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Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity

Titel: Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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Ich war nicht nach Shore House gekommen, um sie zu bedienen. Sie hatten meine Dienste nicht angeheuert, sondern ihr Bruder, und mir war recht schnell klar geworden, dass ihnen meine Anwesenheit nicht recht war. Nicht zuletzt deswegen war mir eine große Last von der Seele gefallen, als Lefebre mir eröffnet hatte, dass er gedachte, um Bens Entsendung hierher nachzusuchen.
    Nicht sämtliche Last jedoch. Meine Hauptsorge galt Lucy Craven, als deren Gesellschafterin ich hierhergekommen war. Das Laudanum, das die Haushälterin ihr verabreicht hatte, bedeutete, dass ich sie wohl für den Rest des Tages nicht mehr zu Gesicht bekommen würde. Ich hielt mich von den beiden Schwestern fern, mit Ausnahme des Mittagessens, einer trostlosen Angelegenheit aus kaltem Lammhackbratenund Salzkartoffeln. Die Küche war offensichtlich in einiger Unordnung. Gosling hatte wohl den Koch und die Mägde vernommen. Das Abendessen war ein wenig besser, mit einem Pudding aus klumpigem Grieß und gedünsteten Pflaumen. Ich war froh gewesen, dass ich mich frühzeitig zurückziehen und schlafen gehen konnte.
    An diesem Punkt setzte ich meine Erzählung für Ben fort. Ich hatte nicht schlafen können. Ich warf mich eine Weile unruhig auf meinem Bett hin und her, während die Erinnerung an das Gesehene vor meinen Augen tanzte. Schließlich stand ich resignierend auf, warf mir einen Schal um die Schultern und ging, um mich ans offene Fenster zu setzen, in der Hoffnung, die nächtliche Brise und das beruhigende Geplätscher des Wassers an den Strand würden helfen.
    Der Garten lag in Dunkelheit. Ich konnte nicht anders, als mich an die beiden mysteriösen Gestalten zu erinnern, die ich in der Nacht meiner Ankunft gesehen und deren geflüsterte Unterhaltung ich gehört hatte.
    »Davon hast du mir überhaupt nichts geschrieben«, unterbrach mich Ben, als er dies hörte.
    »Ich hatte meinen Brief bereits beendet und versiegelt. Abgesehen davon wusste ich nicht, dass es wichtig ist. Vielleicht ist es ja gar nicht wichtig«, verteidigte ich mich.
    Ben stieß einen Seufzer aus. »Fahr bitte fort.«
    Ein wenig gereizt setzte ich meinen Bericht fort, indem ich beschrieb, wie ich das Fenster weiter geöffnet und mich hinausgebeugt hatte. Der unverwechselbare Geruch von Seeluft war mir in die Nase gestiegen. Die Flut hatte eingesetzt, und das Wasser stieg sehr rasch. Der Mond glitzerte auf den heranrollenden Wellen. Eine Eule war vorbeigerauscht auf dem Weg zur Jagd und hatte mir einen gehörigen Schrecken versetzt.
    (An diesem Punkt wurde Ben zunehmend unruhig, und mir wurde bewusst, dass die Eule für ihn als »Landschaftsbeschreibung« zählte.)
    Ich hatte den Kopf gerade wieder einziehen wollen, als ich unten, am Strand zu meiner Linken, ein flackerndes Licht entdeckt hatte. Esentstammte keiner Laterne – das wäre ein stetiger Lichtpunkt gewesen. Es war vielmehr ein tanzender, erratischer Schimmer, der heller und dunkler wurde, der sich in die Höhe schwang und wieder nach unten sank. Dann stieg mir ein neuer Geruch in die Nase. Rauch. Unten am Strand brannte ein Feuer. Mein Blick auf das Feuer wurde kurz versperrt, als eine dunkle Gestalt davor herging. Dann ein zweites Mal. Jemand war dort unten, ganz ohne Zweifel, und bewegte sich um das Feuer herum. Wenn es ein Vagabund war, der dort unten sein Lager aufgeschlagen hatte, dann würde er jetzt feststellen, dass die hereinkommende Flut den ganzen Strand überspülte. Vielleicht war er fremd an diesem Küstenstrich.
    Ich kehrte mit neuen Gedanken im Kopf in mein Bett zurück. Das offene, freie Land der Heide und die angrenzende Landwirtschaft, die so leer ausgesehen hatten, als wir im Einspänner hindurchgefahren waren, war in Wirklichkeit voll mit einer unsichtbaren nomadischen Bevölkerung, Tag und Nacht. Da waren zum einen diejenigen, die zu arm waren, um sich ein Transportmittel oder auch nur den Preis eines Bettes in einem Gasthof zu leisten, und die gezwungen waren, ihre Ziele zu Fuß zu erreichen und von Ort zu Ort zu ziehen, um ihre Fähigkeiten oder ihr Geschick zu verdingen. Arbeiter ohne Arbeitsstelle auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber oder zumindest Arbeit für einen Tag, wandernde Musiker, fahrende Händler, Tramps und Zigeuner. Brennan und seine Frau hatten in der Heide ihr Lager aufgeschlagen. Ein weiterer Wanderer hatte sein Zelt am Strand aufgeschlagen. Hatte Miss Roche möglicherweise Recht? Hatte sich einer von diesen Leuten einen Weg in den Garten verschafft, möglicherweise

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