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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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Doch du bekamst Gift geschickt, Kind, ein Coup-poudre …
    Ihre Nase begann zu bluten. »Gift?«
    Die Vévés deines Vaters sind verändert, teilweise gelöscht, entfernt. Obwohl du aufgehört hast, dich zu vergiften, können die Reiter nicht zu dir gelangen. Ich bin von einer anderen Art.
    Sie hatte schreckliche Kopfschmerzen. Das Blut pochte in ihren Schläfen. »Bitte …«
    Hör mir zu. Du hast Feinde. Sie schmieden ein Komplott gegen dich. Es steht viel auf dem Spiel. Hüte dich vor Gift, Kind!
    Sie schaute auf ihre Hände hinab. Das Blut war leuchtend rot und echt. Das Summen wurde lauter. Vielleicht war es in ihrem Kopf. »Bitte! Hilf mir! Erklär mir …«
    Du kannst hier nicht bleiben. Es wäre dein Tod.
    Und Angie fiel im Sand auf die Knie, von der Sonne geblendet, und das Rauschen der Brandung schlug über ihr zusammen. Der Dornier schwebte nervös zwei Meter vor ihr. Der Schmerz ließ sofort nach. Sie wischte sich die blutigen Hände an den Ärmeln der blauen Jacke ab. Die Kameras an dem ferngesteuerten Ding rotierten surrend. »Alles okay«, brachte sie hervor. »Ich hab Nasenbluten. Nichts weiter als Nasenbluten.« Der Dornier schwirrte abrupt näher heran und wich wieder zurück. »Ich geh jetzt wieder zum Haus. Mir fehlt nichts.« Er stieg elegant höher und verschwand aus ihrem Blick.
    Angie schlang sich zitternd die Arme um den Leib. Nein, lass es sie nicht sehen. Sie werden wissen, dass irgendwas passiert ist, aber nicht, was. Sie rappelte sich mühsam auf, machte kehrt und stapfte auf dem gleichen Weg, den sie gekommen war, über den Strand zurück. Unterwegs suchte sie in den Taschen
der Bergjacke nach einem Tempo oder sonst etwas, um sich das Blut vom Gesicht zu wischen.
    Als ihre Finger auf die Ecken des flachen Briefchens stießen, wusste sie sofort, was es war. Sie blieb zitternd stehen. Stoff. Unmöglich. Doch, es war möglich. Aber wer? Sie drehte sich um und starrte den Dornier an, bis er davonschwirrte.
    Das Briefchen. Genug für einen Monat.
    Coup-poudre.
    Hüte dich vor Gift, Kind.

4
    Bude
    Mona träumte, sie würde in irgendeiner Kaschemme in Cleveland nackt die Käfignummer tanzen, in einer heißen blauen Lichtsäule, deren Blau sich auch im Augenweiß der durch den Rauchschleier zu ihr emporgereckten Gesichter fing. Sie zeigten den Ausdruck, den alle Männergesichter zeigten, wenn sie einem beim Tanzen zusahen, ein starres und zugleich in sich verschlossenes Glotzen, so dass ihre Augen nichts preisgaben und die Gesichter trotz der Schweißperlen aus etwas geschnitzt zu sein schienen, was nur aussah wie Fleisch.
    Nicht dass sie sich was aus ihrem Geglotze machte, wenn sie beim dritten Song der Show im Käfig stand, high und heiß und voll im Groove, und das Wiz gerade voll reinknallte und die neue Power in den Beinen sie auf die Fußballen hob …
    Einer der Kerle packte sie am Knöchel.
    Sie wollte schreien, brachte jedoch keinen Laut heraus, jedenfalls nicht auf Anhieb, und als er dann doch kam, war es, als würde etwas in ihrem Innern zerreißen; es tat weh, und das blaue Licht zerfaserte, doch die Hand war noch da, lag noch immer um ihren Knöchel. Sie fuhr wie ein Springteufelchen im Bett hoch, rang mit der Dunkelheit, strich sich mit zu
Klauen gekrümmten Fingern hektisch die Haare aus dem Gesicht.
    »Was’n los, Baby?«
    Er griff ihr mit der anderen Hand an die Stirn und drückte sie wieder in die heiße Vertiefung im Kissen nieder.
    »Ein Traum …« Die Hand war noch da, und sie hätte am liebsten geschrien. »Haste mal’ne Zigarette, Eddy?« Die Hand verschwand, das Feuerzeug klickte und flammte auf, und die Flächen seines Gesichts schnellten ihr entgegen, als er eine ansteckte und sie ihr gab.
    Sie setzte sich rasch auf und zog die Beine unters Kinn, so dass sich die Army-Decke wie ein Zelt über ihnen bauschte, weil ihr im Moment absolut nicht danach war, angefasst zu werden. Von wem auch immer.
    Das kaputte Bein des Plastikstuhls vom Sperrmüll ächzte bedrohlich, als er sich zurücklehnte und sich selber eine ansteckte. Brich, dachte sie, lass ihn auf den Arsch fallen, damit er mir ein paar langt. Wenigstens war es dunkel, so dass sie die Bude nicht zu sehen brauchte. Am schlimmsten war es, wenn sie mit einem dicken Kopf aufwachte und sich vor Übelkeit nicht rühren konnte, wenn sie völlig ausgelaugt heimgekommen war und vergessen hatte, die schwarze Plastikfolie vorzukleben, so dass die grelle Sonne all die kleinen Details ausleuchtete und die Luft aufheizte,

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