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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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fahren wir da jetzt schon hin?«
    »Weil da später Demonstrationen erwartet werden, und da wollen wir doch wohl nicht mittendurch fahren, Baumann, das müßten sogar Sie kapieren. Noch Fragen?«
    Keiner hatte noch Fragen.
    Sie stiegen in den KOM 21 und fuhren los. Baumann setzte sich neben Frank und redete. Frank hörte mit einem halben Ohr zu, während der Wagen die Kaserne verließ und in Richtung Weserstadion fuhr.
    »Jedenfalls«, sagte Baumann, »ist wenigstens nicht Freitag, wenn Freitag wäre, dann wäre das ganze Wochenende versaut, weil es total verkürzt wäre, ich meine, wenn man Freitagabend erst um zehn aus der Kaserne kommt, dann ist das doch kein Wochenende mehr, mal ehrlich, so gesehen ist das noch ein Glück, daß heute Donnerstag ist, am Freitag wäre ich jetzt echt sauer, außerdem möchte ich gerne mal wissen, wieso die mich eingeteilt haben und nicht Sowenski, wenn einer von EVG/NVG keine Ahnung hat, dann ja wohl Sowenski, außerdem bin ich schon länger dabei, die älteren Soldaten sollten sowas nicht machen, hast du mal gesehen, daß die hier überhaupt so viele Zeitsoldaten eingeteilt haben? Das sind ja fast alles Zeitsoldaten, das sind ja alles totale Tagekisten, da sind ja überhaupt keine W15er, obwohl, du bist ja da, Lehmann, aber du bist ja trotzdem ‘ne Kiste, wundert mich jetzt irgendwie, guck mal, da drüben, das ist Ilitsch, kennst du den?«
    »Nein«, sagte Frank, der sich unterdessen still darüber wunderte, wie anders es war, wenn man die sonst so vertrauten Straßen zwischen der Vahr und dem Weserstadion durch die Scheiben eines KOM 21 sah, mit einem Stahlhelm auf dem Schoß und im Großen Dienstanzug; es war gespenstisch: Jetzt gerade fuhren sie am Schulzentrum an der JuliusBrecht-Allee vorbei, er hatte einmal ein Mädchen gekannt, das dort zur Schule gegangen war, das konnte er sich jetzt, in einem Bundeswehrbus mit einundzwanzig Sitzplätzen sitzend, gar nicht mehr vorstellen. Wenn man nicht frei ist, sieht alles anders aus, dachte er, irgendwie eingefärbt, oder
    wie unter Wasser.
    »Den kennst du nicht?« sagte Baumann.
    »Nein.«
    »Der ist beim Stab. Der ist auch Zettzwo. Und da hinten, die HGs alle, die auch.«
    »Ja, ja« sagte Frank, um Baumann nicht vor den Kopf zu stoßen. Draußen glitt wie im Film die Stadt vorbei, und Frank bemühte sich, nichts zu verpassen, ins Weserstadion, ins Weserstadion, dachte er, während sie unter der Eisenbahnbrücke hindurchfuhren und linker Hand das Gebäude mit den rätselhaften Buchstaben ÜNH passierten.
    »Ilitsch, den kennt man doch, der ist bei den Ersatzteilen, glaube ich, keine Ahnung, jedenfalls hat der eben noch seine Reservistenkordel abnehmen müssen, der Hauptfeld hat gesagt, das geht nicht, daß der die heute trägt, das muß man sich mal vorstellen, aber eigentlich ist Hildebrand ein ganz okayer Typ, ich finde den ganz gut, mit dem waren wir mal beim Sport unterwegs, das war … «
    Sie bogen in die Georg-Bitter-Straße ein, und an deren Ende stießen sie auf den Osterdeich, wo sie eine Polizeisperre passierten und den Deich hinunterfuhren zwischen die Sportplätze der Pauliner Marsch, durch die hindurch sie sich dem Weserstadion näherten. Hier standen schon viele olivgrüne Busse und Lastwagen und Mannschaftswagen der Polizei, und es war ein Gewimmel von Soldaten, Ordnern, Polizisten, Feldjägern und dergleichen mehr.
    »… irgendwann letztes Jahr, da ging das um das bronzene Sportabzeichen, weiß ich noch genau, da hat der, glaube ich, den Weitsprung gemacht, ich meine, der hat dagestanden und gemessen und so, oder war es, nein, warte mal, Hundertmeterlauf, mein Gott, guck dir das mal an, die ganzen Bullen, hier ist ja was los, alter Schwede, ich war hier schon mal, da auf dem Sportplatz, da habe ich als Kind mal irgendwas gemacht, ich glaube, das war hier, das war von der Neustadt aus …« »Sicher, sicher«, sagte Frank und starrte dabei aus dem Fenster. Der Bus wurde immer langsamer und steckte schließlich fest, Ludwig, der Fahrer, öffnete sein Fenster und diskutierte lang und breit mit einem Polizisten, dann unternahm er fluchend ein längeres und sehr kompliziertes Wendemanöver, um schließlich wieder oben auf dem Osterdeich zu landen, der, so weit das Auge reichte, für den allgemeinen Verkehr gesperrt war. Dort fuhr er noch ein kurzes Stück und stellte den Bus dann ab.
    »So«, rief er in den Bus. »Das war’s. Hier bleibt die Karre stehen. Alles aussteigen.«
    Alle standen auf.
    »Moment!« rief der

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