Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neuromancer

Neuromancer

Titel: Neuromancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
handelt.«
    Dr. Rambali lächelte. »Es ist stets der Punkt zu beobachten, wo der Terrorist aufhört, die Medien-Gestalt zu manipulieren. Ein Punkt, an dem die Gewalt zwar eskalieren mag, aber nach dem der Terrorist symptomatisch für die Medien-Gestalt selbst geworden ist. Der Terrorismus, wie wir ihn
    60
    normalerweise verstehen, ist von Natur medien-bezogen. Die Panther Moderns unterscheiden sich von anderen Terroristen eben durch ihr Ausmaß an Selbstbewußtsein, ihr Wissen darum, wie stark die Medien den Terror—akt von der ursprünglichen, sozialpolitischen Absicht trennen...«
    »Schluß damit!« sagte Case.
    Case traf seinen ersten Modern zwei Tage nach dem eingesehenen Hosaka-Uberblick. Die Moderns, schloß er, waren eine zeitgemäße Version der Big Scientists seiner späten Teens. Es spukte eine Art von Teenage—DNS im Sprawl, die die verschlüsselten Regeln diverser, kurzlebiger Subkulturen enthielt und in willkürlichen Zeitabständen reproduzierte. Die Panther Moderns waren eine trottelige Variante der Scientists. Wenn die
    Technik verfügbar gewesen wäre, hätten die Big Scientists allesamt Kontakte, mit Mikrosofts vollgestopft gehabt. Es war der Stil, der zählte, und der Stil war der gleiche. Die Moderns waren Mietlinge, Scherzbolde, nihilistische Technofetischisten.
    Derjenige, der mit einem Karton Disketten vom Finnen an der Tür des
    Speicherraums erschien, war ein säuselnder Knabe namens Angelo. Sein
    Gesicht in simpler Ausführung, aus Kollagen und Haiknorpel-Polysachari—
    den hergestellt, war weich und tückisch und eine der scheußlichsten Auf—
    tragsarbeiten der plastischen Chirugie, die Case je vor Augen gekommen
    war. Als Angelo lächelte und dabei die messerscharfen Eckzähne irgendeines Viehs zeigte, war Case richtiggehend erleichtert. Zahnbetttransplanta-te. Das hatte er schon gesehen.
    »Darfst dir wegen der Reißerchen keinen Generation Gab aufbrummen
    lassen«, sagte Molly. Case nickte, in das Eis von Sense/Net vertieft.
    Das war's. Das war's, was er war, war mit Leib und Seele. Er vergaß zu
    essen. Molly ließ Reistüten und Styroporbehälter mit Sushi auf der Ecke
    des langen Tisches stehen. Manchmal war es ihm zuwider, auf die chemische Toilette gehen zu müssen, die sie in einer Ecke des Speicherraums aufgestellt hatten. Immer neue Eismuster stellten sich auf dem Bildschirm dar, als er nach Lücken suchte, die offensichtlichsten Fallen umging und die Route durch das Eis von Sense/Net absteckte, die er einschlagen wollte. Es war bestes Eis. Tolles Eis. Seine Muster leuchteten ihm entgegen, als er, den Arm unter Mollys Schultern, auf der Matratze lag und durch das Stahlgitter der Dachluke das Morgenrot betrachtete. Sein regenbogenfarbenes Pixel-Gewirr war das erste, was ihm ins Auge stach. Ohne sich erst 61
    etwas anzuziehen, ging er augenblicklich zum Deck und steckte ein. Er
    brach sich durch. Er schuftete. Er verlor jegliches Zeitgefühl.
    Und manchmal kamen, besonders wenn Molly mit ihrem angeheuerten
    Kader von Moderns auf Erkundungsgängen war, beim Einschlafen wieder
    Bilder von Chiba in ihm hoch. Gesichter und Neon von Ninsei. Einmal erwachte er mit einem wirren Traum von Linda Lee, wobei er sich nicht mehr erinnern konnte, wer sie gewesen war oder was sie ihm bedeutet
    hatte. Als es ihm wieder einfiel, steckte er ein und arbeitete neun Stunden am Stück.
    Das Eis von Sense/Net war in insgesamt neun Tagen durchbrochen. «
    »Ich sagte 'ne Woche«, meinte Armitage, der seine Befriedigung nicht
    verhehlen konnte, als Case ihm seinen Plan für das Ding zeigte. »Du hast
    dir schön Zeit gelassen.«
    »Scheiße«, sagte Case und lächelte in den Bildschirm. »War 'ne reife Leistung, Armitage.«
    »Ja«, räumte Armitage ein, »aber daß es dir nicht zu Kopf steigt. Vergli—
    chen mit dem, was dir noch bevorsteht, ist das ein Videospiel.«
    »Lieb dich, Katzenmutter«, flüsterte der Verbindungsmann der Panther
    Moderns. Seine modulierte Stimme rauschte statisch im Kopfhörer von
    Case. »Atlanta, Brood. Scheint, es geht los. Los, kapiert?« Mollys Stimme war ein bißchen klarer.
    »Dein Wunsch ist mir Befehl.« Die Moderns verwendeten eine Parabolantenne in New Jersey, um das verzerrte Signal des Verbindungsmannes an einem Satelliten der Christkönigssöhne im erdsynchronen Orbit über
    Manhattan abzustrahlen. Sie betrachteten die ganze Operation als aufwen—
    digen, privaten Schabernack, und die Satellitenwahl war wohl Absicht.
    Mollys Signale wurden mit einer

Weitere Kostenlose Bücher