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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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und hätte sie in den Arm genommen, aber irgendwie ging das nicht.
    »Vielleicht solltest du einfach mal sagen, was los ist«, sagte er.
    »Ach …«, sagte sie nur.
    Frank sah, daß da immer noch sein Sliwowitz stand, den hatte er ganz vergessen. Er nahm ihn und kippte ihn runter. Dann nahm er den von Sibille und hielt ihn ihr hin. »Vielleicht solltest du deinen auch mal trinken. Das kann nicht schaden … Naja«, fügte er nach kurzem Nachdenken hinzu, »es sei denn, es geht um ein Alkoholproblem, das wäre dann etwas anderes.«
    Sie blickte auf und sagte wieder »Ach«, und dann nahm sie den Schnaps und kippte ihn hinunter und begann zu husten, und Frank stand auf, ging um den Tisch und klopfte ihr ordentlich zwischen die Schulterblätter, wobei ihm wieder einfiel, wie er das damals beim Spieß in Dörverden gemacht hatte, bei dem, dachte er, war es aber das Rauchen gewesen, und dann setzte er sich wieder hin und zündete sich erst einmal eine an, was auch immer passiert, dachte er, man darf nicht vergessen zu rauchen.
    »Als du mich eingeladen hast, neulich«, sagte sie, »ich meine, ich hatte mich so gefreut, dich wiederzusehen, Sonja hatte mir erzählt, daß du dauernd angerufen hast, und ich fand das ja auch toll neulich, und ich hatte mich auch gefreut, daß wir uns heute treffen, aber es ist nun mal so, daß ich neulich, nachdem du mich eingeladen hast, also nachdem wir uns verabredet hatten, meine ich, also auf der Veranstaltung wegen der Vereidigung da … «
    Sie brach ab und putzte sich mit ihrer Papierserviette die Nase.
    »Das war nicht neulich, das war gestern abend«, sagte Frank, als sie damit fertig war.
    »Gestern? Ja, stimmt, gestern. Mir kommt das vor, als ob das ewig her wäre«, sagte sie und wischte sich wieder die
    Augen aus. Dann lächelte sie. »Entschuldigung«, sagte sie.
    »Wofür?« sagte Frank. »Und vielleicht solltest du mal was von der Grillplatte essen. Diese Tiere können doch nicht alle umsonst gestorben sein!«
    »Jedenfalls habe ich gedacht, er lädt mich ein, und ich habe mich gefreut, und dann habe ich auch gedacht, daß nach neulich … «
    »Gestern«, warf Frank ein.
    »Nein, gestern nicht, gestern war doch bloß, daß wir uns da getroffen haben, ich meine Samstag, als wir bei mir waren, du Dummer!«
    »Ach so … «
    »Jetzt habe ich den Faden verloren«, sagte sie.
    »Du hast gedacht, daß nach neulich … «
    »Ach ja, daß wir beide, also daß da, ich fand jedenfalls, als wir uns vorher so lange nicht gesehen hatten, habe ich oft an dich denken müssen und all das, und das war ja auch toll neulich, und … «
    Frank goß ihnen beiden die Gläser voll und trank seins gleich aus. Das ist jetzt auch egal, dachte er, er war irgendwie gierig, merkte er, kaum hatte er das Weinglas abgestellt, aß er auch schon weiter und nahm sich von der Platte noch was nach, und während er aß, freute er sich schon wieder auf die nächste Zigarette, die ein weiterer Nagel im Sarg der imperialistischen Kriegsvorbereitung sein sollte, Rauchen gegen den Krieg, dachte er und verstand dabei überhaupt nicht, warum er jetzt plötzlich so komische Sachen dachte, so albernen Kram, wie er es selbst in Gedanken nannte, das ist eigentlich nicht die richtige Reaktion darauf, daß alles kaputtgeht, dachte er, obwohl, vielleicht gerade doch, wer weiß, dachte er.
    »… und ich war ja auch dafür«, fuhr Sibille unterdessen fort, »das war ja gerade ich, die das eigentlich wollte, und eigentlich schon lange, und wenn du damals mit der blöden Birgit, mit der alten Kuh da nicht so eine Scheiße gemacht hättest, dann hätte aus uns … ach, was soll’s, darum geht’s ja eigentlich gar nicht, damit will ich ja gar nicht anfangen, jedenfalls sah das bis gestern doch alles noch so aus, als würde da was, ich meine, ich habe mich total gefreut, als Sonja sich bei mir beschwert hat, weil du da dauernd angerufen hast, ich konnte mich ja wegen Martin nicht bei dir melden, was weiß ich denn, was das da für einen Terror gegeben hätte, der ist ja auch total bescheuert … «
    »Wieso auch?« sagte Frank. Je mehr sie redete, und je unsinniger er fand, was sie redete, desto mehr war er fasziniert von ihr, desto näher kam sie ihm eigentlich, fand er, und was immer es war, was sie da sagen wollte, und es war gewiß etwas Trauriges - die Art, wie sie es sagte, machte ihn erst richtig süchtig nach ihr, ich könnte ihr stundenlang zuhören, dachte er, egal was sie redet, und dafür ist Liebe kein zu starkes

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