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Nevada Pass

Nevada Pass

Titel: Nevada Pass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Fenster und starrte scheinbar blicklos in das Schneetreiben hinaus. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck unerbittlicher Grausamkeit.
    Marica trat leise in das Abteil und war keine vier Schritte mehr von Deakin entfernt, als dieser sich plötzlich umdrehte. Sie wich zurück, als befürchtete sie, geschlagen zu werden. Deakin war so in Gedanken versunken gewesen, daß er mehrere Sekunden brauchte, um zu realisieren, wen er vor sich hatte. Als er Marica schließlich erkannte, glätteten sich seine Züge, und er sagte vorwurfsvoll: »Sie haben mich ganz schön erschreckt.«
    Marica trat zu ihm, hob eine Hand und berührte zögernd, fast furchtsam seinen Jackenaufschlag. »Wer sind Sie?« fragte sie kaum hörbar.
    Er zuckte die Achseln. »John Deakin.«
    » Was sind Sie?«
    »Sie haben doch gehört, was der Marshal sagte –«
    Er brach ab, als Stimmen auf dem Gang laut wurden. Gleich darauf betraten Claremont, gefolgt vom Gouverneur, Pearce und O'Brien das Abteil. Claremont sagte gerade: »Da er nicht im Zug ist, muß er hinausgefallen sein und irgendwo neben den Schienen liegen. Wenn wir zurückfahren, sagen wir fünf Kilometer –«
    Fairchild unterbrach ihn: »Verdammt, Deakin, das ist mein Whisky!«
    Deakin nickte bestätigend. »Er ist ausgezeichnet«, lobte er. »Der besteht vor jedem Kenner!«
    Pearce trat schweigend auf ihn zu und ließ ohne Vorwarnung seine Handkante auf Deakins rechtes Handgelenk heruntersausen. Das Glas klirrte zu Boden.
    »Was für ein tapferer Mann Sie sind, Marshal«, hörte Marica sich plötzlich zu ihrer eigenen Überraschung höhnisch sagen. »Ob Sie das wohl auch ohne Ihren Revolver wären?«
    Alle außer Deakin starrten sie verblüfft an. Dann wandte Pearce seine Aufmerksamkeit wieder Deakin zu. Er musterte ihn verächtlich, zog seinen Colt aus der Tasche seines Revolvergürtels, warf ihn lässig auf das Sofa und grinste Deakin einladend an. Deakin verzog keine Miene. Pearce holte aus und schlug ihn mit der linken Faust mit aller Kraft ins Gesicht. Deakin stolperte rückwärts und ließ sich schwer auf das Sofa fallen. Nach einigen Sekunden, während sich die übrigen Männer peinlich berührt von seinem unmännlichen Verhalten abgewandt hatten, tupfte er sich das Blut von der aufgeplatzten Unterlippe, stand auf und ging zu der Tür hinüber, die auf den Gang hinausführte. Plötzlich kreischten die Bremsen auf, und alle stürmten an Deakin vorbei nach draußen, um Ausschau nach Peabody zu halten. Nur Marica war zurückgeblieben. Sie ging langsam auf Deakin zu, blieb vor ihm stehen, brachte ein hauchdünnes Batisttüchlein zum Vorschein und betupfte damit seine verletzte Lippe.
    »Armer Mann«, sagte sie schließlich. »Nur noch so kurze Zeit zum Leben.«
    »Noch bin ich nicht tot.«
    »Ich meine nicht Sie. Ich meinte den Marshal.«
    Sie ging auf den Gang hinaus und verschwand in ihrer Schlafkabine. Deakin sah nachdenklich hinter ihr her, dann trat er an den Barschrank und genehmigte sich noch einen Whisky.
    Während Deakin den Whisky des Gouverneurs dezimierte, ließ Banlon den Zug langsam zu Tal rollen. Am Ende des Zuges standen auf der hinteren Plattform des zweiten Pferdewaggons vier bis zur Unkenntlichkeit vermummte Männer: Claremont und Pearce suchten die Strecke auf der rechten Seite ab, der Gouverneur und O'Brien auf der linken.
    Aber Kilometer reihte sich an Kilometer, und nirgends war etwas zu sehen, und der Schnee fiel nicht so dicht, daß er in der kurzen Zeit hätte frische Fußspuren auslöschen oder gar den Körper eines Mannes unter sich begraben können. Reverend Peabody schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
    Claremont und O'Brien richteten sich im gleichen Augenblick auf und wandten der Landschaft den Rücken zu. Ihre Blicke trafen sich. Claremont schüttelte schweigend den Kopf. O'Brien nickte zögernd, drehte sich wieder um, beugte sich weit über das Geländer der Plattform und winkte. Banlon, der die ganze Zeit auf ein Zeichen gewartet hatte, winkte bestätigend zurück. Der Zug kam ruckend zum Stehen und begann dann erneut vorwärts zu fahren. Die vier Männer verließen zögernd ihren Beobachtungsposten und machten sich auf den Rückweg ins Tagesabteil.
    Dort angekommen, versammelte Claremont die acht noch verbliebenen Passagiere um sich. Angst und Mißtrauen erfüllten die Atmosphäre. Alle Anwesenden schienen eifrig bemüht, die Blicke der anderen zu meiden – alle außer Deakin, der die übrigen interessiert betrachtete.
    Claremont strich sich

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