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Nevada Pass

Nevada Pass

Titel: Nevada Pass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Fairchild war puterrot angelaufen, und seine blutunterlaufenen Augen quollen beängstigend weit aus den Höhlen. »Ein Mörder wie Sie, ein Brandstifter, ein Mann, der das Gesetz mit Füßen getreten hat, wagt es, sich auf die geheiligte Verfassung unseres Landes zu berufen!« Er brach ab, weil er bemerkte, daß er sich momentan weit unter seinem rhetorischen Niveau befand und fuhr sachlich fort: »Wir wissen nicht, ob Oakland und Newell ermordet worden sind. Und wir wissen ebenso wenig, ob Peabody das Opfer eines –«
    »Sie wollen nur nicht zugeben, daß Grund zur Angst besteht«, sagte Deakin. Aber nachdem er den Gouverneur lange betrachtet hatte, verbesserte er sich: »Vielleicht haben Sie aber auch gar keine Angst.« Der Gouverneur verpaßte die Gelegenheit, die folgende Pause auszunutzen, und Deakin fuhr sinnend fort: »Wenn das der Fall ist, müssen Sie ganz genau wissen, daß Ihnen persönlich keine Gefahr droht …«
    Der Gouverneur wurde blaß vor Zorn: »Bei Gott, Deakin, für diese Unterstellung werden Sie büßen, das schwöre ich Ihnen!«
    Deakin sagte müde: »Ich soll büßen? Womit? Mit meinem Leben? Das ist bereits anderweitig verplant. Mein Gott, es ist wirklich fabelhaft: Ihr habt nichts anderes im Sinn, als mich der Justiz auszuliefern, und dabei ist einer unter euch, an dessen Händen das Blut von vier Männern klebt. Vielleicht nicht nur von vieren. Vielleicht das von vierundachtzig.«
    »Vierundachtzig?« Fairchild sank in sich zusammen.
    »Es wäre doch immerhin denkbar, daß nicht verfaultes Holz die Ursache für den Absturz der drei Waggons war.«
    Deakin blickte eine Weile nachdenklich ins Leere und wandte sich schließlich wieder an den Gouverneur: »Wenn wir schon gerade dabei sind, alles aufzuzählen, was wir nicht wissen, dann müssen wir auch erwähnen, daß wir keinen Beweis dafür haben, daß für alle Vorfälle nur ein einzelner verantwortlich ist. Es ist ebenso gut möglich, daß zwei oder mehrere von Ihnen zusammenarbeiten, und in diesem Fall wären Sie in den Augen des Gesetzes alle gleichermaßen schuldig. Das habe ich in der Gerichtsmedizin gelernt, aber ich nehme nicht an, daß mir einer von Ihnen glaubt.« Mit diesen Worten drehte er sich um, stützte die Ellbogen auf die Fensterbank und blickte in das trübe, schneeverhangene Zwielicht hinaus.

6
    B anlon brachte die Lokomotive zum Stehen, sicherte das Bremsrad, versperrte es und zog den schweren Schlüssel ab. Dann wischte er sich müde mit einem Lumpen über die Stirn und wandte sich an Rafferty, der mit halb geschlossenen Augen an der Wand des Führerhauses lehnte: »Mir reicht's. Ich kann nicht mehr.«
    Rafferty nickte: »Ich fühle mich wie gestorben.«
    Banlon spähte in die Dunkelheit hinaus und schüttelte sich. »Na, dann wollen wir zwei Leichen mal zu ihrem Colonel gehen.«
    Der saß zu diesem Zeitpunkt so nah wie nur möglich neben dem brennenden Holzofen, und auch der Gouverneur, O'Brien, Pearce und Marica drängten sich um ihn. Deakin kauerte in einer entlegenen Ecke auf dem Boden, und wie schon einmal, war er auch diesmal der einzige, der kein Glas in der Hand hatte.
    Die Tür zur vorderen Plattform ging auf, ein eisiger Windstoß fegte herein, und Banlon und Rafferty beeilten sich, die Türe hinter sich zu schließen. Die beiden Männer sahen blaß und völlig erschöpft aus. Banlon mußte gähnen und hatte große Mühe, seinen weitaufgerissenen Mund hinter seiner Hand zu verbergen. Nachdem er ein zweites Mal ausgiebig gegähnt hatte, sagte er: »So, das wär's, Colonel. Wenn wir uns jetzt nicht hinlegen, fallen wir Ihnen vor die Füße.«
    »Sie haben gute Arbeit geleistet, Banlon. Ganz ausgezeichnete sogar. Ich werde nicht versäumen, Ihre Vorgesetzten bei der Union Pacific davon in Kenntnis zu setzen. Und was Sie betrifft, Rafferty – auf Sie bin ich wirklich stolz.« Claremont überlegte kurz und sagte dann: »Sie können meine Koje haben, Banlon; und Sie, Rafferty, nehmen die vom Major.«
    »Danke.« Banlon gähnte ein drittes Mal. »Noch eins, Colonel: Jemand muß die Maschine unter Dampf halten.«
    »Das halte ich für Verschwendung von Brennmaterial. Kann man das Feuer nicht einfach ausgehen lassen und wieder anzünden?«
    »Ausgeschlossen.« Banlons entschiedenes Kopfschütteln schloß jede weitere Diskussion aus. »Das würde wieder ein paar Stunden kosten und genausoviel Brennstoff erfordern wie das Weiterheizen. Aber das ist nicht das Wichtigste – der Hauptgrund ist ein anderer: Wenn das

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