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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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bis der Hauptfeld irgendwann anhielt und »Hier!« rief. Er zeigte auf ein Plastikschild an einer Tür. »27E-1376«, rief er. Dann prüfte er die Klinke. Der Raum 27E-1376 öffnete sich.
    »Hier gehen die ersten acht rein«, rief er und wedelte mit der Hand acht Männer in den Raum. »Da bleiben Sie drin, bis Sie wieder von mir hören. Und wehe, einer haut ab. Und die anderen eins weiter.«
    Wie von Frank befürchtet, ging Baumann mit ihm zusammen in den Raum 28E-1376. Es war ein recht kleiner Raum mit einem Tisch in der Mitte und einigen Stapeln Stühle an der Wand. »Da ist auch ein Klo«, sagte der Hauptfeld und zeigte auf eine graue Tür. Dann zählte er die Stühle durch. »Alles da. Na, das klappt ja. Ich komme bald wieder. Ihr bleibt hier, Männer, bis ich euch was anderes sage.«
    Damit verschwand er. Frank nahm sich einen Stuhl vom Stapel und setzte sich an den Tisch. Die anderen taten es ihm nach. Baumann setzte sich neben ihn.
    »Das wird dauern«, sagte Baumann. »Das wird dauern.«
    »Ja«, sagte Frank und zog die Historien des Herodot aus der Innentasche seiner Uniformjacke und schlug sie auf.
    »Was ist denn das?« sagte Baumann. »Was liest du denn da?«
    »Nix«, sagte Frank und steckte es wieder ein. »Das wird dauern.«
    »Sag ich ja«, sagte Baumann zufrieden und bot Frank eine Zigarette an.
    Zwei Stunden später saßen sie immer noch da. Die anderen schliefen mit dem Kopf auf dem Tisch, nur Frank und Baumann nicht, denn Baumann hatte viel zu erzählen. Der Hauptfeldwebel war noch nicht wieder aufgetaucht, und Frank erinnerte das alles an den Kameraden, der einige Wochen zuvor durch alle Zeitungen gegeistert war, weil man ihn bei einem Manöver bei der Bewachung einer Brücke vergessen hatte, woraufhin er eine Woche dort ausgeharrt hatte, von den Bewohnern eines Dorfes in der Nähe mit Essen und Trinken versorgt. Die ganze Welt hatte darüber gelacht, aber Frank begann langsam zu verstehen, in welchem Dilemma sich der Mann befunden hatte.
    »… jedenfalls war ich hinten drin«, sagte Baumann gerade, »und Sowenski vorne, dabei hätte ich gar nicht hinten drin sein dürfen, ist ja nicht erlaubt, wenn Ladung drin ist, und dann klopfe ich an die Wand zur Fahrerkabine und klopfe und klopfe, und Sowenski …«
    »Sag mal, Baumann«, sagte Frank, »hast du eigentlich auch Hunger?«
    »Ist der Papst katholisch, haha?! Klaro, Mann, klar hab ich Hunger.«
    »Wie lange sind wir jetzt hier?«
    »Fast zwei Stunden«, mischte sich Rückert von der Munitionsgruppe ein. Er stand auf und ging in das kleine Klo. Dort drehte er an einem spucknapfgroßen Waschbecken das Wasser auf und trank davon. »Fast zwei Stunden«, wiederholte er.
    »Vielleicht sollte man mal nach dem Hauptfeld gucken«, schlug Frank vor.
    »Wo willst du denn da gucken?« sagte Baumann.
    Einer der anderen wachte auf, er schaute hoch und legte den Kopf wieder zurück auf den Tisch.
    »Haltet doch mal die Schnauze, ihr Schnüffel«, sagte er.
    »Weiß ich nicht, nebenan«, sagte Frank. »Erstmal nebenan.«
    »Und dann?«
    »Dann mal fragen, wann das hier was zu essen gibt«, sagte Frank.
    »Hm …«, sagte Baumann. »Das ist riskant.«
    Rückert zuckte mit den Schultern. »Ich hab keinen Hunger«, sagte er lustlos.
    Frank stand auf und öffnete die Tür zum Gang. Da draußen liefen viele Leute hin und her, Polizisten, Soldaten, Sanitäter, Zivilisten, es war einiges los. Er ging hinaus, schloß die Tür von Raum 28E-1376 und ging zu Raum 27E-1376 hinüber und öffnete vorsichtig dessen Tür einen Spaltbreit. Auch hier war die Luft dick vom Qualm der Zigaretten, und auch hier lagen einige Kameraden mit dem Kopf auf dem Tisch, andere allerdings hatten sich zu einem Kartenspiel zusammengefunden, es waren lauter Hauptgefreite, darunter Ludwig, der Fahrer, und der Mann, den Baumann Ilitsch genannt hatte. Die Zeitsoldaten sind eben Profis, dachte Frank, bis auf Baumann.
    »Was willst du Schnüffel?« sagte Ludwig unfreundlich.
    »Wo ist der Hauptfeld?«
    »Was weiß ich? Was willst du denn von dem?«
    »Was geht’s dich an, Arschloch?«
    »Willst du was auf die Fresse?«
    »Versuchs doch, du Fettsack!«
    Frank schloß die Tür und als er sich umdrehte, um zu Raum 28E-1376 zurückzugehen, stand der Hauptfeld vor ihm.
    »Was machen Sie denn hier draußen?« fragte er freundlich, und Frank konnte seine Fahne riechen. Er machte einen gutgelaunten Eindruck, eben wie jemand, der gerade ein paar alte Kumpels getroffen und mit ihnen einen genommen

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