Neun Tage Koenigin
aus.
Ich habe die liebe Eleanor gebeten, die Leiter zu meinem Dachboden hinaufzusteigen, um einen kleinen Holzkasten herunterzuholen, den ich seit vielen Jahren dort aufbewahre.
„Was um alles in der Welt brauchst du zu Weihnachten aus so einer ollen Truhe, Lucy?“, sagt Eleanor jetzt zu mir, während sie sich mit dem verstaubten Kasten unter dem Arm die Leiter wieder heruntermüht.
Ich helfe ihr herab und nehme ihr den kleinen Kasten ab. „Nur etwas, das ich Jane geben muss, Eleanor. Komm, trink eine heiße Milch für deine Mühe.“
„Ich sage dir, du wirst nur Spinnen darin finden“, schnaubt Eleanor und klopft sich den Staub vom Rock. „Es kann jedenfalls nicht viel wiegen, was immer es auch sein mag.“
Wir setzen uns an meinen Tisch, und ich reiche ihr das heiße Getränk.
„Es ist wirklich ziemlich klein“, sage ich zu ihr. „Es ist nur ein Ring, der einer sehr lieben Freundin von mir gehört hat. Ich möchte ihn gern Jane schenken.“
„Ein Ring? Auf deinem Dachboden? Bist du ganz sicher, dass Jane ihn auch haben will?“ Eleanor lacht.
Ich stimme in ihr Lachen ein. „Oh ja, ich glaube, diesen hier will sie bestimmt haben. Der Ring hat nämlich eine Geschichte. Eine verborgene Geschichte. Eine schöne Geschichte, die sie sicher hören will.“
Meine Jane weiß nur, dass ich einmal bei einem Herzog angestellt war und Kleider für seine Tochter genäht habe. Aber ich glaube, es steht ihr zu zu erfahren, wessen Tochter es war, für die ich genäht habe, und warum Nicholas und ich unsere Älteste auf den Namen Jane getauft haben. Ich habe immer geglaubt, dass Jane es erfahren muss. Und ich habe immer gewusst, dass der Zeitpunkt kommen würde, an dem ich es ihr erzähle.
Eleanor trinkt einen Schluck von ihrer Milch. „Was hast du denn nur mit einem geheimen Ring auf deinem Dachboden gemacht, Lucy? Und wieso hast du ihn ausgerechnet auf dem Dachboden aufbewahrt?“ Sie sieht mich an, als schüttele sie innerlich den Kopf über die verrückten Ideen einer alten Frau, die nicht mehr ganz klar im Kopf ist.
Ich lächle und trinke ebenfalls einen Schluck.
„Ich habe gewartet.“
Von Jane Margaret Staverton Holybrooke
Heather Downs
Castle Road, Bristol
3. Mai 1619
An Mrs Alice Holybrooke
Great Heath, Liverpool
Liebste Alice,
ich bin tief betrübt, dass ich dich, Charles und das neue Baby nicht werde sehen können. Meine Lunge ist von einem Husten befallen, und der Doktor hat mir das Reisen untersagt. Und ich möchte auch die Kleinen nicht anstecken.
Ich fürchte, dass mein Schöpfer mich bald heimholen wird und ich dann wieder mit meinem Mann zusammen bin. Du musst dies meinem Sohn Charles gegenüber gar nicht erwähnen, aber ich möchte dir erklären, weshalb ich dir dieses Päckchen schicke. In dem kleinen Lederbeutel, der zusammen mit dem Brief kommt, befindet sich ein Ring. Ich möchte gerne, dass du ihn Philippa gibst, wenn sie älter ist. In die Innenseite des Rings ist mein Name eingraviert, aber es war nicht immer mein Ring. Seine ursprüngliche Besitzerin ist schon seit vielen Jahren tot. Ich wünsche mir sehr, noch lange genug zu leben, um Philippa irgendwann selbst die Geschichte erzählen zu können, denn für einen Brief ist sie zu lang. Meine Mutter hat mir den Ring gegeben, als ich etwa in deinem Alter war, liebe Alice. Fürs Erste muss es genügen zu sagen, dass es ein Ring ist, der von jemandem getragen werden soll, der geliebt wird und auch selbst liebt. Bitte bewahre ihn für Philippa auf, bis ich dich oder sie wiedersehe. Es gibt viel, was ich ihr erzählen muss.
Ich verbleibe von Herzen,
deine Schwiegermutter Jane
Von Miles Fenworth, Notar
Covent Garden
London
10. September 1665
An Miss Audrey Tewes
Chesterwood House
Devonshire
Sehr geehrte Miss Tewes,
ich bedaure, Euch mitteilen zu müssen, dass Eure Großtante Philippa Holybrooke der Pest zum Opfer gefallen ist. Es war ihr ausdrücklicher Wunsch, Euch im Fall ihres Ablebens dieses Gebetbuch zukommen zu lassen. Während ihrer Krankheit war das Gebetbuch nicht bei ihr, sondern es befand sich bei zwei Nonnen in Aufbewahrung. Der Rosenkranz ist ebenfalls ein Geschenk Eurer Großtante an Euch, genau wie die Goldmünzen und die Tasche. Miss Holybrooke hat eindringlich den Wunsch geäußert, dass Ihr das Gebetbuch bekommt und es gut aufbewahrt. Als ihre Erkrankung bereits fortgeschritten war, war Eure Tante fest davon überzeugt, dass Soldaten Ihrer Majestät auf der Suche danach wären. Sie hat darum gebeten,
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