Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nevada Pass

Nevada Pass

Titel: Nevada Pass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
Vom Netzwerk:
erschöpft über die Stirn.
    »Es ist unfaßbar. Unbegreiflich! Wir wissen, daß Peabody nicht im Zug ist, aber wir wissen auch, daß er den Zug nicht verlassen haben kann. Ein Mensch kann doch nicht einfach spurlos verschwinden!« Claremont blickte in die Runde, aber es kam keine Reaktion – abgesehen von dem verlegenen Füßescharren, mit dem Carlos, der farbige Koch, seine Verwirrung über das ungewohnte Beisammensein mit diesen feinen Leuten kundtat. Claremont fuhr fort: »So was gibt es doch nicht, oder?«
    »Anscheinend doch«, sagte Fairchild düster. »Schließlich ist er verschwunden!«
    »Wie man's nimmt«, meinte Deakin.
    »Was soll das heißen?« fuhr Pearce ihn wütend an. »Wissen Sie vielleicht etwas?«
    »Nein. Woher auch? Ich war hier, bis Henry Peabodys Verschwinden meldete. Miss Fairchild wird das bestätigen.«
    Pearce wollte etwas erwidern, aber Claremont winkte ab und wandte sich an Deakin. »Haben Sie vielleicht eine Vermutung?«
    »Ja. Es stimmt, daß wir in der Zeit, in der Peabody verschwunden sein muß, keine Schluchten überquert haben. Aber wir sind über zwei schmale Brücken gefahren – und beide hatten kein Geländer. Er könnte also aus dem Zug und von einer Brücke gestürzt sein, ohne eine Spur zu hinterlassen.«
    O'Brien gab sich keine Mühe, seine Zweifel zu verbergen: »Eine interessante Theorie, Deakin. Jetzt brauchen Sie uns nur noch zu erklären, warum er aus dem Zug gestürzt sein soll!«
    »Da er mir nicht den Eindruck machte, als sei er seines Lebens überdrüssig, wird er wohl von jemandem hinausgestoßen worden sein. Er war recht klein und zierlich. Ein großer, starker Mann hätte ihn mühelos hinauswerfen können. Ich frage mich, wer dieser Mann gewesen sein könnte. Ich war es nicht – ich habe ein Alibi. Miss Fairchild kann es auch nicht gewesen sein – erstens ist sie kein großer, starker Mann, und zweitens bin ich ihr Alibi, wenn ich auch annehme, daß mein Wort für Sie wertlos ist. Aber Sie sind starke Männer! Alle miteinander. Sechs große, starke Männer!« Er hielt inne und betrachtete sie einzeln und in aller Ruhe. »Ich wüßte zu gern, wer von Ihnen es gewesen ist.«
    Dem Gouverneur verschlug es fast die Sprache. »Lächerlich!« japste er. »Absolut lächerlich.«
    »Sie sind wahnsinnig!« schnaubte Claremont.
    »Ich suche nur nach einer Theorie, die den bekannten Tatsachen gerecht wird«, erklärte Deakin freundlich. »Oder hat irgend jemand eine bessere parat?«
    Unbehagliches Schweigen war die Antwort. »Aber wer um alles in der Welt sollte einen harmlosen kleinen Mann wie Mr. Peabody töten wollen?« fragte Marica schließlich ratlos.
    »Das weiß ich nicht. Aber es gibt noch einige andere, ebenso interessante Fragen: Wer hielt es für notwendig, einen harmlosen alten Arzt wie Dr. Molyneux umzubringen? Und wer könnte zwei – wie ich annehme – ebenfalls harmlose Offiziere wie Oakland und Newell beseitigen wollen?«
    »Wer sagt denn, daß den beiden etwas zugestoßen ist?« fragte Pearce mißtrauisch.
    Deakin betrachtete ihn lange und mitleidsvoll. Und schließlich sagte er: »Wenn Sie nach allem, was geschehen ist, glauben, daß ihr Verschwinden nur ein Zufall ist, dann wird es Zeit, daß Sie Ihr Dienstabzeichen an jemanden abtreten, der seinen Kopf nicht nur zum Haareschneiden hat! Übrigens würde ich Sie durchaus auch als großen, starken Mann bezeichnen, Marshal.«
    Pearce wollte sich auf ihn stürzen, aber Claremont trat dazwischen, und wenn es dem Colonel auch an einigem fehlte, so doch keineswegs an Autorität.
    »Nein, Marshal! Es hat auf dieser Reise schon genug Gewalttätigkeiten gegeben!«
    »Ganz meine Meinung!« dröhnte Fairchild. »Wir sollten uns bemühen, einen möglichst kühlen Kopf zu bewahren. Schließlich wissen wir gar nicht, ob überhaupt irgend etwas von dem, was dieser Spitzbube uns erzählt hat, der Wahrheit entspricht. Vielleicht ist Molyneux gar nicht ermordet worden. Und vielleicht ist Deakin in Wirklichkeit niemals Arzt gewesen. Er hat es zwar behauptet, aber wir sind uns doch wohl einig, daß seine Glaubwürdigkeit durch seinen Lebenswandel erheblich eingeschränkt ist.«
    »Sie verleumden mich öffentlich, Gouverneur«, sagte Deakin. »Es gibt ein Gesetz, nach dem man für derart unbegründete Anschuldigungen Wiedergutmachung verlangen kann. Ich habe sechs Zeugen dafür, daß Sie mich verleumdet haben.« Deakin blickte zweifelnd in die Runde. »Allerdings wohl keine unvoreingenommenen.«
    »Ein Gesetz!«

Weitere Kostenlose Bücher