Neuland

mir: weiter weiter
    auch das Foto von Brigitte ist im gefräßigen Feuer verbrannt vor ein paar Jahren hab ich einen Dokumentarfilm über sie gesehen wie zurückgezogen sie in Südfrankreich lebt und nur mit Tieren redet von den Menschen ist sie vielleicht zu Recht enttäuscht sie ist noch immer schön hat etwas Katzenhaftes wirkt aber total durchgeknallt als ob nicht auch du an die Wand schreibst Meni Peleg als ob nicht auch du mit dem Satan kämpfst als ob nicht auch du völlig durchgeknallt aussiehst mit diesem Bart
    gestern Nacht nachdem ich den Trank genommen hatte ist mir Nurik noch einmal erschienen und hat mir gesagt – rasier dich dem Trank bin ich das erste Mal in Guatemala begegnet in Chichicastenango oder kurz gesagt in Chichi gibt es zweimal in der Woche donnerstags und sonntags einen großen Markt mit grünen Masken Indianerkleidung Hexenfläschchen bemalten Kürbissen und auf den Treppen am Fuße der Kirche Weihrauch und Früchte und Blumen die für die Götter der Majas dargebracht werden sofunktioniert das bei den Einheimischen hier sie pflegen weiter ihre alten Rituale und das manchmal sogar mitten in der Kirche denn für sie ist der Sonnengott Jesus und die Mondgöttin ist Maria und in kleinen Buchstaben in einem Infokasten im Reiseführer steht auch noch dass es in einem Kilometer Gehentfernung von der Kirche auf einer Lichtung des Berges Pascual Abach einen heiligen Ort mit einer Skulptur ohne Hals gebe und dort könne man manchmal einen Schamanen treffen der die Dorfbewohner behandelt die zu ihm pilgern und ich denke an diese Formulierung seine Füße haben ihm immer den Weg gewiesen das hab ich immer für völligen Unfug gehalten aber in diesem Fall haben meine Füße mir wohl den Weg gewiesen denn schon seit Israel schon seit der Beerdigung schon seit der Schischa haben meine Füße mich zu diesem Schamanen geführt – und neben mir auf dem Weg ging ein Händler der seine schwere Ware mit einem Strick um die Stirn gebunden trug und er ging so gebeugt dass ich nur seine Beine sah und an einer Weggabel trennten wir uns er ging zu seiner Familie und ich zu meiner Sehnsucht zu dem Schamanen auf dem Pascual Abach der als ich ankam gerade eine einheimische Frau behandelte das heißt er legte ihr die Hände auf die Stirn und wedelte mit einem Strauß aus Blättern und fächelte auch Luft mit einem Flügel aus Federn und etwas abseits stand eine Art Altar mit Steinen und Blumen und Weihrauch und nach der Frau wartete niemand sonst und so ging ich zu ihm und noch bevor ich etwas sagen konnte wusste der Schamane schon warum ich gekommen war und sagte nicht jetzt Señor mögen Sie bitte nach Sonnenuntergang wiederkommen
    nach Sonnenuntergang war niemand außer uns auf der Lichtung und der Schamane bat mich näher heranzukommen und raschelte um mich herum mit Zweigen von Salbei und breitete dann ein Stück Stoff auf der Erde aus und ich wusste dass ich mich da hinsetzen musste und er goss eine dunkle Flüssigkeit in zwei tiefe Tonschüsseln und gab mir ein Zeichen genau wie er alles auf einen Zug auszutrinken es schmeckte gotterbärmlich bitter und zuerst spürte ich gar nichts das heißt ich fühlte mich nicht andersals sonst und habe nur den Stimmen gelauscht die der Wald nachts macht ich hörte die Bäume atmen umpa umpa und hörte die Erde atmen hum hum und dann bekam ich furchtbare Bauchkrämpfe und habe mir die Seele ausgekotzt was für ein wunderbarer Ausdruck das ist er war diesmal absolut präzise denn nachdem ich sie ausgekotzt hatte kam eine andere Seele und die Erde umarmte mich wie ein Meer und die Bäume sprachen zu mir auf Ivrith und die Wolken änderten ihre Formen wurden zu Krebsen die im Krebsgang übers Firmament zogen und zu Tigern die die übers Firmament tigerten und zu Affen die von Wolke zu Wolke sprangen und plötzlich sprangen sie zum Mond der mir auf einmal ganz nah war dass ich auf ihn steigen konnte und ich stand auf und stieg auf den Mond und ging zwischen den Kratern und versuchte nicht wie Josef in eine der Gruben zu fallen und ich suchte Nurik aber sie war nicht da sie erschien erst eine ganze Traumzeit später da war sie ganz und gar Nurik und ich sagte ihr es tut mir leid dass ich deine Ruhe störe und sie lächelte und sagte ist schon in Ordnung und ich sagte ich weiß einfach nicht wo ich ohne dich hingehn soll und sie sagte aber du gehst doch schon und ich sagte aber wohin gehe ich wohin gehe ich denn die ganze Zeit ich kenne keinen Sinn außer dir und sie schwieg