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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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brüllend lauter Balkanfolklore, während draußen alles durcheinanderfliegt und man auf jemanden wartet, der für immer bei einem bleiben soll, dachte er und schenkte sich noch ein Glas von dem Wein ein, der jetzt gar nicht mal mehr so schlecht schmeckte, und so ist es wirklich, dachte er erstaunt, das will man, daß es für immer ist, und das wäre ein ganz neues Leben, dachte er, da würde man alles in ganz neuem Licht sehen, und man würde mit neuem Schwung an alles herangehen, dachte er, sich eine neue Wohnung suchen, vielleicht das Abitur nachmachen, irgendwas studieren, dachte er, es muß ja nicht gleich Deutsch und Sport sein, dachte er, jedenfalls nicht Sport, auf keinen Fall Sport, und Deutsch eigentlich auch nicht, dachte er, vielleicht haben sie ja Althistoriker in Bremen, dachte er, obwohl er das irgendwie für unwahrscheinlich hielt, die Bremer Uni kam ihm nicht vor wie eine, die Althistoriker ausbildet, egal, dachte er, später dann Kinder und das ganze Programm!
    Er schenkte sich noch ein Glas ein, trank es aus und nahm
    sich vor, es mit dem Nachdenken mal nicht zu übertreiben, so weit sollte man nicht denken, dachte er, mit dem Nachdenken muß man vorsichtig sein, und mit dem Nachschenken auch, dachte er, denn in diesem Moment goß er sich wieder das Glas voll und schmodderte dabei aus Versehen einen guten Hieb Rotwein auf das Tischtuch, was umso peinlicher war, als in genau in diesem Moment der Kellner wieder neben ihm auftauchte.
    »Wissen Sie schon, was?« sagte er.
    »Wissen Sie schon was, was?« sagte Frank.
    »Was Sie essen wollen.«
    »Es kommt noch jemand«, sagte Frank.
    »Ich meine ja nur ungefähr«, sagte der Kellner. »Nur ungefähr. Vielleicht wollen Sie schon für den Freund mitbestellen.«
    »Warum sollte ich das tun? Ist so viel los, daß die das sonst in der Küche nicht hinkriegen?«
    »Nur ungefähr, nur ungefähr, damit die das vorbereiten können«, sagte der Kellner.
    »Wie, ungefähr?«
    »Was Sie essen wollen, welche Richtung.«
    »Hm«, sagte Frank, der den seltsamen Mann plötzlich richtig gern hatte, ohne daß er wußte, warum, vielleicht ist es der jugoslawische Rotwein, dachte er, vielleicht steigert der die Nächstenliebe. »Irgendwas mit Fleisch«, sagte er entschlossen.
    »Ich sag Bescheid«, sagte der Kellner und wollte gehen.
    »Halt«, sagte Frank, dem die Idee nicht gefiel, daß jeden Moment Sibille kommen und sehen konnte, daß er eine Halbliterkaraffe Rotwein allein fast ausgetrunken hatte. »Nehmen Sie die doch mit und bringen Sie noch eine neue.«
    »Da ist noch was drin.«
    »Egal.«
    »Kann ich nicht machen. Aber ich bringe neue«, sagte der Kellner und verschwand.
    Frank fand, daß dies nun wirklich die schlechteste Lösung von allen war, deshalb trank er schnell sein Glas aus, goß den Rest aus der alten Karaffe hinein und schwenkte sie in Richtung Kellner und rief, daß sie nun auch leer sei, und in diesem Moment kam Sibille herein.
    Sie war von Kopf bis Fuß in Ölzeug gekleidet, in einem Gelb so leuchtend, daß es in den Augen schmerzte, wobei die Jacke eine von denen war, die man über den Kopf ziehen mußte, und das tat sie, sie kam zu ihm an den Tisch, zog sich wortlos die Öljacke über den Kopf und spritzte rings um sich her alles naß. Frank betrachtete sie fassungslos und voller Freude, ihr Auftritt war so eigenartig und entzückend, daß er darüber die ganze Peinlichkeit seiner Weinkaraffenschwenkerei, die sie wahrscheinlich, wie er erleichtert dachte, sowieso nicht richtig mitbekommen hatte, sofort vergaß, während sich um Sibilles Füße herum, die in gelben Gummistiefeln steckten, eine größere Pfütze bildete.
    »Tut mir leid«, sagte sie, »ich bin zu spät, ich mußte erst noch nach Hause, mich passend anziehen.«
    »Ja«, sagte Frank, »das sieht auch gut aus!«
    »Ja«, sagte sie, »furchtbares Wetter.«
    Sie setzte sich ihm gegenüber und nahm das gefüllte Glas, das für sie bereitstand. »Das ist gut«, sagte sie.
    »Auf jeden Fall«, sagte Frank.
    In diesem Moment kam der Kellner mit einer neuen Karaffe Wein zurück. Er stellte sie auf den Tisch und starrte Sibille an.
    »Aha«, sagte er.
    »Aha?« sagte Sibille.
    »Moment«, sagte der Kellner und verschwand.
    »Hallo«, sagte Sibille zu Frank und hob ihr Glas.
    »Hallo«, sagte Frank und stieß mit ihr an.
    Sie tranken ein bißchen Rotwein, und dann kam auch der Kellner schon wieder. Er trug eine Kerze in der einen und ein
    Feuerzeug in der anderen Hand. »Hätte ich das doch

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