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Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Titel: Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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warte doch mal«, schnaubte Anna und hielt Jolin energisch fest. »Ich muss nachdenken … Eine Jacke könntest du allerdings tatsächlich gebrauchen«, lenkte sie nach kurzem Zögern ein. »Du fühlst dich eiskalt an.«
    »Kein Wunder, ich bin ja auch die ganze Nacht draußen gewesen.« Jolin machte eine ausschweifende Geste durch die Luft. »Ich bin nämlich in einem Heißluftballon über die Stadt gesegelt.«
    »Gefahren«, korrigierte Anna sie, um ihr gleich darauf erneut einen Vogel zu zeigen. »Mit Rouben, oder was?«
    »Genau. Und stell dir vor, er hat mich nicht einmal gebissen.«
    »Spar dir deinen Zynismus!«, zischte Anna. »Wenn du glaubst, dass du mich verscheißern kannst …«
    »Tu ich nicht, ehrlich … wir sind wirklich in einem Ballon …« Jolin brach ab. Sie sah die Freundin an und fing an zu zittern. Ihre Knie schlotterten, ihre Schultern bebten, und ihre Zähne schlugen aufeinander.
    »Himmel nochmal, Jolin. Dreh jetzt bitte nicht schon wieder durch.« Hastig schlang Anna ihre Arme um sie und drückte sie an sich.
    »Mir ist kalt und … Rouben … er … er …«, stammelte Jolin, »… er verwandelt sich in einen Vampir, und ich … ich … ich weiß nicht, was ich tun soll, ich lieb ihn doch so!« Ihre Stirn sank auf Annas Schultern, und dann heulte sie los.
    »Ich weiß, Jol, ich weiß«, murmelte Anna und drückte sie noch fester. »Aber du musst dich jetzt bitte zusammenreißen, ja? Alle starren uns an. Die Pause ist gleich zu Ende und … Oh, Gott! Der Römer! Du solltest doch ins Sekretariat kommen und noch mal mit ihm reden.«
    »Das geht nicht.« Schluchzend krallte Jolin ihre Finger in den Wollstoff von Annas Jacke.
    »Natürlich geht das nicht. Wenn dieser Idiot dich so sieht, weist der dich womöglich noch ein und … Hör zu, Jolin, du musst dich jetzt wirklich zusammenreißen.«
    »Ja, mach ich.« Jolin hob den Kopf und rieb sich über die Augen. »Ich tu es ja, Anna, ich versuch’s.«
    »Sobald du zu Hause bist, in deinem Zimmer …« Die Freundin rüttelte sie sanft hin und her. »Hörst du zu, Jol?«
    »Ja, ja, ja.«
    »Dann kannst du heulen, bis deine Eingeweide ausgetrocknet sind, okay?«
    Jolin wischte sich über die Nase und nickte wieder und wieder.
    »Okay, okay. So machen wir es.«
    »Nein, nicht wir«, sagte Anna. »Ich kann nicht mitkommen. Ich bleibe in der Schule. Ich habe jetzt Englisch.«
    »Oh, ja, ich weiß, wir fahren nach Dublin.«
    »Ja, Jol, das auch. Aber das machen wir erst in sechs Wochen«, erwiderte Anna und zog Jolin an der gaffenden Schülerschar vorbei über den Schulhof bis zu den Außentüren der Toiletten. »Das ist im Moment kein Thema. Aber ich muss heute mein Referat halten, und deswegen kann ich nicht einfach bläuen. Das verstehst du doch, oder? Ich brauche die Punkte. Gerade in Englisch.«
    »Ja, ich weiß. Ich weiß.«
    »Hör zu. Wir tauschen unsere Sachen, du fährst nach Hause, und ich bringe dir deine Jacke und die Tasche heute Nachmittag vorbei. Ist das in Ordnung?«
    »Aber du kannst doch auch nicht in dieser zerrissenen Hose und dem Pulli hier herumlaufen«, sagte Jolin und zerrte an ihrem Ärmel. »Erst recht nicht, wenn du ein Referat halten musst.«
    »Mach dir keine Gedanken, mir wird schon was einfallen«, erwiderte Anna. »Notfalls erzähle ich, dass ich von den Hell’s Angels überfallen worden bin.«
    »Ja klar.« Auf Jolins Gesicht stahl sich ein Grinsen. »Frau Scherer ist doch nicht blöd.«
    »Mir egal, ob sie’s glaubt«, erwiderte Anna. »Wenn das Referat gut wird – und glaub mir, das wird es! –, könnte ich auch im Alienkostüm dort stehen, sie müsste mir trotzdem die volle Punktzahl geben.«

    Innerhalb von fünf Minuten war die Sache so gut wie erledigt. Jolin trug Annas Jeans, außerdem deren hellgrünes Kapuzensweatshirt und darüber die graue Wolljacke. Unter den neugierigen Blicken einiger Mittelstufenschülerinnen hatte sie ihre Tränen getrocknet und die geschwollenen Augen gekühlt, während Anna noch damit beschäftigt war, die zerrissenen Stellen in Jolins Klamotten irgendwie zu kaschieren. Über den klaffenden Riss in der Jeans hatte sie sich ein buntes Tuch gewickelt, und nun fummelte sie an dem kaputten Ärmel herum.
    »Das kannst du vergessen«, sagte Jolin. »Der Pulli sieht echt schlimm aus, viel schlimmer als das gruseligste Alienkostüm.« In aller Eile zog sie die Oberteile wieder aus und gab Anna das Kapuzenshirt zurück. »Ich hab doch die Jacke drüber. Da wird niemand

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