Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
Vom Netzwerk:
er würde mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit den schwangeren linken Lehrern begegnen, und die hatten eine ganze Palette von Möglichkeiten, ihn ihre Mißbilligung spüren zu lassen. Martin Klapp schlief noch, also blieb Frank nichts anderes übrig, als mit leichten Kopfschmerzen ebenfalls liegenzubleiben und zu warten. Wenigstens gab es genug Lesestoff, er nahm sich eines von den Hunderten oder Tausenden von Büchern, die um ihn herum auf ihren Umzug warteten, es waren Bücher jeder Art und Größe, alte Bücher und neue Bücher, und neunzig Prozent davon, so schätzte er, waren geklaut, in dieser Hinsicht war Martin Klapp eigen oder hatte, wie Ralf Müller es gerne nannte, »eine Schacke«, er war der wahrscheinlich größte und zugleich unbescholtenste Bücherklauer Bremens, und seine Technik war so einfach wie erfolgreich: Er nahm einen großen Haufen Bücher in einem Buchgeschäft unter den Arm, lief damit einige Zeit herum und ging dann hinaus. Dabei war er nur einmal erwischt worden, aber das war in einem linken Buchladen gewesen, und der Besitzer hatte deshalb nicht die Polizei gerufen.
    Frank las zwei Stunden lang in einem Buch über die Geschichte der römischen Republik, bis Martin Klapp endlich aufwachte. Da sie den Dachgepäckträger von Franks Vater
    brauchten, fuhren sie als erstes in die Neue Vahr Süd.
    »Das bißchen Kram von dir ist schnell gemacht, das Schlimmste kommt später«, sagte Martin Klapp, als sie vor der Tür von Franks elterlicher Wohnung standen und klingelten. Franks Mutter öffnete.
    »Guten Tag, Frau Lehmann«, sagte Martin Klapp sofort. Er ist auch ein bißchen ein Schleimer, dachte Frank.
    »Oh, Martin, das ist aber nett«, sagte seine Mutter und sah Frank dabei etwas ratlos an.
    »Wir holen mal meine Sachen«, sagte Frank. Es war ihm unangenehm, daß Martin Klapp dabei war, während er seiner Mutter die plötzliche Tatsache seines Umzugs beibrachte, das sollte man eigentlich unter sich ausmachen, dachte er, sowas sollte in der Familie bleiben, andererseits, dachte er, hat es den Vorteil, daß eine Mutter einem im Beisein eines Fremden keine großen Fragen stellen oder eine Szene machen kann, sie wird jedenfalls nicht weinen, dachte Frank, und das ist auch schon mal was …
    »Ach so, ja … - ja?« sagte seine Mutter hilflos, und Frank tat sie in diesem Moment sehr leid, das läuft alles irgendwie falsch, dachte er, ganz falsch. Dann trat sein Vater hinter seine Mutter.
    »Ah, da ist er ja«, sagte sein Vater in zweideutigem Tonfall. »Sehr schön, da ist er ja.«
    »Ich helfe nur beim Umzug«, sagte Martin Klapp und hob abwehrend die Hände. Franks Eltern standen immer noch in der Tür, und sein Vater legte jetzt sogar die Hände auf die Schultern seiner Mutter. Wie die schwangeren Lehrer gestern, dachte Frank, und ihm ging auf, daß seine Eltern auch mal so jung wie diese gewesen waren und seine Mutter auch mal so hochschwanger, so hatte er das noch nie gesehen.
    »Dürfen wir dann mal rein«, sagte er energisch, »es dauert auch nicht lange!«
    »Umzug? Na herrlich«, sagte sein Vater und zog seine Mutter mit festem Griff von der Tür weg. »Na dann kommt mal rein. Braucht ihr Hilfe?«
    »Nicht unbedingt«, sagte Frank und betrat mit Martin Klapp die Wohnung, »aber wenn du mir deinen Dachgepäckträger geben könntest, das wäre nett.«
    »Soso, nett wäre das«, sagte sein Vater. »Na dann … «
    »Wir nehmen nicht alles mit«, sagte Frank. »Ich zieh jetzt bei Martin mit ein, ich nehm dann erstmal nur die Matratze mit und so Kram … «
    »Das ist gut zu wissen«, sagte sein Vater.
    »Habt ihr denn überhaupt schon was gegessen?« sagte Franks Mutter. »Ich kann euch doch eben Frühstück machen, ihr müßt doch was essen.«
    »Ja, nee«, sagte Frank, »laß mal, haben wir schon.«
    »Naja, ein bißchen Hunger hätte ich schon«, sagte Martin Klapp.
    »Na, das ist doch wunderbar«, sagte Franks Mutter, »dann mach ich mal schnell was fertig.«
    »Nee, laß mal«, sagte Frank.
    »Ach was«, sagte seine Mutter, blieb aber trotzdem im Flur stehen, »das macht doch nichts … «
    Sie standen zu viert in dem engen Flur herum und schwieg en .
    »Kommt ein bißchen plötzlich«, sagte sein Vater dann.
    »Kann man wohl sagen«, sagte seine Mutter. »Na, ich mach dann mal was …« Sie ging in die Küche. Wahrscheinlich weint sie da, dachte Frank. Es war Zeit für ein bißchen Action, fand er, bevor alles noch schlimmer wurde.
    »Wir bringen am besten erstmal den Dachgepäckträger

Weitere Kostenlose Bücher