Neue Zeit und Welt
erwiderte Josh leise und rückte bewusst den Helm zurecht, den Kshro für ihn gefunden hatte. »Ich bin nicht mehr in Gefahr, und wir sind alle hier und haben vieles gelernt. Du brauchst dich nicht weiter für das zu bestrafen, was du dir selbst angetan hast.«
Jasmine dachte bei sich: Er ist zum Mann geworden, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Beauty sah ihr an, was durch ihren Kopf ging, und nickte bestätigend. Sie lächelten einander verstohlen an – denn sie waren sich in den vergangenen Wochen sehr nahe gekommen … wartend auf diesen Abend, obwohl das keiner hatte wissen können. Schließlich erzählte Josh ausführlich von seinen unglaublichen Abenteuern, von den Anfällen, der Königin, den Selkies, der Stadt unter dem Meer.
Was sie wieder zu diesem Augenblick führte. Sie standen alle auf und umarmten sich wild durcheinander, durch die Macht ihrer Liebe zu einer Einheit zusammengeschweißt.
Sie schworen sich in dieser Nacht, auch bei ihren Bemühungen zusammen zu helfen und ein Ende mit dieser abnormen und widerlichen Königin zu machen, die um jeden Preis die menschliche Rasse vernichten zu wollen schien.
Die Höhlen wurden einen Augenblick dunkler und versuchten das Licht in ihren Augen auszulöschen, aber das Leuchten war zu stark, und am Ende konnten die Höhlen nur in sich selbst zurückkehren, um Dunkelheit zu finden.
Das Kind saß auf dem Thron und ließ den Blick durch sein Gemach gleiten. Neben dem Mädchen saß Isis, sphinxgleich, die Augen geschlitzt. Vor dem Mädchen standen alle ENGEL, Vampirhauptleute, Neuromensch-Taktiker und -Anführer, aus denen sich der Führungskreis der Festung und der ganzen Stadt ohne Namen zusammensetzte.
Das Kind war in der einen kurzen Woche seines Daseins schon gewachsen und verändert. Der Schwanz war länger, Hände und Füße wirkten krallenartiger. Sie war fünfzehn Zentimeter größer, und der Kopf hatte menschenähnlichere Züge angenommen, wenn auch die Nase schnabelartig blieb. Das Gesicht hatte sogar einen gewissen Reiz gewonnen, und die flammenden Muttermale an den Schläfen waren zu sanftem Weinrot verblasst, einem Rot, dem ihre spiegelnden Augen entsprachen.
Sie sprach mit Kinderstimme zu den versammelten Untergebenen, aber ihre Betonung klang oft merkwürdig. Manchmal schienen geradezu tierische Laute zu entstehen. Und in Abständen erfuhr ein Wort starke Betonung, als sollte es telepathisch den Hörern eingeprägt werden.
»Ich bin eure neue Herrscherin. Eure Königin, meine Mutter, ist rot. Jetzt stehen die Dinge anders. Ihr werdet meiner Herrschaft gehorchen.«
Es herrschte völlige Stille. Einige Vampire sahen einander an. Elspeth, die hinter Fleur stand, starrte grimmig auf den Thron. Isis gähnte. Leises Gemurmel zog durch den Raum und verstummte an den Wänden. Osi schloss die Augen, um sich zu konzentrieren. Ugo und ein anderer Vampir flüsterten kurz miteinander.
Ninjus trat vor und sprach mit lauter, kühner Stimme.
»Ich sage, die Königin ist tot. Ich sage, lang lebe die Königin.« Er sank auf ein Knie und entblößte vor der kindlichen Monarchin den Hals.
Sie hatte keine Augenlider, diese Vogelkind-Königin. Und da ihre Augen burgunderrote spiegelnde Scheiben waren, sah sich ein Wesen jedes Mal, wenn sie den Kopf drehte und es anstarrte, widergespiegelt.
Ihr Blick zuckte im Raum hin und her, die kurzen, ruckhaften Kopfbewegungen eines Raben. Die Stille im Zimmer wurde zu einer Trance – wie ein uralter Magus konnte das Kind hypnotisieren, in Tiefen vorstoßen, unterschwellig befehlen. Es gab niemanden, der die Macht nicht zumindest spürte. Manche überließen sich ihr ohne Widerstand, andere lehnten sich auf, einige zerbrachen darunter. Bis sie mit ihrer Anfangsprüfung fertig wurde, waren sechs ENGEL und vier Vampire hinausgestürzt – bleich, schwitzend, voller Entsetzen.
»Keine Angst«, sagte die neue Königin zu denen, die noch vor ihr standen. »Diese hatten schlechte Gedanken. Schlechte Gedanken. Sie werden getötet. Schlechte Gedanken töten.«
Die Neurowesen und Vampire, die standgehalten hatten, entblößten gleichzeitig ihre Hälse.
»Lang lebe die Königin!« riefen sie.
»Gut«, sagte sie zu ihnen. »Jetzt verlasst mich. Wenn ihr euch mir nicht anschließen wollt, dann verlasst die Stadt, bevor ich einen schlechten Gedanken von euch höre. Ich mag schlechte Gedanken nicht.« Sie schwieg einen Augenblick. Niemand regte sich. Plötzlich kreischte sie: »Ich sagte, ihr sollt gehen!«
Man drängte
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