Neues Glück für Gisela
Hand von Willi und Rolfs kleine, magere. Gisela konnte plötzlich nicht mehr singen, es wurde ihr eng im Hals. Sie dachte, gerade so muß es sein, wenn man mit seinem Mann und seinem Kind um den Weihnachtsbaum geht.
„Ach, Willi, guck doch, das neue Buch ist für mich allein! Und das ist neu, ganz neu!“
„Tante Gigi, das ist ja ein Teddybär, ist der bloß für mich, Tante? Für mich allein?“
„Sieh mal, das Mensch-ärgere-Dich-nicht-Spiel! Ach, da sind ja auch Würfel, du, das ist ja alles ganz neu…“
„Ganz neu“, ja, das war es, was ihnen am meisten imponierte. Zum ersten Male bekamen diese Kinder Geschenke, die nicht von einer Wohltätigkeitssammlung stammten, sondern neu und fleckenlos waren, direkt aus einem Laden.
Das Wohnzimmer war ein Wirrwarr von Spielzeug, Büchern, zerknülltem Einwickelpapier. Die Jungen redeten wild durcheinander, gestikulierten. Mechanische Autos wurden aufgezogen, die Spiele studiert, in Büchern geblättert, Spieltieren auf den Bauch gedrückt, bis sie brummten. Und mittendrin stand Gisela mit glühenden Wangen und fühlte das Glück in sich, ganz groß und warm.
Tante Marthe war glücklich über ihre warme Strickjacke und die Köchin über die feinen Strumpfhosen.
Dann wandte sich Gisela zu Willi: „Nun kommt noch der größte Junge dran.“
Da beugte sich Willi nieder und holte ein viereckiges Paket hinter einem Schrank hervor.
„Und dies hier für das größte Mädchen“, antwortete Willi. „Hier, bitte, Gisela, das ist selbstgearbeitet.“
„Dies hier auch, Willi.“
So stand Willi da, mit Giselas selbstgestricktem Pulli in der Hand, während Gisela mit zitternden Händen ein reizendes spritzlackiertes Nähkästchen auspackte.
„Hast du das wirklich selbst gemacht, Willi?“
„Nun ja, das habe ich.“
„Ach, Willi, das freut mich riesig.“
„Ich freue mich auch sehr. Tausend Dank, Gisela. Und den hast du wirklich selber…?“
„Klar habe ich das!“ Sie standen einander gegenüber mit strahlenden Augen und glücklich wie zwei Kinder.
Es entstand eine gewisse Unruhe unter den größeren Jungen. Jörgen und noch ein paar andere schlichen sich hinaus. Etwas später hörte man draußen vor der Tür Wispern und Lärm, dann flog sie auf, und herein marschierte eine feierliche Prozession, die etwas vor sich herschob: einen kleinen Teewagen auf Gummirädern.
Es wurde still. Alle sahen der Prozession entgegen. Es war klar, dies bedeutete den Höhepunkt des Abends. Jörgen räusperte sich einleitend.
„Wir wollten gern… wir haben… wir dachten…“, da stockte er, wurde rot, warf einen Blick auf Willi und schob den Teewagen vor Gisela.
„Hier bitte, der ist von uns allen zusammen, wir haben ihn selber gemacht. Und Willi hat die Arbeitsvorlage gezeichnet!“
Gisela sah auf den Teewagen, auf die Jungen, ihre erwartungsvollen, frohen Bubengesichter, und der Knödel im Hals wurde immer aufsässiger.
„Ihr lieben Jungen – meine lieben Jungen…“ Willi rettete die Lage.
„Ich glaube fast, der Teewagen wird gleich mit Salzwasser getauft“, sagte er, und seine Stimme war sanft und mild. Er lachte und wischte die paar Tränen, die auf die polierte Fläche gefallen waren, fort – die Jungen standen glücklich und stolz um Gisela herum, als sie ihr Werk bewunderte. Dann stellten sie den Teewagen auf den Kopf und zeigten ihr die auf der Unterseite eingebrannten Namenszüge all derer, die daran mitgearbeitet hatten.
„Denn so einen hast du doch noch nicht, oder?“ fragte Rolf gespannt.
„Nein, ganz gewiß nicht, und ich kann ihn so gut brauchen, habe mir immer schon so einen gewünscht. Aber daß ich einen in Spezialanfertigung kriegen würde, bloß für mich gemacht, das hätte ich doch nie geträumt.“
„Denn weißt du, als ich damals in deiner Wohnung war, habe ich mich umgesehen, ob du einen hast, aber da war keiner.“
Gisela saß ganz still und strich mit den Händen liebkosend über die glatte Fläche des Teewagens.
„Ihr Lieben, alle miteinander, ihr habt mir eine so große Freude gemacht.“
Als Tante Marthe hereinkam mit einem gestickten Deckchen für den Teewagen, fingen die Danksagungen erneut an. Und in dieser Stimmung der Harmonie, der Freude und gegenseitigen Dankbarkeit ging der Abend weiter. Alles war neu, strahlend und wunderbar für die Jungen. Zum ersten Male in ihrem Leben bekamen sie Truthahn als Weihnachtsmahl. Zum ersten Male Dosenpfirsich und Ananas. Da saßen die achtundzwanzig Jungen und machten
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