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Neues Glück für Gisela

Neues Glück für Gisela

Titel: Neues Glück für Gisela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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war.
    „Bedeutet das, daß du und Schwester Ruth hinter meinem Rücken Abmachungen trefft?“
    „Ja, aber, Willi, das ist doch nur eine Kleinigkeit…“
    „Ja, danke, diesmal ist es nur eine Kleinigkeit, aber was wird es das nächste Mal sein. Ich will mir ein für allemal verbeten haben, daß du anfängst auf Siebeneichen über meinen Kopf hinweg Bestimmungen zu treffen. Du kannst dir nicht alles erlauben, bloß weil du…“, er brach plötzlich ab und biß sich auf die Lippe. Aber er hatte schon zuviel gesagt, Gisela wußte, was die unausgesprochenen Worte bedeuteten: Weil du uns mit Geschenken überschüttest…
    Ihr Mund bebte, als sie antwortete: „Es tut mir schrecklich leid, daß du es so auslegst, Willi. Außerdem war es durchaus nicht meine Absicht und die Schwester Ruths ebensowenig, hinter deinem Rücken Beschlüsse zu fassen. Schwester Ruth wollte dich nur nicht bitten, freizubekommen, bevor sie eine Stellvertreterin hatte.“
    „Schwester Ruth hat mir gegenüber überhaupt nichts erwähnt.“
    „Es ist auch erst knapp eine Stunde her, seit sie mich fragte. Sie ist doch heute in der Stadt, Willi. Sie würde dich natürlich morgen früh gefragt haben.“
    „Aber jedenfalls hätte sie es mir überlassen können, wen ich zu ihrer Stellvertreterin bestimme.“
    Seine Stimme war jetzt ruhiger. Gisela richtete ihre Augen auf ihn, und sie waren randvoll mit Enttäuschung.
    „Entschuldige, Willi, es war wohl eingebildet von mir, zu glauben, daß du mich dazu haben wolltest. Ich… ich hatte so große Lust dazu.“
    Willis Gesicht wurde flammend rot. Er wartete ein wenig, nahm gewissermaßen einen Anlauf, dann brach es aus ihm heraus.
    „Natürlich will ich gern dich haben. Und du bist diejenige, die verzeihen muß, Gisela. Ich bin ein Biest. Natürlich würde ich ja gesagt haben, wenn mich Schwester Ruth gefragt hätte. Ich hätte mit Freuden ja gesagt. Es ist bloß, daß ich finde, wir belasten dich zuviel, Gisela.“
    Da leuchtete ihr Gesicht wieder auf. „Ach, Willi, was für einen Quatsch du verzapfst! Es ist doch das Netteste, das ich kenne, bei den Kleinen zu sein. Und es gibt keinen Platz auf der Welt, wo ich mich so wohl fühle wie hier.“
    Er sah sie an, war nun ruhig, aber seine Augen waren durchaus nicht froh. „Übertreibst du nicht? Denke doch an all die herrlichen Orte, an denen du gewesen bist, Riviera, Paris, London, Hamburg, München, Berlin, an die Luxushotels, Gisela. Erster-Klasse-Wagen; elegante Restaurants… und denke an dein eigenes Heim in Ravensund. Willst du nicht zugeben, daß du übertreibst?“
    „Nein!“ Sie schrie es fast heraus. „Was bedeuten Luxushotels im Vergleich zu einem Haus voll lebendiger Menschen? Was bedeuten Reisen im Vergleich dazu, Kindern, die Hilfe und Liebe brauchen, etwas zu sein? Kleinen Menschenkindern, die von einem, von uns Erwachsenen abhängig sind? Ach Gott, Willi, verdirb mir doch nicht diese Freude.“
    Auf einmal nahm er ihre beiden Hände und drückte sie so hart, daß es weh tat. „Verzeih mir, Gisela. Ich bin gemein gewesen. Ich verdiene eine Ohrfeige!“
    „Die sollst du bekommen.“
    Sie hob ihre Hand und strich ihm über die Wange – wortlos und sanft. Es war, als zögerte ihre Hand, als wolle sie diese Sekunde in die Länge ziehen.
    Dann glitt sie lautlos durch die Tür. Willi blieb stehen, ohne sich zu bewegen. Seine Augen waren geschlossen und um seinen Mund lag ein Ausdruck von Schmerz.

Ein unvergeßlicher Weihnachtsabend
     
     
    Gisela war allein in dem großen Wohnzimmer auf Siebeneichen.
    Sie hatte die Tür verschlossen und war absolut taub gegen alles Rufen und alles Türklopfen von draußen. Mit glänzenden Augen und leise vor sich hinsummend pusselte sie herum und machte alles instand für das abendliche Fest. Denn jetzt war es Vormittag des Weihnachtsfestes.
    Der große Weihnachtsbaum hatte seinen Platz mitten auf dem Fußboden bekommen. Die Möbel waren zur Seite gerückt, längs an die Wand. Und überall schmückte Gisela mit Stechpalmen und Tannenzweigen. In die Türöffnung kamen rote schimmernde Weihnachtsglocken und unter die Decke glitzernde Girlanden. Gisela kletterte auf der Leiter herum, nahm da Maß und hing dort etwas auf, und die ganze Zeit schlug ihr Herz vor Freude. So eine Weihnachtsstimmung wie heute hatte sie noch nie erlebt. An der Spitze des Baumes funkelte ein Stern, und ein Geriesel von Silberkugeln und Schnee glitzerte auf den Zweigen. Die elektrische Christbaumbeleuchtung war angebracht.

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