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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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dabei am Fuß.
    »Wie jetzt?« sagte Frank.
    »Ob ihr da auch noch richtig schießt?«
    »Was hast du denn dauernd mit deinem Schießen?« sagte Frank.
    »Naja, ich will ja bloß wissen, ob ihr da auch noch mal richtig schießt.«
    »Ja sicher, die reden da von nichts anderem, genau wie du«, sagte Frank, denn so war es tatsächlich, seit sie das Gewehr das erste Mal in der Hand gehalten hatten, hatten die Fahnenjunker nicht mehr aufgehört davon zu reden, daß bald der große Tag käme, an dem sie das erste Mal scharfe Munition bekommen würden.
    »Und das findest du in Ordnung?«
    »Bis jetzt ist noch kein Schaden entstanden«, sagte Frank lustlos, er konnte dem, was Sonja sagte, kaum noch folgen, weil er seit kurzem Birgits Hand an seinem Rücken spürte, die Hand war plötzlich dagewesen, wie zufällig, und sie bewegte sich nicht. Er war sich nicht sicher, wie er das interpretieren sollte, bewegte sich aber vorsichtshalber auch nicht. Vielleicht hat es ja was zu bedeuten, dachte er.
    »Darum geht’s doch gar nicht«, sagte Sonja. »Die Frage ist doch, wie man zu der Institution an sich steht, das ist doch die Frage.«
    »Ja, ja«, sagte Frank, »das ist sicher die Frage.«
    »Und wieso hast du das verpennt mit der Verweigerung?« fragte Birgit und bewegte ganz leicht ihre Hand hin und her.
    »Das ist eine gute Frage, warum verpennt man überhaupt irgend etwas?« sagte Frank fahrig. Er setzte sich etwas aufrechter, und Birgits Hand blieb dabei an ihm dran, sie bewegte sich einfach mit, wie festgeklebt. »Ich glaube, ich hole mir noch ein Bier«, sagte er, ihm war das alles nicht geheuer, am Ende versteht man wieder alles falsch, dachte er, und dann steht man wieder da wie ein Trottel, dachte er, denn er wußte, daß er garantiert etwas Unüberlegtes tun würde, wenn das hier noch lange so weiterging mit Birgit, wer rechnet denn mit sowas, dachte er. »Ich glaub, ich hol mir noch ein Bier«, wiederholte er und wollte aufstehen. Aber Birgit ließ ihn nicht.
    »Hier«, sagte sie und hielt ihm ihre Dose Bier hin. »Nimm die, ich hab auch noch mehr.« Sie deutete auf einen Beutel mit Fransen dran, der neben ihr lag und ordentlich ausgebeult war. Frank nahm einen Schluck und gab ihr ihre Dose wieder. Sie nahm sie einhändig zurück, mit der rechten Hand, in der sie auch eine Zigarette hielt, die linke Hand ließ sie an seinem Rücken und verkrallte sich damit an seinem Hemd. Frank blieb sitzen und fragte sie, ob sie für ihn auch eine Zigarette hätte.
    »Hier«, sagte sie und hielt ihm ihre Zigarette hin, »ich hab nur die.« Frank wollte die Zigarette nehmen, aber sie ließ das nicht zu, sondern hielt sie ihm vor den Mund, und er saugte daran, während sie mit einem Finger ihrer linken Hand seinen Rücken entlangfuhr. Er sah sie an, aber sie ließ sich nichts anmerken, es war, als hätte ihre Hand sich verselbständigt und mit dem Rest von ihr nichts zu tun.
    »Und worauf schießt ihr dann, wenn ihr schießt?« sagte Sonja, »auf so Zielscheiben oder Pappkameraden oder was?«
    »Keine Ahnung«, sagte Frank, »wir haben ja noch nicht geschossen. Woher soll ich denn das wissen?«
    »Das muß man doch wissen, das ist doch eine ernste Sache«, rief Sonja erregt, sie war nicht mehr ganz nüchtern, sie trank Rotwein aus einer Zweiliterflasche Demestica, und sie tat das so, daß dabei einiges auf ihre Kleider und die Reisstrohmatten ging.
    »Für die Pappkameraden sicher«, sagte Frank, der für seine eigene Nüchternheit auch nicht mehr garantieren konnte. Birgit fuhr mit allen Fingern der linken Hand sein Rückgrat entlang, ganz leicht, so daß er erschauderte. Ihm wurde das zuviel, das war ihm nicht geheuer, wahrscheinlich ist alles ein Irrtum, es ist ja überhaupt alles irgendwie ein Irrtum, dachte er und tischte ein Bier aus Birgits Teppichtasche und öffnete es so, daß dabei einiges über ihn und Birgit spritzte, die darauf nur lachte und ihn in den Rücken kniff, alles nur ein Irrtum, und wie leicht macht man sich zum Obst, dachte er, vor allem mit Sibille dabei, besonders mit Sibille, dachte er, denn Sibille würde seiner Meinung nach besser daran tun, sich mit Martin Klapp zu unterhalten, statt ihn und Birgit aus den Augenwinkeln zu beobachten, denn das tat sie, sie beobachtete sie aufmerksam, während sie im Schneidersitz vor ihnen auf diese seltsame Art, mit der Zunge im Glas, ihren Rotwein trank. Birgit nahm plötzlich ihre Hand von seinem Rücken weg und begann, sich eine Zigarette zu drehen. Frank nahm das

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