von den Ereignissen beim Vortrag seines Vaters berichtet hatte, umso verlegener war Dori geworden. Er war auf seinen Vater immer stolz gewesen, hatte ihn beneidet und sich gefragt, ob auch er einmal so ein unverrückbarer Fels werden würde. Und nun war er sich nicht einmal mehr sicher, ob er seinen Vater überhaupt noch erkennen würde, denn es klang so, als sei er völlig durchgeknallt. Und was, wenn sein Vater ihn nach dieser ganzen Reise anschauen würde, als kennte er ihn nicht, oder wenn er versuchen würde, ihn in den Wirbel des Wahns mit hineinzuziehen, in dem er sich anscheinend befand? Neuland? What the fuck is Neuland?
Ich will keine Panik machen, mit diesen Worten hatte Dafna seine Gedanken unterbrochen, aber ich glaube, es ist gut, dass ihr ihn sucht. Lasst mir eure Kontaktdaten da; wenn ich was höre, melde ich mich sofort. Letztes Jahr war hier ein Reisender im Alter deines Vaters, er hat im Hotel Rosario einen Herzinfarkt bekommen. Das ist drei Straßen weiter. Sein Zimmer war im vierten Stock, und im dritten Stock ist er zusammengebrochen. Hier gibt es nur zwei Krankenhäuser, und in beiden geben sie mir sofort Bescheid, wenn ein Israeli kommt. Wie gesagt, ich will keine Panik machen. Physisch machte dein Vater einen prima Eindruck. Aber wir bleiben lieber in Kontakt und informieren einander, ja?
Er hatte sich bei Dafna bedankt, und sie waren wieder hinaus ins Restaurant gegangen. Die drei Ärzte saßen noch immer am selben Tisch, und er hatte keinen Nerv für all das, was ihnen offenstand, für all ihre Optionen. Ich geh zurück ins Hostel, hatte er zu Inbar gesagt, kommst du mit? Sie hatte den Kopf geschüttelt … Ich bleib noch.
Über die ausgetretenen, glatten Steine auf dem schmalen, gepflasterten Weg zwischen richtigen Läden und improvisierten Ständen auf dem Gehsteig war er zum Hostel gegangen. Dunkel legte sich über die Stadt und löschte die Farben. Alles wirkte plötzlich elend, traurig und hoffnungslos. Jedes Lächeln war zahnlos, alle Brillengläser waren zersprungen, alle Schuhe ausgetreten, alle Stangen schief, alle Schirme zerrissen, alle Schamanen waren Scharlatane, jeder Zauber scheiterte, alle Orangen waren schon ausgepresst, alle Kerzen ausgeblasen, alle Israelis feilschten, die Schuhputzer würden Schuhputzer bleiben und eben nicht die Welt erobern, und alle Straßenhändlerinnen waren gescheitert, so völlig gescheitert.
Mit einem Charly-Chaplin-Hut auf dem Kopf und einem Topf Hühnersuppe vor sich boten sie ihm einen Trank für Erfolg im Geschäftsleben an, T-Shirts mit gefälschten Markennamen und lila Sabresfrüchte, Señor, por favor, Señor , und er entschuldigte sich, aus Versehen erst auf Ivrith und dann auf Spanisch, disculpa oder perdón , er war sich nicht sicher, welches das richtige Wort war, deshalb sagte er beide, und dachte, wenn das Urlaub wäre, würde er Neta jetzt ein paar Geschenke kaufen, aber es war kein Urlaub, es war eine Suchexpedition, die jeden Tag mehr in die Irre führte – Am letzten Stand, direkt am Eingang des Hostels, hatte er einen bunten Umschlag für ein Heft gefunden und gedacht, der passe in den Farben zu Inbars Schirmmütze, der könne das Heft, in das sie schrieb, vor Kälte und Regen schützen. Cuánto cuesta? , hatte er die Verkäuferin gefragt, und die holte einen Taschenrechner heraus, tippte die Zahl für ihn ein, siebzig bolivianos , er gab ihr hundert und ließ ihr das Wechselgeld. Gracias Señor, gracias , rief sie ihm nach, und er steckte sich den Schutzumschlag unter die Achsel, und plötzlich kam in ihm die schon an Gewissheit grenzende Sorge auf, dass er dieses Geschenk niemandem mehr würde machen können, dass Inbar mit diesem Pumphosen-Guy in dessen Hostel gehen und mit ihm schlafen würde, und dann würde sie mit ihm und seinen tollen Freunden weiterziehen, und wer wollte ihr einen Vorwurf machen, wenn man die Alternative betrachtete: ein verheirateter Mann, der aus Sorge um seinen Vater nicht wirklich in der Lage ist, die Reise zu genießen, und der ihr nichts als Verwirrung anzubieten hat.
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Im Hostel war er ins Internet gegangen, zu
[email protected], und fand eine Nachricht von Noya mit dem Betreff: Is your father a guru ?
Hi Dori , schrieb sie ihm, bei mir war ziemliches Chaos. Tuval hat eine Nacht etwas zu viel getrunken und ist dann ein höchst peinliches Geständnis losgeworden, so peinlich, dass es mir schwerfällt, es wiederzugeben. Jedenfalls haben er und Irad danach gestritten und, um es kurz zu