Neun Tage Koenigin
zurück zu Brads Wohnung, räumte die Lebensmittel ein und fing an, den Kuchen zuzubereiten.
Während er im Ofen war, aß ich dann zu Abend und löste ein Kreuzworträtsel in Brads Tageszeitung. Nachdem ich den Kuchen mit der roten Creme überzogen hatte, räumte ich alles auf und schaute mir einen alten Film an. Gegen zehn ging ich die Treppe hinauf und blieb stehen, als ich den Treppenabsatz erreicht hatte. Brad hatte nicht gesagt, wo ich schlafen sollte. Vor dem Gästezimmer schwankte ich.
Ich verspürte keinerlei Verlangen, dort zu schlafen.
Deshalb machte ich kehrt und ging weiter zu Brads Schlafzimmer. Ich kannte mich in dem Haus nicht gut aus, aber das war ein Raum, über den ich wenigstens ein bisschen Bescheid wusste.
Ich lag noch lange wach, bevor ich schließlich einschlafen konnte. Ich fühlte mich, als wäre ich in die endlose Weite eines unbekannten Meeres unterwegs. Vor mir lagen die unerforschten Gebiete meiner Ehe, wo niemand Grenzmarkierungen eingezeichnet hatte. Ich hörte in der Dunkelheit von Brads Schlafzimmer eine Uhr ticken, und ich musste an die Uhr denken, die meine Mutter für mich hatte reparieren lassen, um mir eine Freude zu bereiten; eine unbeabsichtigte Erinnerung daran, dass Dinge, die Bestand haben, immer einen zweiten, dritten oder auch vierten Neubeginn erleben. Deshalb gibt es auch Antiquitätenläden. Deshalb hat Schönheit aus der Vergangenheit ein sicheres Zuhause in der Zukunft.
Ich weiß nicht, wie spät es war, als mich schließlich der Schlaf übermannte.
Irgendwann mitten in der Nacht wurde ich plötzlich wach. Ich wusste, wo ich war, aber ich hatte trotzdem Angst. Ich fühlte mich allein. Mit wild pochendem Herzen setzte ich mich auf. Mir gegenüber in einem dicken Polstersessel saß Brad und schlief. Sein Kopf war zur einen Seite gesackt, und seine Füße hatte er mit gekreuzten Knöcheln auf einen Fußschemel gelegt. Auf dem Tischchen neben ihm stand ein leeres Weinglas.
Es sah aus, als hätte er dort gesessen, mir beim Schlafen zugeschaut und dabei ein Glas Wein getrunken, bis er selbst eingeschlafen war.
Ein Teil von mir wollte ihn wecken und fragen, wieso er früher von dem Kongress abgereist sei, weshalb er in dem Sessel sitze und mir beim Schlafen zuschaue. Ich wollte ihn fragen, ob es ihm so gehe wie mir, ob er auch festgestellt habe, dass unsere Beziehung Wurzeln hatte, die wir gar nicht bemerkt hatten, Wurzeln, die sich tief unter die Oberfläche unseres Alltagslebens eingegraben hatten.
Ein Teil von mir wollte, dass sich an diesem friedlichen Moment nichts änderte.
Ich saß bestimmt eine volle Minute lang da, bevor ich mich ganz langsam wieder hinlegte. Ich legte meinen Kopf auf Brads Kopfkissen und betrachtete ihn, bis ich wieder einschlief.
Als ich erneut aufwachte, wich der Mondschein gerade dem ersten perlmuttfarbenen Morgengrauen. Der Sessel war leer. Ich schaute neben mich, um zu sehen, ob Brad zu mir ins Bett gekrochen war, aber ich war allein im Zimmer.
Hatte ich geträumt? Hatte ich nur geträumt, dass er da war? Es war mir so real vorgekommen.
Immer noch etwas unsicher stieg ich aus dem Bett und zog mich an.
Dann vernahm ich unten ein Geräusch. Ich ging zur Tür und öffnete sie leise. Mehr Geräusche. Sie kamen aus der Küche.
Auf Zehenspitzen schlich ich die Treppe hinunter. In der Küche brannte Licht, und die Kaffeemaschine lief. Die Uhr über der Spüle zeigte kurz vor sechs.
Jetzt hörte ich Geräusche aus der Garage. Dann ging die Verbindungstür zwischen Garage und Küche auf, und Brad erschrak ein wenig, als er mich sah. Er hatte eine Angelweste an und alte verwaschene Jeans.
„Du bist ja schon auf, Jane.“
„Du bist hier?“ Ich versuchte, locker zu klingen.
„Ja. Ich … ich bin schon gestern Abend von dem Kongress abgereist. Es gab dort nichts Neues für mich, und ich musste keinen Vortrag halten, also bin ich einfach wieder gefahren.“
„Bist du spät angekommen?“ Ich ging zum Schrank hinüber und nahm zwei Tassen heraus.
„Äh … ja. Erst nach zwei.“
Ich fragte ihn nicht, wo er geschlafen hatte, denn ich wusste es ja. Und mit dem Vortäuschen und So-tun-als-Ob war Schluss für mich. Ich goss ihm etwas Kaffee in eine der Tassen. „Willst du mit dem Kanu raus?“
Er nahm mir den Kaffee ab, und dabei berührten sich unsere Finger. „Ja. Ich … Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe. Ich bin so früh zurück, dass wir genug Zeit haben, um rechtzeitig nach Dartmouth zu kommen.“
„Ist es dir recht,
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