Neues Vom Watership Down
Gang zu bringen, doch der lendri schwieg nur oder hörte gar nicht zu. Ihre Wachsamkeit ließ nach, sie wurden langsamer und unempfänglicher für die zahllosen Signale, die gesunde Kaninchen fortwährend vom Wind, von Gerüchen, Geräuschen und Bewegungen ringsum empfangen.
Eines naßkalten Morgens, als sie beide nach einer langen Nacht mit vielen Wurmlieferungen völlig erschöpft waren, fragte Rabscuttle: »Meister, glaubst du nicht, wir könnten den lendri dazu bringen, uns zu sagen, wann er uns gehen läßt und uns durch den Wald führt? Ich weiß nämlich nicht, wie lange ich das noch aushalten kann, und du siehst auch nicht mehr so gut aus, und riechen tust du auch ziemlich schlecht.«
El-ahrairah nahm all seinen Mut zusammen und fragte den lendri in dieser Nacht, aber die einzige Antwort war: »Wenn ich dazu bereit bin. Arbeitet mehr, und dann könnte ich es einmal erwägen.«
Eines Nachts trafen sie einen Hasen im Feld. Nach den üblichen verletzenden Ausdrücken der Verachtung sagte er: »Warum ihr das macht, kann ich mir nicht vorstellen und auch niemand sonst.« El-ahrairah erklärte ihm den Grund. »Glaubt ihr denn im Ernst, der lendri ließe euch gehen und würde euch zu eurem Heimweg verhelfen?« fragte der Hase. »Natürlich nicht. Der behält euch einfach und läßt euch arbeiten, bis ihr tot umfallt oder weglauft.«
Das stürzte El-ahrairah in tiefe Verzweiflung. Doch ohne daß sie es wußten war Frith der Herr seinen treuen Kaninchen näher, als sie glaubten.
Ein paar Nächte später gruben sie in der Nähe vom Dachsbau nach Würmern. Da bemerkte Rabscuttle eine Stelle, wo der Boden vor kurzem bewegt worden war. »Komm mal her, Meister«, sagte er, »und sieh dir diese lockere Erde an. Das ist noch nicht lange umgegraben worden. Das war kürzlich hier noch nicht so. Gute Stelle für Würmer jetzt, was meinst du?«
Sie gruben in der lockeren Erde. Sie waren noch nicht tief gekommen, als El-ahrairah innehielt, schnüffelte und zögerte. »Komm mal her, Rabscuttle, und sag mir, was du davon hältst.«
Rabscuttle schnüffelte auch. »Da ist was vergraben worden, Meister, noch nicht lange her. Etwas Lebendiges war das, ist aber jetzt nicht mehr lebendig. Sollen wir's lieber in Ruhe lassen?«
»Nein«, antwortete El-ahrairah. »Wir machen weiter.«
Sie gruben tiefer. »Meister, da ist eine Hand. Die Hand eines Menschen.«
»Ja«, sagte El-ahrairah, »die Hand einer Frau. Und wenn mich nicht alles täuscht, liegt der ganze Körper hier. Sonst würde es nicht so stark riechen.«
»Dann lassen wir's lieber in Ruhe, Meister.«
»Nein«, sagte El-ahrairah. »Wir wollen noch mehr ausgraben.«
In der Stille der Nacht gruben sie weiter, bis es nicht mehr zu übersehen war, daß ein menschlicher Körper hier begraben lag.
»Ein bißchen Erde wollen wir noch darüber lassen«, sagte El-ahrairah, »und dann weitergehen und irgendwo anders nach Futter suchen. Menschen sollten die Leiche finden, und zwar bald!«
Es dauerte jedoch noch zwei Tage, bis ein Mann am Waldrand vorbeischlenderte; er trug schwere Stiefel und hatte ein Gewehr dabei. Die Kaninchen beobachteten ihn vom Ausgang des Dachsbaus und sahen, wie ihm der umgegrabene Boden auffiel, wie er anhielt, um sich die Sache genauer anzusehen und dann etwas Erde wegkickte. Sobald er sich vergewissert hatte, was da lag, markierte er die Stelle mit einem abgebrochenen Zweig und rannte mit seinem Gewehr und seinen plumpen Stiefeln fort, so schnell er konnte.
»Das melden wir jetzt dem lendri « , sagte El-ahrairah.
Nach ihrem Bericht kam der lendri mit zum Bau-Ausgang. Sie brauchten nicht lange zu warten. Ein hrududu voller Männer fuhr heran und hielt in der Nähe. Die Männer stiegen ab und steckten die Stelle mit Pfosten ab, die ein blauweißes Band verband. Danach kamen noch mehr Männer, bis es schien, daß die Stelle von Männern wimmelte, die laut miteinander sprachen.
Der lendri , sichtbarlich in Angst, machte kehrt und lief so schnell wie möglich in den Tunnel zurück. Die beiden Kaninchen folgten ihm.
»Wir müssen unbedingt hinter ihm bleiben«, keuchte Elahrairah, »wo er auch hingeht.«
Schwankend und stolpernd folgten sie dem lendri durch einen Seitengang, wo sie noch nie gewesen waren und der auch längere Zeit nicht benutzt worden zu sein schien; an manchen Stellen war er teilweise blockiert durch herabgefallene Erde, die der lendri mit mächtigen Hieben seiner Pfoten beiseite oder hinter sich warf. Die Kaninchen wurden mit Erde
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