und ließ ihn den Empfang quittieren. Sein Kollege Sowenski unterhielt sich derweil angeregt mit Meyer über den Film >Ein Zombie hing am Glockenseil<, während Groß in einer Ausgabe der Zeitschrift Schlüsselloch blätterte.
»Endlich«, sagte Groß, als Frank die Tüten mit den belegten Brötchen und der Streuselschnecke auf die kleine Tischplatte in dem winzigen Tankstellenhäuschen legte. Er hielt die Schlüsselloch in die Höhe. »Schaut euch das mal an!« rief er.
»Der Stuffz sagt, daß wir eine Kontrolle kriegen sollen«, sagte Frank.
»Alle?« fragte Sowenski. »Kontrolle für alle oder nur für euch?«
»Mach keinen Scheiß«, sagte Baumann. »Da hab ich noch nichts von gehört, da hätte man doch was gehört, wenn die eine Kontrolle machen, da habe ich neulich erst mit dem Oberfeld drüber gesprochen, daß man auf jeden Fall aufpassen muß, wenn mal
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