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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
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Schreckensherrschaft von Königin Maria bis ins Mark erschüttert wurden.
    Genau wie schon damals, als ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte, erinnerte mich Nicholas ständig daran, dass nicht Glaube und Religion das wahre Ziel vieler schrecklicher Intrigen von Königen waren, sondern Macht. Immer nur Macht.
    Und Maria war eine machthungrige Herrscherin, die verbissen und um jeden Preis Kontrolle und Nachkommen anstrebte. Ihre Ehe mit dem spanischen Prinzen brachte ihr jedoch keines von beidem. Er liebte sie nicht, und sie bekam keinen Erben mit ihm. Und schließlich verließ er sie.
    Fast dreihundert Protestanten, die sich nicht ihren Forderungen und Anordnungen fügen wollten, wurden unter ihrer Herrschaft hingerichtet. Im Winter von Königin Marias zweitem Regierungsjahr verließen Nicholas und ich London, um für Jane Margaret ein sichereres Leben und Zuhause aufzubauen. Nicholas nahm eine Stelle an einer Schule in Bristol an, fernab der chaotischen Atmosphäre Londons. Ein Jahr später wurde unser Thomas geboren.
    Als die Königin vier Jahre, nachdem sie Janes unschuldigem Haupt die Krone entrissen hatte, starb, trauerte niemand um sie. Ihre Halbschwester Elisabeth bestieg den Thron, rief erneut die anglikanische Kirche ins Leben und sorgte für eine ruhige Rückkehr zur protestantischen Herrschaft. Natürlich war auch sie keine vollkommene Herrscherin, aber sie brachte doch ein gewisses Maß an Frieden für das Land. Viele Mädchen, die während ihrer Herrschaftszeit geboren wurden, bekamen den Namen Elisabeth, auch zwei meiner Töchter; eine, die am Leben blieb, und eine, bei der es nicht so war.
    Meine liebe kleine Jane Margaret machte sich nichts aus Nadel und Faden, und sosehr ich mich auch bemühte, ihr das Nähen beizubringen, sie wollte davon einfach nichts wissen. Ständig hatte sie Streit und Raufereien, und zwar nicht mit Mädchen, sondern mit Jungen. Und sie hasste es, bei einem Streitgespräch nicht das letzte Wort zu behalten. Sie ist bis zum heutigen Tag aufrichtig bis zum Gehtnichtmehr. Sie beugt sich nie dem Willen von jemandem oder etwas, sondern nur ihrem eigenen. Sie hat einen Kapitän geheiratet, der sie oft auf Reisen mitnimmt, was mich dann vor Sorge nicht schlafen lässt. Jane liebt das Meer; für sie ist es das Ebenbild Gottes – unendlich, schön, unergründlich, mächtig und beständig. Ihre Söhne sind genau wie sie. Sie lieben das Meer, haben Respekt vor seiner Gewalt und wissen um ihre eigenen Grenzen.
    Mein Thomas ist in die Fußstapfen seines Vaters getreten und Lehrer geworden. Er ist zurzeit Hauslehrer beim Sohn eines Grafen. Elisabeth ist eine bessere Schneiderin geworden, als ich es jemals war. Sie und ihr Mann, der ebenfalls Schneider ist, leben in London, wo sie eine Schneiderei betreiben. Sie haben drei wunderbare Töchter.
    Nicholas und ich sind in Bristol geblieben, wo ich Festkleider für junge Damen und alte Frauen nähte. Mein Liebster hat noch die Geburt seines letzten Enkelkindes miterlebt, bevor er mir durch eine Krankheit genommen wurde. Ohne ihn an meiner Seite sind meine Tage jetzt lang und einsam.
    Ich spüre, wie sich nun auch meine eigene Sterblichkeit bemerkbar macht. Ich habe mich im Laufe der Jahre oft gefragt, ob Lady Jane, wenn sie noch am Leben wäre, wohl weiterhin meine Freundin wäre. Wäre ihre Herrschaft friedvoll gewesen, wenn Marias Rebellion keinen Erfolg gehabt hätte? Hätte sie viele lange Jahre regiert oder wäre sie durch Krankheit oder Gewalt dahingerafft worden? Hätte sie England einen Sohn geboren? Und hätte ein solcher Sohn, ein Dudley, das Herz seiner Mutter oder das seines Vaters gehabt? So manches Mal habe ich Nicholas diese Fragen gestellt, und dann hat mir mein Mann einen Kuss auf den Kopf gegeben und mir gesagt, dass es unmöglich sei zu sagen, was der Wille Gottes uns bei einem anderen Lauf der Dinge beschert hätte. Der Lauf der Geschichte war durch Entscheidungen geschrieben worden, die Lady Jane getroffen hatte. Denn nicht alle Entscheidungen wurden von anderen für sie getroffen. Nicht alle.
    Es ist Weihnachten 1592, und ich bin in meinem neunundfünfzigsten Jahr. Jane Margaret und ihre Familie kommen nach Bristol, um die Feiertage bei mir zu verbringen. Soweit es mir noch möglich ist, habe ich alles vorbereitet, aber ich spüre, wie ich schwächer werde. Ich musste meine gute Nachbarin Eleanor bitten, mir beim Herrichten der Zimmer für meine Gäste behilflich zu sein. In den seltsamsten Momenten geht mir die Puste

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