Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
Kellogg’s«, sagte er. »Scheiße, ja«, sagte Harry und nahm einen Schluck.
»Das ist Harry«, sagte Frank.
»Aha!« sagte Sibille sarkastisch.
»Willst du ein Bier?« fragte Martin Klapp Sibille. »Ich hol mir auch noch eins«, fügte er hastig hinzu.
»Ich nehm dann auch noch eins«, rief Harry. Dann fixierte er Sibille über den Tisch hinweg: »Man redet nicht über andere Leute in der dritten Person, und über mich schon gar nicht«, sagte er ernst. »Ist schlechtes Benehmen.« Er trank den Rest aus Achims Flachmann und gab ihn ihm wieder zurück. »Ist alle«, sagte er sinnlos. Frank fing langsam an, ihn zu mögen. Martin Klapp ging derweil los, was zu trinken zu holen.
»Mein Bier nicht vergessen«, rief Harry ihm nach. »Hab ihm vorhin auch eins gebracht«, sagte er zu Sibille, »gehört sich schließlich so.«
Sein Langzeitgedächtnis ist besser als sein Kurzzeitgedächtnis, dachte Frank versonnen und trank den Rest seines Rotweins in einem Schluck aus. Als er sich vorbeugte, um das Bier, das Harry ihm gebracht hatte, vom Tisch zu nehmen, nahm Sibille endlich ihre Hand von seinem Arm. Das wurde auch Zeit, dachte er und beschloß, sich zu betrinken. Es schien das einzige zu sein, zu dem dieser Abend noch gut war, und da er nicht viel vertrug, würde es auch nicht teuer werden.
»Was läuft denn bei euch sonst so?« fragte Harry heiter in die Runde. »Seid ihr alle Studenten?«
»Ich nicht, ich arbeite bei Kellogg’s«, sagte Achim.
»Ich bin beim Bund, Harry«, sagte Frank.
»Ach ja, wie läuft’s denn da immer so?«
»Genau! Wie war’s denn?« schloß sich Sibille an.
»Scheiße.«
»Wie, scheiße?«
»Naja, scheiße halt. Kann man nicht so erklären.« Frank hatte keine Lust, hier von Fahnenjunker Tietz und seinen Mitstreitern zu erzählen, sie würden es ja doch nicht verstehen, dachte er, hier draußen klingt das alles total idiotisch, wie soll man das hier erklären?
»Wenn man nicht da war, kann man sich das gar nicht vorstellen«, sprang ihm Achim bei. »Kann man sich einfach nicht vorstellen. Ist wie ‘n anderer Stern.«
»Also ich verstehe nicht, warum du nicht verweigert hast«, fing Sibille wieder an. Frank ging das ziemlich auf die Nerven.
»Hör auf mit dem Scheiß, wir sind hier nicht bei der SDAJ«, sagte er böse.
»Okay, okay«, sagte sie eingeschnappt. »Ich stör ja hier wohl nur.« Sie stand auf und verschwand im Dunkel der Kneipe.
»Wo geht die denn hin?« fragte Harry.
»Aufs Klo?« schlug Achim vor.
»So wie die gebaut ist, kann das nicht lange dauern«, sagte Harry. »Da paßt nicht viel rein. Die ist ja fast ‘n Zwerg.« Er lachte laut. Dann stand er auf und hob die Hand zum Abschied wie ein alter Indianer.
»Ich geh dann mal, Leute.«
»Alles klar, Harry«, sagte Frank.
»Das ist hier nichts für mich. Guckt euch mal an, wie das hier aussieht«, sagte Harry. »Das ist ja alles total verdreckt. Hier gibt’s ja nicht mal ‘n Billard oder ‘n Flipper. Hier kann man ja bloß rumsitzen und quatschen, Mann.«
»Tut mir leid, Harry«, sagte Frank.
»Das ist doch Studentenscheiße! Ich geh dann mal«, wiederholte Harry, »muß noch ein bißchen was tun.«
»Was machst du denn eigentlich immer so?« fragte Achim.
»Geht keinen was an«, sagte Harry und hielt Frank die ausgestreckte Hand hin.
»Mach’s gut, Frankie. Vielleicht sieht man sich mal wieder«, sagte er.
»Alles klar, Harry«, sagte Frank und nahm seine Hand. Harry drückte fest zu und sah ihm dabei in die Augen, das hatte etwas rührend Altmodisches, fand Frank. »Viel Glück beim Bund.«
»Danke, Harry.«
Harry ging, ohne sich noch einmal umzuschauen.
»Harald Klein«, sagte Achim. »Nicht zu fassen: Harald Klein.«
»Ja«, sagte Frank nachdenklich, »Harry …« Er wurde nicht schlau aus seinem ehemaligen Schulkameraden. Irgendwie mochte er ihn, aber es war trotzdem besser, daß er gegangen war. Bei Harry wußte man nie …
Sie saßen wieder einige Zeit schweigend herum, bis Martin Klapp mit dem Mädchen wiederkam.
»Ist Harry weg?«
»Ja.«
»Gottseidank.«
Sibille setzte sich wieder neben Frank in den Sessel, obwohl Martin Klapp versuchte, sie auf das Sofa zu steuern. Frank wäre das auch lieber gewesen, ihm war etwas nach Ruhe zumute.
Kaum saß sie wieder, beugte sie sich aber auch schon vor und legte wieder ihre Hand auf seinen Unterarm.
»Ist das ein Freund von dir?«
»Wer? Harry?«
»Ja, natürlich.«
»Wer so ‘ne Freunde hat, braucht keine Feinde mehr«, rief Martin
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