Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
Klapp vom Sofa herüber.
»Weiß ich nicht«, sagte Frank, »nein, ist eigentlich kein Freund von mir. Er war mal mein Freund, mein bester Freund, aber das ist sehr lange her.«
»Aha …!« sagte sie, und es ärgerte Frank, wie sie das sagte, es hatte etwas Anmaßendes, Überhebliches, so als ob sie irgend etwas verstünde. Ich kenne sie kaum, und sie kennt mich kaum, und Harry kennt sie schon gar nicht, aber sie sagt aha, dachte er, und das mochte er nicht.
»Doch, eigentlich ist er immer noch mein Freund«, sagte er deshalb wider besseres Wissen, »Harry ist ein prima Typ, ein bißchen brutal vielleicht, aber wer ist das nicht … Doch, ja, Harry ist okay!«
»Mann, der ist bei den Silverbirds, weißt du eigentlich, was das heißt?« sagte Achim belustigt. »Hast du die mal in Aktion gesehen?«
»Bei den Lizzards«, sagte Frank. »Außerdem interessiert mich das nicht, ist mir scheißegal, Harry ist mein Freund und gut, ich meine, ich bin da oben voll auf die Schnauze geflogen, und wer hat mir geholfen? Harry.« Er hielt seinen aufgeschürften Arm hoch, damit alle sahen, wovon er sprach. Er wußte zwar, daß das Blödsinn war, aber es machte ihm Spaß. Immer noch besser, als wenn sie wieder mit der SDAJ anfangen, dachte er fröhlich.
»Mein Gott, Harry dein Freund, ich glaub, ich spinne.« Martin Klapp verdrehte demonstrativ die Augen.
»Oh Gott«, sagte Sibille, »zeig mal her.«
Sie griff nach seiner rechten Hand, zog seinen Arm zu sich herüber und studierte die Wunde. »Das muß doch ausgewaschen werden«, sagte sie, »sonst kann sich das entzünden.«
Jetzt ist sie auch noch Krankenschwester, dachte Frank. »Ist nicht schlimm«, sagte er und entzog ihr den Arm. »Das ist morgen weg.«
»Das ist morgen noch lange nicht weg«, sagte sie.
»Morgen ziehen wir um«, sagte Martin Klapp. In seiner Stimme lag etwas Quengeliges, und Frank glaubte zu wissen, warum. Er hätte gerne einmal deutlich festgestellt, daß es nicht seine Schuld war, daß Sibille neben ihm saß statt auf dem Sofa, aber das ging natürlich nicht.
»Und du ziehst jetzt bei denen ein, habe ich gehört?« sagte Sibille zu Frank.
»Woher weißt du das denn?« fragte Frank.
»Hat Martin mir eben erzählt, da vorne, am Tresen.«
»Soso!«
»Lohnt sich das denn, wenn du eh nur am Wochenende da bist?«
Frank reichte das jetzt. Er wollte, daß sie endlich wegging und sich neben Martin Klapp setzte, er war sich sicher, daß es nicht gut war, wenn sie dauernd mit ihm redete, er hatte Angst, daß Martin Klapp ihm das übelnahm, er kannte ihn gut, Martin Klapp nahm so etwas persönlich, und wenn er etwas persönlich nahm, dann gab es dabei keine Gerechtigkeit. Ich muß etwas tun, dachte er. Er brachte sich aus seiner lümmelnden Position in eine eher aufrecht sitzende und schaute sie direkt an.
»Eigentlich nicht«, sagte er so ätzend wie möglich. »Ich kann auch schön in der Kaserne bleiben, wenn ich will.«
Er wartete kurz, was sie jetzt sagen würde, aber sie sagte nichts, sie schaute ihn nur interessiert an.
»Da kriegt man auch immer schön was zu essen«, setzte Frank noch eins drauf. »Und zum Anziehen haben sie auch immer was da.«
Sie machte nicht den Eindruck, als fühlte sie sich angegriffen, sie schaute eher belustigt drein. Sie kann sich nicht vorstellen, daß man etwas gegen sie hat, dachte Frank, so klein wie sie ist, so selbstgerecht ist sie auch, dachte er.
»Ich mein ja bloß, da kriegt man doch auch nicht so viel Geld und so«, sagte sie.
»Nein, kriegt man nicht. Und was lernen wir daraus? Willst du mich jetzt an-agitieren für die SDAJ?«
»Ich finde die nicht mehr so gut«, sagte sie ernsthaft, »das ist schon lange her.«
»Das kann man wohl sagen, Sibille«, sagte Achim und lachte betrunken, »das kann man wohl sagen, daß das lange her ist, daß ich bei den Revis war!«
Ich muß noch einen drauflegen, dachte Frank. »Naja«, sagte er, »jedenfalls kriegt man beim Bund nicht so viel wie als Studentin von Papa!«
»Wie meinst du das?« fragte sie und schien ehrlich interessiert.
»Wie ich’s sage.«
»Ach so …«, sagte sie ironisch und trank etwas von ihrem Rotwein. Frank bemerkte, daß sie beim Trinken ihre Zunge in das Glas steckte. So etwas hatte er noch nie gesehen. Er hätte sie gerne gefragt, was das sollte, es kam ihm ziemlich albern vor, aber er wußte, daß es bei Martin Klapp nicht gut ankommen würde, wenn er jetzt mit ihr auch noch über solche Sachen redete. Aber man kann sich auch nicht
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