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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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jedenfalls, ich meine … «
    »Dann brauche ich Ihre Personalien auch«, sagte der Polizist.
    »Die gehören überhaupt nicht dazu«, sagte Achim. »Was wollen Sie denn mit dem seine Personalien?«
    »Wer hat Sie denn gefragt?« sagte der Polizist streng. Dann, nach einer kurzen Pause, fügte er in versöhnlicherem Tonfall, geradezu väterlich, hinzu: »Nun machen Sie keine Zicken, das ist ja nur für den Fall, daß da noch was kommt, wenn Sie eigentlich eine Genehmigung haben, können Sie die ja immer noch nachträglich vorzeigen.«
    »Die gehören nicht dazu«, sagte Achim störrisch.
    Der Polizist winkte ab. »Nun lassen Sie mal. Geben Sie mir einfach Ihre Ausweise, dann haben wir das gleich hinter uns.«
    Es entstand eine kurze, gespannte Stille. Keiner rührte sich. Schließlich warf Achim Frank, der nicht genau verstand, warum, einen wütenden Blick zu und holte seinen Ausweis aus der Hosentasche. Daraufhin taten Frank und Martin es ihm nach. Der Polizist nahm die drei Ausweise und begann, die Namen zu notieren.
    »Was gibt’s denn hier zu gucken?« fragte sein Kollege einige Passanten, die jetzt um sie herum stehengeblieben waren. Weiter hinten sah Frank Frau Koopmann, die Nachbarin seiner Eltern. Auch das noch, dachte er. Dann half er Achim, der schon damit angefangen hatte, beim Einpacken seiner Sachen.
    »Früher hätte man ordentlich Stunk gemacht«, sagte Martin Klapp. »Zwei, drei Genossen, zwei Bullen, richtig mit Agitation und Rumbrüllen und so, Solidarisierungen, Ringkämpfe um das Transparent, Schlägerei, Aufwiegelung der werktätigen Massen, der ganze Kram!«
    »Halt doch die Schnauze«, sagte Achim. Sie saßen im Vahraonenkeller. Achims Kram hatten sie oben im Treppenhaus gelassen. »Das klaut schon keiner«, hatte Achim resigniert gesagt, »so wies aussieht, würde das noch nicht mal einer klauen!«
    »Halt endlich die Klappe«, sagte er jetzt. »Das ist schon alles schlimm genug, allein am Stand, und die Arschlöcher tun die Genehmigung nicht in den Karton, was habe ich damit zu tun, ich gehöre nicht mal mehr zur Zelle Vahr, die gibt’s gar nicht mehr, und du brauchst überhaupt nichts zu erzählen, du bist ausgetreten.«
    »Früher hätte man auch allein ein bißchen Stunk gemacht.«
    »Aber nicht, wenn man zwei Deppen wie euch dabeihat, die auch noch sagen, daß sie dazugehören. Bei dir war’s mir ja egal, Martin, aber wenn Frank Ärger mit den Bullen kriegt, dann kriegt er doppelt Ärger.«
    »Wieso das denn?«
    »Weil er beim Bund ist, du Heini. Du hast doch überhaupt keine Ahnung.«
    Achim zog einen kleinen Flachmann aus seiner Hosentasche und goß sich unter dem Tisch davon etwas in seinen Tee.
    »Ist das nicht ein bißchen früh dafür?« fragte Martin.
    »Ach Scheiße … Was macht ihr überhaupt hier?«
    Frank erzählte ihm von seinem Problem mit Pionier Rein-both und der Stellungnahme für den Kompaniechef.
    »Deshalb seid ihr hier extra rausgefahren?«
    »Das ist wichtig«, sagte Frank.
    »Aha …« Achim dachte kurz nach. »Und der wollte nichts sagen? Gar nichts?«
    »Nichts. Das ist es ja. Ich weiß überhaupt nicht, was ich schreiben soll!«
    »Hm …« Achim dachte wieder nach und grinste dann. »Dann muß man das dialektisch machen«, sagte er.
    »Was soll denn das heißen, dialektisch machen?« sagte Frank.
    »Er will wissen, was das heißen soll!« sagte Achim amüsiert zu Martin Klapp.
    »Ja, will er wissen!« sagte Frank, der langsam sauer wurde.
    »Das läßt du dir am besten von Achim zeigen, Achim versteht da am besten was von«, sagte Martin Klapp. »Er ist der absolute Oberdialektiker, das war schon immer so.«
    »Hör nicht auf ihn«, sagte Achim. »Wenn es nur Leute wie Martin gäbe, und wie Ralf, der ist auch so einer, dann könnte man die Revolution gleich vergessen.«
    »Muß man wohl«, sagte Martin Klapp gallig. »Muß man wohl vergessen, wenn nur so Leute wie du dabei sind.«
    Dann schwiegen alle drei, die Stimmung war plötzlich schlecht.
    »Muß man wohl«, wiederholte Martin Klapp schließlich trotzig.
    »Ach Scheiße«, sagte Achim. Und nach einer weiteren Schweigepause: »Und was dann?«
    Frank, dem die Revolution noch nie viel bedeutet hatte, suchte nach einer Möglichkeit, das Thema zu wechseln.
    »Was passiert eigentlich mit den Sachen da oben?« fragte er.
    »Die will um eins einer abholen«, sagte Achim und nahm ohne Scheu einen Schluck direkt aus dem Flachmann. »Irgendeiner mit Auto. Der wird sich schön wundern, wenn da keiner steht. Wieso?

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