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Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Titel: Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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zuhielt. – Vincent!
    »Da ist Vincent! Rouben, er …« Sie brach ab und wedelte wie wild mit den Armen. »Lauft weg!«, brüllte sie zu den Leuten hinunter. »Der Mann dort ist gefährlich … Er wird euch …« Jolin stockte der Atem, und vor Entsetzen versagte ihre Stimme.
    Vincent war bis auf wenige Meter an die Menschengruppe herangekommen. Das Orange des Sonnenuntergangs spiegelte sich auf seiner weißen Haut. Und selbst aus dieser Entfernung konnte Jolin das rötliche Glimmen in seinen pechschwarzen Augen erkennen. Jeder, der ihm in diesem Moment den Blick zuwandte, würde zweifellos bemerken, dass er alles andere als ein normaler Mensch war. Doch noch bevor einer der Ballonsportler Anstalten machte, sich zu ihm umzudrehen, war Vincent schon wieder zwischen den Bäumen verschwunden.
    »Ich bringe euch den Ballon zurück!«, rief Rouben noch einmal. »Morgen früh wird er wieder hier auf der Lichtung sein.«
    »Kannst du mit so einem Ding überhaupt umgehen?«, brüllte einer der Männer.
    »Ich gebe euch mein Wort!«, rief Rouben nur, dann hangelte er sich flink wie ein Wiesel an dem Seil hinauf, umfasste den Rand des Korbes und sprang mit einem eleganten Satz hinein.
    Er sah zum Brenner hinauf, dessen brodelnde blaurote Flammen die Luft innerhalb des Ballons weiter erwärmten, und nickte zufrieden. Anschließend bückte er sich, hob die Decke auf und legte sie Jolin um die Schultern. »Ich weiß, sie ist nicht besonders weich, aber wir werden die Nacht hier oben verbringen, und ich möchte nicht, dass du frierst.«
    Jolin starrte ihn an. »Die ganze Nacht?«
    Rouben wandte den Blick zur Seite und sah über die hügelige Landschaft, die Wälder, Felder und Straßen in Richtung Stadt.
    »Es wird eine kalte, sternenklare Nacht sein mit schwarzem Himmel und vollem, rundem Mond«, sagte er leise. »Es wird unsere letzte Nacht sein, und sie wird nicht so verlaufen, wie du es dir … vielleicht … erhoffst.«
    Jolin atmete schwer und stockend ein und aus. Sie betrachtete sein Gesicht, dessen Haut dünn und brüchig wirkte. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich dich liebe«, flüsterte sie.
    Ruckartig wandte Rouben sich ihr wieder zu. Sein Kehlkopf tanzte unruhig auf und ab, und in seinem Blick lagen Schmerz und Lust so nah beieinander, wie Löwe und Reh einander niemals kommen durften.
    »Lass uns über etwas anderes reden«, presste er mühsam hervor.
    »Ja, über Ramalia und die neue Prophezeiung«, erwiderte Jolin. »Darüber würde ich wirklich gern mit dir reden.«
    Rouben schüttelte den Kopf. »Wir können dem nicht trauen«, sagte er harsch.
    »Und warum nicht?«
    »Weil es nicht sicher ist, dass sie von ihr kommt. Ich zumindest kann nicht unterscheiden, was aus der lichten und was aus der dunklen Welt stammt.«
    »In welche Welt gehört Ramalia denn?«, fragte Jolin. »Deiner Ansicht nach?«
    Rouben antwortete nicht.
    »Ich lebe in dem Haus, Jolin«, sagte er schließlich. »Obwohl ich inzwischen keinen anderen Ort mehr hasse als diesen, lebe ich noch immer dort. Meine Mutter hätte mir diese neue Prophezeiung, wie du sie nennst, längst zeigen können.«
    »Vielleicht darf sie es nicht, weil sie damit die Magie zerstören und dich unnötig in Gefahr bringen würde. Vielleicht musste sie auf mich warten.«
    »Und warum hat sie dich dann die vorherigen Male weggejagt?«, brach es aus Rouben hervor. »Warum lässt sie dich ausgerechnet am Tag vor einer Vollmondnacht ins Haus, obwohl niemand besser weiß als sie, wie gefährlich das für dich ist?«
    »Gefährlich?« Jetzt schüttelte Jolin den Kopf. »Rouben, denk doch bitte mal nach! Wenn die neue Prophezeiung stimmt …« Sie musterte ihn eingehend. »Du hast doch gehört, was ich dir von deinem Schlafzimmer aus zugerufen habe?«, vergewisserte sie sich.
    Rouben zog eine Grimasse. »Du meinst gebrüllt.« Er nickte. »Ja, ich habe jedes einzelne Wort verstanden.«
    »Gut«, brummte Jolin, »dann weißt du ja auch, dass Vincent mir bis zur nächsten Neumondnacht kein Haar krümmen wird.«
    »Er vielleicht nicht, aber ich …«
    »Du ebenfalls nicht, Rouben … Du hättest es doch schon längst tun können.«
    Rouben schnaubte verächtlich. Er drehte die Flammen des Brenners zurück, das Rauschen verklang, und der Ballon glitt nun langsam in östlicher Richtung über den Abendhimmel. »Und warum hat er dich dann ausgerechnet heute im Haus eingesperrt, dich befingert und …?«
    »Um dich zu quälen?«, sagte Jolin leise.
    Wieder

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