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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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Frank, dem jetzt alles egal war, ihn an, und tatsächlich sprang der andere sofort von seinem Stuhl auf und ging in eine andere Ecke des Raumes, wo er sich auf einem Bett niederließ und endlich weiterputzte.
    »Entschuldigung, es ist nur, weil ich mal eben …«, sagte Frank, dem das jetzt doch unangenehm war, entschuldigend, ich hätte nicht so hart mit ihm reden sollen, dachte er, so also ist das, wenn man hier was zu sagen hat, dachte er, »es ist ja nur, weil ich mal …«, sagte er und wußte nicht mehr, wie er den Satz fortführen sollte, es hörte auch keiner mehr zu, alle begannen jetzt wieder ihre Schuhe zu putzen, scheiß drauf, dachte er und setzte sich einfach auf den Stuhl. Sie waren jetzt am Fenster einigermaßen unter sich, Reinboth und er, und Frank senkte die Stimme, als er zu ihm sprach.
    »Hör mal«, sagte er, »wenn ich das richtig verstanden habe, bist du am Montag nicht zurückgekommen.«
    Reinboth nickte.
    »Und dann haben sie dich mit den Feldjägern abgeholt.«
    Reinboth nickte.
    »Naja«, sagte Frank, »die werden dir irgendwas aufbrummen, und der Hauptmann will, daß ich eine Stellungnahme schreibe, irgendwas zur Erklärung und mit mildernden Umständen und so, das wäre schon gut, ich meine, vielleicht kommt das dann nicht so dicke und so.« Ich rede wie ein verdammter Schülervertreter, dachte er.
    »Zu Hause«, sagte Reinboth, und lächelte seltsam.
    »Wie, zu Hause?«
    »Die haben mich zu Hause abgeholt. Standen vor der Tür.«
    »Ja und?«
    »Nichts.«
    Frank fragte sich, ob der Mann ganz bei Trost war. Leider bin ich kein Psychiater, dachte er, um sich selbst aufzuheitern, sonst könnte ich auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren.
    »Warum bist du denn nicht zurückgekommen?« fragte er.
    Statt zu antworten begann Reinboth wieder, seine Schuhe zu putzen.
    »He«, sagte Frank und drehte den Kopf nach unten, um den Blick des Mannes zu finden. »Warum?«
    »Ist meine Sache. Geht keinen was an«, sagte Reinboth und putzte immer weiter. Es war überhaupt keine Schuhcreme mehr auf dem Lappen, sah Frank. Er nahm die Schuhcreme vom Boden auf und hielt sie ihm hin.
    »Hier«, sagte er, »sonst bringt das nichts.«
    Reinboth nahm die Schuhcremedose aus seiner Hand und starrte hinein, als ob es darin etwas zu lesen gab.
    »Ich muß doch irgendwas schreiben«, sagte Frank. »Irgendwas, das ein bißchen abmildernd wirkt, irgendein Kram, es muß ja nicht gleich die Wahrheit sein, da kann man sich ja auch was ausdenken.«
    Reinboth sah ihn nun wieder an. Er ist ein Schaf, dachte Frank, er ist genau die Art Typ, die in der Neuen Vahr Süd von den Harrys immer was auf die Schnauze gekriegt hat, dachte er.
    »Ist mir doch egal.«
    »Du mußt doch irgendwelche Gründe gehabt haben«, versuchte es Frank noch einmal. »Man geht doch nicht erst zum Bund und bleibt dann einfach weg, das ist doch klar, daß die einen dann schnappen, jedenfalls, wenn man zu Hause bleibt.«
    »Was geht’s dich an?«
    »Mich? Gar nichts. Blöderweise bin ich Vertrauensmann, und der Vertrauensmann muß gehört werden, bevor Diszi-plinarmaßnahmen …«, ich höre mich an wie ein verdammter Offizier, dachte Frank, »… und so!« brach er den albernen Satz ab und dachte: Bloß raus hier.
    »Ist mir doch egal. Ich will deine Hilfe nicht.« »Mann, die stecken dich in den Knast oder was«, sagte Frank.
    »Ist mir doch egal.«
    Frank sah auf und erwischte die anderen dabei, daß sie ihn wieder anstarrten. Sofort putzten sie wieder ihre Schuhe.
    »Na gut«, sagte er und stand auf. »Mal sehen, ich schreib einfach irgendwas.«
    In diesem Moment kam der kleine dicke Unteroffizier wieder rein. Frank sah zu, daß er hier wegkam.
    »Sag bloß keiner Achtung, wenn ich reinkomme, sag bloß keiner Achtung«, hörte er im Flur den Unteroffizier brüllen.
    Geschieht ihnen recht, dachte Frank grimmig. Am Ende des Flurs schaute er sich noch einmal um. Er wußte plötzlich, woran ihn das alles erinnerte: an einen Besuch im Krankenhaus. Man geht nicht gerne hin und ist auch immer froh, wenn man wieder raus ist, dachte er und ging die Treppe hinauf zu seinen Kameraden vom 3. Zug.
14. TAPETENTISCH
    »Das ist ein verdammtes Problem«, sagte Martin Klapp. Er hockte mit einem Quast in der Hand auf dem Boden im Flur der neuen Wohnung und kleisterte eine Rauhfasertapete ein, daß es nur so spritzte. »Aber wenn der Kerl nichts sagen will, dann scheiß doch einfach drauf.« Er stand auf und betrachtete die Tapetenbahn. »Das wäre dann der Anfang einer

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