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Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Titel: Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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meinen Pulli sehen. Nicht einmal Paula.«
    »Okay. Du hast recht.«
    Dankbar schlüpfte Anna in ihr Sweatshirt. Sie wartete, bis Jolin die Wolljacke zugeknöpft hatte, und nahm sie noch einmal fest in den Arm. »In einer halben Stunde bist du zu Hause, und heute Nachmittag bin ich wieder bei dir. Bitte halt durch.«
    »Keine Sorge, ich stürze mich schon nicht aus dem Fenster.«
    Anna schüttelte den Kopf. »Bei dir muss man immer auf alles gefasst sein.« Sie küsste Jolin auf die Nase. »Bis nachher. Und drück mir die Daumen.«
    »Klar, mach ich.« Irgendwie zauberte Jolin sich ein zuversichtliches Lächeln ins Gesicht. »Schönen Gruß an Frau Scherer. Volle Punktzahl, darunter machen wir es nicht.«
    Anna drückte mit der Schulter die Innentür auf. »Pass auf, dass du dem Römer nicht in die Fänge gerätst«, sagte sie, lächelte der Freundin noch einmal aufmunternd zu und verschwand auf den Gang hinaus.
    Jolin wartete noch einige Minuten, bis die Schulglocke zum zweiten Mal geläutet hatte und der Lärm auf dem Pausenhof verklungen war, dann verließ sie ebenfalls den Vorraum der Mädchentoilette und nahm auch dieses Mal den Umweg über die Kantstraße zur U-Bahn-Station.
    Sie machte lange, schnelle Schritte und atmete dabei tief ein und aus. Beides half ihr, sich unter Kontrolle zu halten und nicht jeden Moment wieder in Tränen auszubrechen.
    Ich habe noch zwei Wochen, redete sie sich ununterbrochen zu. Zwei ganze Wochen. Wochen, in denen ich nachdenken und eine Lösung finden kann. Und verdammt nochmal, ich werde auch eine finden! Rumheulen hilft mir jedenfalls nicht weiter. Und Anna darf ich auch nichts erzählen. Sie muss in dem Glauben bleiben, dass bereits alles vorbei ist, dass Rouben sich letzte Nacht endgültig in einen Vampir verwandelt hat und zusammen mit seinem Bruder für immer in der dunklen Welt verschwunden ist. – Jawohl!
    Jolin ballte die Fäuste in den Jackentaschen und hastete die Rolltreppe auf den Bahnsteig hinunter. Zwei Minuten später rollte bereits der Zug ein, Jolin stieg in den dritten Wagen und ging wie gewohnt bis ganz nach hinten durch, wo sie zu ihrer Verwunderung auf Klarisse traf. Die Stufenkameradin lehnte am Fenster. Sie hatte die Augen geschlossen, wiegte den Kopf in schnellem Tempo hin und her und wippte mit dem Fuß auf und ab. Unter ihren schwarzen Haaren lugten die weißen Kabel ihres iPod-Kopfhörers hervor und verschwanden im Kragen ihrer Kunstfellweste.
    Jolin ließ sich quer zur Sitzfläche auf einen Einerplatz fallen und betrachtete sie. Klarisse war totenbleich im Gesicht, ihre Haut wirkte durchscheinend wie Pergament, und die Farbe ihrer Lippen hob sich kaum noch davon ab. Plötzlich öffnete sie die Augen und richtete ihren Blick geradewegs auf sie.
    Jolin erschrak bis tief ins Mark, nur mit Mühe schaffte sie es, einen Aufschrei zu unterdrücken.
    »Hey, was ist denn los?«, rief Klarisse, zog sich die Stöpsel aus den Ohren und kam lachend auf Jolin zu. »Bin ich ein Geist, oder was?«
    »Könnte man glatt denken«, stotterte Jolin. »Besonders gesund siehst du jedenfalls nicht aus.«
    »Ach, es geht mir total gut. Ich hatte bloß wieder mal eine etwas aufregende Nacht«, sagte Klarisse und zwinkerte ihr vielsagend zu. Sie holte einen nagelneuen iPod-Touch aus ihrer Westentasche und strich mit dem Daumen über das Display. »Wenig Schlaf und so … Du verstehst schon, was ich meine.« Ihr Blick bekam einen abwesenden Ausdruck. »Niemand versteht das besser als du.«
    Jolin schüttelte den Kopf, als wollte sie den Gedanken, der sich gerade in ihr Gehirn fraß, auf diese Weise loswerden.
    »Warum bist du nicht in der Schule?«, fragte sie gepresst.
    »Schule?« Klarisse winkte ab. »Was soll ich denn da? So als Todgeweihte? Ist doch sowieso für die Katz. Lieber genieß ich die Zeit, die mir noch bleibt.«
    Der Gedanke saß fest, und es gab nur noch einen Weg, ihn wieder loszuwerden – indem sie ihn aussprach.
    »Du triffst dich mit Vincent«, hauchte Jolin.
    Klarisse warf den Kopf in den Nacken und lachte nun laut und schallend. »Könnte man so nennen, ja.«
    »Was hat er dir gesagt?«
    »Alles«, begann Klarisse zu erzählen, und Jolin war heilfroh, dass der einzige Fahrgast in ihrer Nähe ein alter Mann war, der stumpf vor sich hin stierte und nicht unbedingt den Eindruck vermittelte, als ob sein Gehör noch das allerbeste wäre. »… dass er Rouben verwandelt, weil er selbst nur so ein Mensch werden kann«, fuhr Klarisse freimütig fort, »und

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