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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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aus der Stadt zurückkam, war ein Catering-Service gerade dabei, ein Grillfest auf der Terrasse vorzubereiten.
    Sie legte sich aufs Sofa unter dem Valmier und hörte der Brandung zu. Aus der Küche kam Pipers Stimme; sie erläuterte Pope das Ergebnis der Untersuchung. Das war eigentlich überflüssig – Angie hatte das bestmögliche Gesundheitszeugnis erhalten -, aber Pope und Piper hatten beide ein Faible für Details.
    Als Piper und Raebel sich Pullis überzogen und auf die Terrasse hinausgingen, wo sie sich die Hände über der Kohle wärmten, blieb Angie mit dem Regisseur im Wohnzimmer allein.

    »Du wolltest mir vorhin gerade erzählen, was du oben im Orbit gemacht hast, David.«
    »Echte Einzelgänger gesucht.« Er strich sich mit der Hand durch die verfilzten Haare. »Hat sich aus’ner Sache entwickelt, die ich letztes Jahr in Afrika machen wollte. Gemeinschaften, die sich bewusst abgrenzen. Das Problem war, als ich den Schacht raufkam, merkte ich, dass jeder, der so weit geht, der wirklich allein im Orbit leben will, im Allgemeinen entschlossen ist, auch allein zu bleiben.«
    »Hast du selbst aufgezeichnet? Interviews gemacht?«
    »Nein. Ich wollte solche Leute finden und sie dazu bewegen, selber was aufzunehmen.«
    »Und? Hat’s geklappt?«
    »Nein. Aber ich hab Geschichten gehört. Tolle Geschichten zum Teil. Ein Schlepperpilot hat behauptet, in einer eingemotteten japanischen Pharmafabrik würden verwilderte Kinder leben. Gibt wirklich ganz neue Apokryphen da draußen: Geisterschiffe, verschwundene Städte … Nicht ohne Pathos, das Ganze, wenn man sich’s recht überlegt. Ich meine, das ist von vorn bis hinten an den Orbit gebunden. Alles von Menschen gemacht, erforscht, vermessen und in Besitz genommen. Als würde man zusehen, wie Mythen auf einem Parkplatz Wurzeln schlagen. Aber ich glaube, die Leute brauchen das, oder?«
    »Ja«, sagte sie und dachte an Legba, Mamman Brigitte, die tausend Kerzen …
    »Ich wünschte nur«, sagte er, »ich wäre an Lady Jane rangekommen. Phantastische Geschichte. Der reinste Schauerroman.«
    »Lady Jane?«
    »Tessier-Ashpool. Ihre Familie hat den Freeside-Torus gebaut. Orbit-Pioniere. Continuity hat ein grandioses Video … Angeblich hat sie ihren Vater umgebracht. Sie ist der letzte
Spross. Das Geld ist ihr schon vor Jahren ausgegangen. Sie hat alles verkauft und ihre Unterkunft dann von der Spitze der Spindel abtrennen und in einen neuen Orbit schleppen lassen.«
    Sie saß kerzengerade auf dem Sofa, die Knie aneinandergepresst, die Finger darüber verschränkt. Schweiß lief ihr die Rippen hinunter.
    »Kennst du die Geschichte nicht?«
    »Nein«, sagte sie.
    »Das allein ist schon interessant, weil es zeigt, wie geschickt sie’s verstanden haben, jede Öffentlichkeit zu meiden. Sie ließen es sich was kosten, nicht in die Schlagzeilen zu geraten. Die Mutter war eine Tessier, der Vater ein Ashpool. Sie haben Freeside gebaut, als es noch nichts Vergleichbares gab. Sind dabei unerhört reich geworden. Bei Ashpools Tod lagen sie wahrscheinlich dicht hinter Josef Virek. Und natürlich waren sie mittlerweile herrlich abgedreht. Sie haben ihre Kinder allesamt geklont …«
    »Klingt ja fürchterlich. Und du hast wirklich alles versucht, sie zu finden?«
    »Na ja, ich hab Nachforschungen angestellt. Continuity hatte mir dieses Becker-Video beschafft, und ihr Orbit ist natürlich verzeichnet, aber es bringt ja nichts, einfach hinzufliegen, ohne eingeladen zu sein. Und dann hat Hilton mich angerufen, ich soll zurückkommen und wieder an die Arbeit gehen … Ist dir nicht gut?«
    »Doch, ich … ich glaub, ich zieh mich mal um. Zieh mir was Wärmeres an.«
     
    Als nach dem Essen der Kaffee serviert wurde, entschuldigte sie sich und sagte gute Nacht.
    Porphyre folgte ihr zum Fuß der Treppe. Er war während des Essens in ihrer Nähe geblieben, als hätte er ihr neues Unbehagen
gespürt. Nein, dachte sie, nicht das neue; das alte, das ewige, das immergleiche. All das, was die Droge abgeblockt hatte.
    »Pass auf dich auf, Missy«, sagte er so leise, dass die anderen es nicht hören konnten.
    »Alles okay mit mir«, sagte sie. »Die vielen Leute. Hab mich noch nicht dran gewöhnt.«
    Er stand da und blickte zu ihr hoch, die Glut verglimmender Kohlen hinter seinem elegant geformten, irgendwie unmenschlich wirkenden Schädel, bis sie sich umwandte und hinaufging.
     
    Eine Stunde später hörte sie den Helikopter, der sie alle abholen kam.
    »Haus«, sagte sie, »ich möchte

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