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Neuromancer

Neuromancer

Titel: Neuromancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Änderungen im Kern der Sicherung auslöste.
    Jetzt raus! Behutsamer Rückzug, wobei das Virus die Substanz des Fensters wieder zusammenfügte.
    Geschafft!
    Im Sense/Net-Foyer kauerten zwei wachsame Panther Moderns hinter
    einem niedrigen, rechteckigen Pflanzencontainer und zeichneten den Tu—
    mult mit einer Videokamera auf. Sie trugen einen Chamäleon-Dress. »Die
    taktischen Kampftruppen sprühen jetzt Schaumbarrikaden«, sagte einer in
    sein Halsmikro. »Der Notdienst versucht noch, seinen Hubschrauber zu
    landen.«
    Case schaltete auf Simstim. Und wechselte in den höllischen Schmerz
    eines Knochenbruchs. Molly lehnte an der kahlen, grauen Wand eines langen Korridors. Ihr Atem ging flach und stoßweise. Case war augenblicklich wieder in der Matrix. Eine weißglühende Schmerzspur verebbte in seinem linken Oberschenkel.
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    »Was ist los, Brood?« fragte er den Verbindungsmann.
    »Weiß nicht, Cutter. Mutter meldet sich nicht. Warte!«
    Das Programm von Case rotierte zyklisch. Ein haardünner Faden aus
    knallrotem Neon spannte sich von der Mitte des wiederhergestellten Fensters zu den wechselnden Umrissen seines Eisbrechers. Er hatte keine Zeit zum Warten. Mit einem tiefen Atemzug schaltete er wieder um.
    Molly machte einen Schritt und versuchte dabei, ihr Gewicht an der
    Korridorwand abzustützen. Case stöhnte dumpf in seinem Speicherraum.
    Der zweite Schritt führte sie über einen ausgestreckten Arm hinweg. Uniformärmel, mit frischem Blut besudelt. Flüchtiger Eindruck eines zerbro—chenen Schockerknüppels aus Fiberglas. Ihr Blickfeld schien sich zu einem Tunnel verengt zu haben. Beim dritten Schritt schrie Case auf und fand sich in der Matrix wieder.
    »Brood? Boston, Baby...« Ihre Stimme war schmerzverzerrt.
    Sie hustete. »Kleines Problem mit den Hiesigen. Denke, einer davon hat
    mir das Bein gebrochen.«
    »Was brauchst du, Katzenmutter?« Die Stimme des Verbindungsmanns
    kam, von statischem Rauschen überlagert, schwach durch.
    Case zwang sich zum Umschalten. Sie lehnte an der Wand und verlagerte ihr ganzes Gewicht aufs rechte Bein. Sie kramte in der KänguruhTasche ihres Anzugs und zog eine Plastikfolie hervor, auf der eine bunte Reihe von Dermadisks klebten. Sie wählte drei davon aus und drückte sie mit
    dem Daumen fest ans linke Handgelenk über die Venen. Sechstausend Mi—
    krogramm einer Endorphinsubstanz fuhren wie ein Hammmer auf den
    Schmerz nieder und zerschlugen ihn. Ihr Rücken verkrampfte sich zuk—
    kend. Warme Wogen in Fink fluteten durch ihre Oberschenkel. Sie seufzte
    und entspannte sich allmählich.
    »Okay, Brood. Okay jetzt. Aber ich brauch 'nen Doktor, wenn ich rauskomme. Sag's meinen Leuten! Cutter, bin zwei Minuten vor dem Ziel.
    Kannste dranbleiben?«
    »Sag ihr, ich bin da und bleibe dran«, sagte Case.
    Molly begann durch den Korridor zu humpeln. Als sie einmal umblickte,
    sah Case drei zusammengekrümmte Sense/Net-Wachmänner auf dem Boden liegen. Einer davon schien keine Augen zu haben.
    »Kampftruppen und Noteinsatz haben das Erdgeschoß abgeriegelt, Katzenmutter. Schaumbarrikaden. Im Foyer wird's recht schlüpfrig.«
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    »Hier unten auch«, sagte sie und schob sich durch eine graue Stahlflügeltür. »Fast da, Cutter.«
    Case schaltete zur Matrix und zog sich die E-troden von der Stirn. Er
    war schweißgebadet. Er wischte sich mit einem Handtuch über die Stirn,
    nahm rasch einen Schluck Wasser aus der Rennrad-Trinkflasche neben dem
    Hosaka und checkte den Plan des Archivs auf dem Monitor. Ein rotblinken—
    der Cursor schlüpfte durch den Umriß einer Tür. Nur Millimeter vom grü-
    nen Punkt, der die Lage der Dixie Flatline-Konstruktion kennzeichnete. Er fragte sich, was mit ihrem Bein passierte, wenn sie so weiterginge. Mit ge-nügend Endorphin könnte sie freilich auf blutigen Stümpfen gehn. Er zog die Nylongurte, die ihn im Stuhl hielten, fester und legte die E-troden wieder an.
    Reine Routine: E-troden, Stecker rein, Schalter an.
    Das Forschungsarchiv von Sense/Net war ein toter Lagerraum; das ver—
    wahrte Material mußte erst manuell fortgeschafft werden, bevor man es
    interfacen konnte.
    Molly humpelte durch Reihen identischer, grauer Schließfächer.
    »Sag ihr, noch fünf, dann zehn links, Brood«, sagte Case.
    »Noch fünf, dann zehn links, Katzenmutter«, sagte der Verbindungsmann.
    Sie bog nach links. Eine blasse Bibliothekarin kauerte zwischen zwei
    Schließfächern, die Wangen feucht, die Augen starr. Molly ignorierte die
    Dame. Case fragte sich,

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