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Nevada Pass

Nevada Pass

Titel: Nevada Pass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Feuer ausgeht und das Wasser in den Röhren der Kondensatoren gefriert – nun, Colonel, zu Fuß ist es noch verdammt weit bis Fort Humboldt.«
    Deakin stand mühsam auf, als seien seine Gelenke eingefroren: »Ich halte nichts von Fußmärschen. Ich werde mich um das Feuer kümmern.«
    »Sie?« Pearce hatte sich ebenfalls erhoben und musterte ihn mißtrauisch. »Wieso diese plötzliche Anwandlung von Hilfsbereitschaft?«
    »Ich bin nicht die Spur hilfsbereit; einem von Ihnen zu helfen wäre das letzte, was mir in den Sinn käme. Aber erstens steht mein Leben genauso auf dem Spiel wie Ihres – und Sie wissen mittlerweile alle, wie sehr ich am Leben hänge. Zweitens bin ich außerordentlich feinfühlig, Marshal, und spüre demzufolge, daß ich hier nicht sonderlich gern gesehen bin. Drittens ist mir kalt – hier ist es reichlich zugig – und in der Lokomotive ist es warm und gemütlich. Viertens lege ich keinen Wert darauf, den Rest der Nacht zuzusehen, wie Sie alle Whisky trinken. Fünftens fühle ich mich um so sicherer, je weiter ich von Ihnen entfernt bin – damit meine ich Sie, Pearce, und sechstens bin ich der einzige, dem man trauen kann – oder haben Sie vergessen, Marshal, daß ich als einziger in diesem Zug über jeden Verdacht erhaben bin?«
    Deakin drehte sich um und sah fragend zu Banlon hinüber, der seinerseits den Colonel anblickte. Claremont zögerte, dann nickte er.
    Banlon sagte: »Das Holz im Ofen muß alle halbe Stunde aufgelockert werden. Legen Sie immer soviel nach, daß der Zeiger des Druckmessers immer zwischen dem blauen und dem roten Strich steht. Wenn er den roten Strich überschreitet – das Dampfablaßventil finden Sie neben dem Druckmesser.«
    Deakin nickte und ging. Pearce blickte ihm skeptisch nach und wandte sich dann an Claremont:
    »Mir gefällt das nicht. Was sollte ihn daran hindern, die Lokomotive abzukuppeln und allein davonzudampfen? Wir wissen alle, daß dieser Verbrecher vor nichts zurückschreckt.«
    »Das hier wird ihn daran hindern, Marshal«, sagte Banlon und zeigte ihm den Schlüssel. »Ich habe das Bremsrad abgesperrt. Wollen Sie den Schlüssel an sich nehmen?«
    »Nichts lieber als das.« Pearce nahm ihn, setzte sich, streckte die Beine aus und griff nach seinem Glas. O'Brien stand auf und nickte Banlon und Rafferty zu.
    »Ich zeige euch, wo ihr schlafen könnt.«
    Die drei Männer verließen das Abteil. O'Brien führte Banlon in die Kabine des Colonels, und dann brachte er Rafferty in sein eigenes Abteil. »Zufrieden?«
    Während Rafferty sich pflichtschuldigst respektvoll umsah, holte O'Brien hinter seinem Rücken eine Whiskyflasche aus einem Schrank und hielt sie in den Gang hinaus, damit der Soldat sie nicht sehen konnte. Rafferty sagte: »Natürlich. Ich danke Ihnen vielmals, Sir.«
    »Schön. Na, dann gute Nacht.« O'Brien schloß die Tür und ging zur Kombüse. Ohne anzuklopfen trat er ein und zog die Tür hinter sich zu. Der Raum war winzig, und zwischen dem Herd und den Schränken für Töpfe, Pfannen, Geschirr und Lebensmittel hatte der Koch kaum noch die Möglichkeit, sich umzudrehen. Aber Carlos und Henry, die beide auf winzigen Hockern saßen, schienen die Räumlichkeiten nicht im geringsten beengend zu finden. Als O'Brien eintrat, blickten sie auf: Henry wie immer kummervoll und der Verzweiflung nahe, und Carlos wie üblich strahlend lächelnd.
    O'Brien stellte die Whiskyflasche auf den kleinen Arbeitstisch: »Das werdet ihr brauchen. Und die wärmsten Sachen, die ihr finden könnt. Draußen ist es eiskalt. Ich bin bald zurück.« Er blickte sich um. »Hättet ihr in euren eigenen Quartieren nicht viel mehr Platz?«
    »Doch, das schon, Mr. O'Brien.« Carlos lächelte breit und deutete auf den Herd, der vor Hitze fast glühte. »Aber dort hätten wir den da nicht. Die Küche ist der wärmste Platz im ganzen Zug.«
    Der zweitwärmste Platz war zweifellos das Führerhaus der Lokomotive. Im Augenblick war es allerdings um einige Grade kälter als normalerweise, weil heftige Windstöße fast ununterbrochen Schnee hereinwirbelten. Aber Deakin merkte nichts davon. Im roten Schein der Flammen, der aus dem offenen Feuerloch drang, glänzte sein Gesicht vor Schweiß.
    Er warf das vorläufig letzte große Holzscheit in den Ofen, richtete sich auf und schaute auf den Druckmesser: Der Zeiger stand dicht unter der roten Markierung. Er nickte zufrieden und schloß die Ofenklappe. Unvermittelt lag das Führerhaus fast im Dunkeln. Deakin nahm eine der beiden

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